Die AfD und ihre Strategie

Ohne Stopp-Schild geht es immer weiter

Der Politiker Alexander Gauland beim AfD-Bundesparteitag in Stuttgart am 1.5.2016.
Alexander Gauland hat sich mehr als unglücklich zum Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng geäußert: Warum nur? © picture-alliance / dpa / Marijan Murat
David Begrich im Gespräch mit Gesa Ufer · 30.05.2016
Die AfD lebt von der Provokation. Jüngstes Beispiel: Alexander Gauland und seine Einlassungen zu Jerome Boateng. Der Rechtsextremismus-Experte David Begrich sieht die richtige Strategie dagegen in der Entzauberung der Partei durch Fakten.
Er hat ja nicht gesagt, er selbst wolle den Boateng nicht als Nachbarn haben. Alexander Gauland sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zufolge, "die Leute" wollten den Boateng nicht. Zumindest nicht als Nachbarn. Als Fußballspieler schon.
Gaulands Einlassung ist die vorerst letzte Wortmeldung aus dem rechtspopulistischen Lager, die für Aufregung und Empörung sorgt. Doch der Verlauf solcher Debatten um Gesagtes, das an Tabus kratzt oder sie bricht, ist oft gleich. Und führt meist nirgendwohin.
Wie also auf die AfD antworten? David Begrich, Mitarbeiter der Arbeitsstelle Rechtsextremismus bei Miteinander e.V. in Magdeburg, empfiehlt unter anderem mehr Gelassenheit.

Man sollte nicht auf jede Provokation reagieren

Man müsse nicht auf jede Äußerung aus dem rechten Lager - "und sei sie noch so provokativ" - moralisch entrüstet reagieren, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Bestimmte Äußerungen sprächen für sich selbst und bedürften im Grunde keiner Reaktion.
Aus ihrer Perspektive habe die AfD in den letzten Wochen alles richtig gemacht und jedes Wochenende die Nachrichtenflaute für einen "Knaller" genutzt, sagte Begrich. Dabei verfolge die Partei eine "Strategie der Provokation".
Erst breche man ein Tabu, dann werde geschaut, wie die politischen Gegner und die Medien reagierten. Wenn es dann kein Stopp-Schild gebe, gehe es weiter. Und wenn es eines gebe, "kann man ja ganz schnell eine Pressemitteilung verschicken, in der drinsteht: 'Habe ich nicht so gemeint.' Um dann in der darauffolgenden Woche das Gleiche mit einem anderen Thema noch mal zu machen."

Bei der AfD kann man dieses oder auch jenes hören

Die AfD flechte einen "Grauschleier", durch den "das Eine wie das Andere gehört werden kann", so Begrich. Er empfiehlt Journalisten, genau nachzufragen und auch zu widersprechen, Behauptungen ad absurdum zu führen.
So lebe die AfD auch davon, dass sie sich als Opfer der Medien stilisiere und so tue, als dürfe man nicht die Meinung sagen - während der AfD-Vertreter gerade im Studio sitze und seine Meinung sage. Diese "Inszenierung" müsse dekonstruiert werden, forderte Begrich.
In Bezug auf Gauland und seine Boateng-Äußerung sagte er, hier habe sich der AfD-Vize offensichtlich völlig vergalloppiert. Er habe schlicht unterschätzt, wieviel Sympathien Boateng auf seiner Seite habe.
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