Die Angst vorm Genmais

Von Udo Pollmer · 15.11.2009
Die Sorge um die fremden Gene verschafft manch einer Forschungsarbeit ungeahnte Publizität - so eine Studie der Technischen Universität in München. Demnach sollen sich in Fleisch von Wildschweinen, die mit Gen-Mais gefüttert wurden, keine fremden Gene aus Gen-Mais befinden. Insofern könne der Verbraucher sein Wildfleisch bedenkenlos genießen.
In Wildschweinen findet man gewöhnlich nur die Gene von Wildschweinen – und grundsätzlich keine Gene aus Kartoffelklößen oder Preiselbeeren. Wie die Gene von Mais ins Schweinefleisch geraten könnten, bleibt wohl das Geheimnis der Auftraggeber dieser Experimente.

Es ist schon erstaunlich für welchen Nonsens Forschungsgelder ausgegeben werden. Ich hätte diese Frage allenfalls an Radio Eriwan gestellt: Kann Genmais die Gesundheit eines Schweins gefährden? Im Prinzip ja, wenn es auf offener Straße von einem Mais-Laster überfahren wird.

Die EU hat soeben den Import von Genmais in größerem Umfang genehmigt. Sie beugt sich damit der Macht des Faktischen. Wenn auf dem Weltmarkt die bisherigen Futtermittel knapp werden, dann muss man eben das zulassen, was auch andernorts verfüttert wird. Insofern wäre es realistischer gewesen, den obigen Versuch nicht mit Wildschweinen sondern mit den handelsüblichen Hausschweinen durchzuführen.

Während wir über Maisgene diskutieren, breitet sich in Deutschland der Maiszünsler weiter aus, derzeit ist nur noch Schleswig-Holstein frei von Befall. Und schon schickt sich ein neuer Maisschädling an Europas Felder zu erobern. Es ist der Maiswurzelbohrer. Er kam aus Osteuropa zu uns. Dieses Jahr hat er in Norditalien die Ernten vernichtet, die Lombardei wurde zum Katastrophengebiet erklärt. War das wirklich nötig, die Prinzipienreiterei bis zur Vernichtung der Ernten zu betreiben? Einfach nichts sehen, nichts hören, nichts sagen? Zumindest solange unser Kühlschrank voll ist?

Inzwischen ist das Insekt in Süddeutschland angekommen. Mit Quarantänemaßnahmen ließ sich der Vormarsch nur verzögern aber nicht wirklich aufhalten. Eine chemische Bekämpfung ist aufgrund seines Treibens im Wurzelraum recht schwierig. In den USA, also dort wo der Schädling heimisch ist, versucht man ihn mit massiven Pestizidspritzungen in Schach zu halten.

In Deutschland wurde das Saatgut vorsorglich mit einen Insektenvernichtungsmittel behandelt, um so den Wurzelraum zu erreichen. Die ganze Aktion ging gründlich schief. Es kam zu einem großen Bienensterben. Erd-Stäube mit Insektengift gelangten vom Acker auf Blütenpflanzen. In der Folge wurden in Südwestdeutschland rund 11.000 Bienenvölker ruiniert. Auch der Verzicht auf Genmais hat einen Preis.

Selbstverständlich sollten wir auch nach anderen, nach ökologischen Lösungen Ausschau halten. Derzeit wird an Maissorten gearbeitet, die in ihren Wurzeln einen Lockstoff produzieren, der Nützlinge wie Nematoden anlockt. Ein solcher natürlicher Lockstoff ist das Caryophyllen.

Um die entsprechenden Gene gezielt einbringen zu können, führt an der der Gentechnik auch da kein Weg vorbei. Welche ökologischen Folgen eine ökologischen Bekämpfung hat, wäre allerdings vor der Anwendung zu prüfen. Denn in der Vergangenheit hat sich schon manch ein niedlicher Nützling schnell in einen Schädling verwandelt.

Immerhin - ein Gutes haben die Zünsler und Bohrer: Sie erfordern die Einhaltung von Fruchtfolgen. Der Mais bringt zwar hohe Erträge, aber wenn man Jahr für Jahr Mais hinter Mais pflanzt, dann kriegen gesundheitlich riskante Pilze Oberwasser, namentlich die Fusiarien. Allerdings – und das soll hier nicht verschwiegen werden – wirkt der Genmais auch gegen den Pilzbefall. Das war jedoch nicht beabsichtigt und ist die Folge einer Nebenwirkung. Deshalb bleibt es dabei: Fruchtfolgen sind Hygiene für den Acker, Gentechnik ist auf Dauer kein Ersatz.


Literatur:
Wiedemann S et al: Fate of genetically modified maize and conventional rapeseed, and endozoochory in wild boar (Sus scrofa). Mammalian Biology 2009; 74: 191-197
Pistorius J et al: Bienenvergiftungen durch Wirkstoffabrieb von Saatgutbehandlungsmitteln während der Maisaussaat im Frühjahr 2008. Journal für Kulturpflanzen 2009; 61: S.9-14
Di Ferrazzi G et al: La diabrotica presenta il conto Danni da 22 a 90 milioni di euro. Terra e Vita 2009; No. 36: 8-10
Transgen Wissenschaftskommunikation: Maiszünsler: Schädling breitet sich weiter nach Norden aus. Pressemitteilung vom 16.10.2009
Pilz C et al: Comparative efficiacy assessment of fungi, nematodes and insecticides to control western corn rootworm larvae in maize. BioControl 2009; 54: 671-684
Degenhardt J et al: Restoring a maize root signal that attracts insect-killing nematodes to control a major pest. PNAS 2009; 106: 13213-13218