Die Band Yxalag

Klezmer zwischen Jazz und Klassik

Die Klezmer-Band Yxalag
Die Klezmer-Band Yxalag © Frank Jasper
Von Kerstin Poppendieck · 23.07.2015
Der Titel der neuen CD "Filfarbike Mishpoke" heißt auf Jiddisch soviel wie bunte Familie. Die Band Yxalag setzt auf eine vielfältige Mischung aus Musikstilen. Auch bei Klezmer-Klassikern bleibt Raum für Improvisation.
Als sich 2008 an der Lübecker Musikhochschule Studenten zum Ensemble Yxalag zusammenfanden, ahnte wohl niemand, dass dieses Projekt einmal professionelle Wege gehen würde. 2010 erschien das Debütalbum "A Yiddishe Mame" (Teil 1 der Trilogie "Klezmer Tales"), auf dem sich das Hochschul-Ensemble unter Leitung ihres Gründungsinitiators Prof. Bernd Ruf Interpretationen traditioneller und aktueller Klezmer-Musik widmete.
Mittlerweile sind die Absolventen alle im (Musiker-)Beruf und haben vor wenigen Tagen mit "Filfarbike Mishpoke" den letzten Teil ihrer Trilogie veröffentlicht. Darauf haben die sieben Yxalags ihre Leidenschaft für Improvisationen kultiviert und mit etlichen Eigenkompositionen ihres Klarinettisten Jakob Lakner eine beachtliche musikalische Weiterentwicklung dokumentiert.

