Die Liebe in allen Spielarten

Von Wolfgang Schreiber · 01.05.2011
Mozarts "Hochzeit des Figaro" feiert Geburtstag. In Wien wurde sie zum ersten Mal auf einer Bühne gespielt. Mozart stand selbst am Pult und dirigierte seine geniale Verwechslungs- und Charakterkomödie für Musik, in der die Liebespaare sowohl in den Himmel als auch in den Abgrund blicken.
Wolfgang Amadeus Mozarts Komödie für Musik ist ein Geniestreich. Mit einer Ouverture als tönender Überrumpelung - im Presto-Wirbel fliegender Achtel und polternder Tutti-Schläge, die einen wirklich "Tollen Tag" ankündigen.

Der Salzburger Komponist Mozart lebt seit vier Jahren in der Haupt- und Residenzstadt Wien, als freier Künstler von dreißig Jahren - auf der Höhe seines Könnens und seines Ruhms, bedroht höchstens von Geldnot, Spielsucht und allen Gefahren des Lebens. Wussten er und sein Librettist Lorenzo da Ponte, als sie am 1. Mai 1786 im Wiener Hoftheater ihre neue Oper "Le nozze di Figaro" zum ersten Mal präsentierten, wussten beide, dass ihnen ein Stück für die Ewigkeit gelungen war? Da Ponte wird sich später in seinen Memoiren daran erinnern.

"Wir arbeiteten Hand in Hand. Sobald ich eine Szene fertig hatte, setzte Mozart sie in Musik, und in sechs Wochen war alles fertig. Mozart hatte diesmal Glück. Das Theater hatte Mangel an neuen Opern. Ich benutzte die Gelegenheit und bot, ohne mit irgend jemand darüber zu sprechen, den Figaro dem Kaiser persönlich an."

Kaiser Joseph II., ein Musikliebhaber, interessiert sich für die neue Oper des Komponisten Mozart. Er will die Partitur sehen, denn dieser "Figaro" ist doch wohl ein politisch hochbrisantes Stück - eine Oper nach dem berüchtigten neuen Schauspiel "Le mariage de Figaro" von Beaumarchais. Das hat gerade in Paris Furore gemacht und dort die Revolution angekündigt. Aufstand der Diener gegen die Herren, der Untertanen gegen die Obrigkeit - wie klingt denn die Musik dazu? Der Komponist soll einfach ins Schloss kommen.

"Mozart gehorchte sofort und spielte einige Stücke aus dem Figaro vor, die dem Kaiser sehr gefielen; ja, ich darf ohne Übertreibung sagen, dass sie ihn in höchstes Erstaunen versetzten. Er hatte in der Musik wie in allen anderen schönen Künsten einen erlesenen Geschmack."

Mozarts "Hochzeit des Figaro", das ist viel mehr als nur eine amüsante Buffa-Oper des 18. Jahrhunderts: Lustspiel - aber zugleich perfekte Charakterkomödie, Experimentierfeld für sehr komplizierte Menschen. Folgendes geschieht: Auf dem Landschlösschen des Grafen Almaviva, eines berüchtigten Macho, und seiner Gattin, einer frustrierten Ehefrau, geht es um eine große Liebe, die zu sterben droht. Denn der Graf plant den Seitensprung mit der Zofe Susanna, aber: Eifersucht, Intrige und Rache der beiden Frauen bringen ihn um sein Vergnügen. Schließlich will der freche Figaro Susanna heiraten. Auch das korrupte Schlosspersonal mischt kräftig mit.

In "Figaros Hochzeit" geht es um Männer und Frauen, die Liebe in allen Spielarten, um Begehren und Lüge, Verrat, Wut, Trauer - alles in großen Gefühlsausbrüchen, in einer musikalischen Gratwanderung der Arien und Ensembles. Am Ende steht das große Verzeihen. Hätte Mozart, wieder mit Da Ponte, danach nicht "Don Giovanni" und "Cosi fan tutte" geschmiedet, nicht "Zauberflöte" und den "Titus" komponiert - der "Figaro" allein hätte seine Unsterblichkeit garantiert.