Der Beitrag im Wortlaut:
Türkisblaues Wasser an der Türkischen Mittelmeerküste. Das war wohl das Bild, das Jakob Lakner im Kopf hatte, als er das Eröffnungsstück des Albums komponierte. Ein für die türkische Volksmusik typischer 11/8 Takt, dazu ein andalusischer Flamenco. Schon dieses erste Stück zeigt, dass Yxalag zwar eine Klezmer-Band ist, dass diese Schublade aber trotzdem nicht passt. Die Hälfte der zehn Titel des Albums sind Eigenkompositionen des Klarinettisten Jakob Lakner. Die andere Hälfte sind traditionelle Klezmer-Lieder. Und auch denen verpasst Yxalag seinen eigenen Stempel, wie Jakob Lakner erzählt:
"Also wenn wir so ein Klezmer-Standard nehmen, so ein traditionelles Stück, dann sitzen wir zusammen und arrangieren den zusammen. Dann haben wir am Ende eine Form und diese Form ist sehr stabil, also die bleibt so. Und in dieser Form sind meistens Improvisationsanteile für jeden, was es spannend macht, weil man bei jedem Konzert immer wieder ein bissl was anders machen kann. Beim Yxalag-Kontext gucken wir immer, dass wir immer eine Connection haben zu einem volksmusikalischen Stil. Also meistens Klezmer, auch mal was Spanisches oder so. Es hat immer einen Kontext zum Weltmusikalischen."
Es war 2008 in Lübeck, das neue Semester an der Musikhochschule hatte gerade begonnen. Der gebürtige Rostocker Jakob Lakner hatte sich für klassische Klarinette eingeschrieben. Schon damals war Klezmer seine Leidenschaft und es dauerte nicht lange, bis er zusammen mit Kommilitonen die Band Yxalag gründete. Was die Musiker an Klezmer begeistert, ist die große Bandbreite an Gefühlen, die man mit der Musik erzeugen kann. Ursprünglich wurde Klezmer auf Hochzeiten und anderen jüdischen Festen gespielt. Dann ist die Musik natürlich fröhlich und mitreißend. Sobald die Kompositionen aber in Moll sind, klingen sie melancholisch und düster.
Aussprachetipps im Internet
Die meisten Stücke des neuen Albums sind instrumental. Aber wenn Jakob Lakner singt, nimmt man ihm jede Sprache ab. Dabei spricht er keine der Sprachen, sondern hat sich zum Beispiel im Internet Aussprachetipps geholt:
"Ich weiß nicht, ob ich alles richtig korrekt ausspreche, aber mir fällt es da nicht so schwer, einen Zugang zu der Sprache zu finden. Und ich find´s auch schön, in anderen Sprachen zu singen, das macht irgendwie Spaß, weil die haben eine ganz andere Musikalität. Ich sing ja auch was auf Russisch. Das kann ich ganz anders machen, als wenn ich auf Jiddisch singe. Oder ich singe eine Sache auf Mazedonisch. Das geht eher um den Sound der Sprache auch, obwohl wir das gar nicht richtig können." (lacht)
Eine Super-Nummer zum Abgehen
(Musikstück "Schwarze Augen" wird eingespielt)
"'Schwarze Augen' ist auch so ein Traditional, was alle möglichen Bands spielen. Neben Kalinka ist das so ein russischer Smash-Hit der Folklore quasi. Das Stück ist einfach super. Wir haben das irgendwann als Zugabe mit reingenommen in unser Programm. Und ich hab dann halt mal einen eigenen deutschen Text dafür verfasst. Das bezieht sich auf so ne Nacht in Dresden, wo wir feiern waren und wo wir an so 'nem Stand eine Katjuscha kennengelernt haben, die uns Wodka ausgegeben hat und dann musste ich den Namen von der Katjuscha brüllen. Und daraufhin hab ich dann diesen Text da halt verfasst spontan. Ja, das ist halt ne Super-Nummer zum Abgehen, zum Solospielen. Das ist einfach so ne Nummer, die immer gut ankommt und die den Leuten total Spaß macht."
Wenn andere Klezmer-Bands das Ziel haben, die traditionelle jüdische Volksmusik so originalgetreu wie möglich wiederzugeben, war für Yxalag ein hoher Improvisationsanteil schon immer wichtig. Da überrascht es nicht, dass die zweite musikalische Leidenschaft der Bandmitglieder Jazz ist, wo das Improvisieren ja oft zentraler Bestandteil ist. Egal ob Eigenkompositionen oder Klezmer-Standards, die Arrangements arbeiten alle Bandmitglieder zusammen aus.
"Wir sitzen dann da zusammen und spielen dann das. Und dann hat einer ne Idee, und dann geht man da teilweise so drauf ab, dass man das noch weiter entwickelt und noch abstruser macht und dann hat man halt am Ende diese Arrangements, wo es dann echt halt manchmal kracht und dann ist da auf einmal ein Walzer und dann ist da auf einmal wieder ne Unterbrechung und dann ist da ne Rückung und dann ist da wieder ne Pause und blablabla."
Der Albumtitel "Filfarbike Mishpokhe", was auf Jiddisch soviel heißt wie bunte Familie, kann man bei Yxalag vielfältig interpretieren. Da ist zum Beispiel die bunte Mischung aus Musikstilen wie Blues, Walzer, Swing, Klassik und Jazz und die Auswahl an Instrumenten wie Kontrabass, Posaune, Akkordeon und Gitarre neben der Klezmer-typischen Klarinette und Geige. Es ist ein Album, das Spaß macht. Man hört die Spielfreude der Bandmitglieder und man hört ihre Leidenschaft und Begeisterung für die Musik. Noch mehr vermittelt sich das auf der Bühne, wenn die Musiker miteinander agieren und ihre Stücke immer wieder neu interpretieren. Außerdem haben sie Spaß daran, ihr Publikum immer wieder zu überraschen. Yxalag sind etwas Besonders.
"Wir wollen auch einfach selber wach bleiben, und wir wollen die Leute auch bei der Stange halten, dass die aktiv auch daran teilnehmen können durch das Arrangement. Das ist Fluch und Segen würd ich sagen. (lacht) Die Tänzer hassen uns dafür, weil halt niemals so richtig durchgeht, sondern immer irgendwas ist. Aber der geneigte Zuhörer kann sich daran durchaus erfreuen."
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