Kampf gegen Nationalsozialisten

Ein Denkmal für die polnischen Befreier

Das stark beschädigte Brandenburger Tor bei Kriegsende.
Das stark beschädigte Brandenburger Tor bei Kriegsende. © picture alliance / dpa / RIA Novosti
Von Martin Sander · 02.05.2016
Am 2. Mai 1945 hissen polnische Soldaten in Berlin auf der Siegessäule ihre Fahne. Sie wird dort nur ein paar Tage hängen. Deutlich länger als ein paar Tage dauert nun schon der Versuch, den polnischen Befreiern ein Denkmal zu setzen.
"Wir stehen hier am nördlichen Rand des Schlossgartens Charlottenburg, direkt neben uns die Eisenbahnstrecke Hamburger Bahn, Lehrter Bahn, S-Bahnhof Jungfernheide. Hier sind sowjetische Truppen mit Hilfe polnischer Pioniere übergesetzt, vom Ost-Ufer rüber in den Schlossgarten."
Andreas Szagun, Heimatforscher aus Westberlin. Wir laufen durch den Park Richtung Charlottenburger Schloss, den Weg am Spreeufer. Szagun hält eine Karte in der Hand, hat historische Aufnahmen dabei. Strategische Bewegungen sind mit roten, grünen oder blauen Strichen vermerkt, Pfeile geben die Richtung sowjetischer und mit ihnen verbündeter polnischer Truppen an, die Ende April und Anfang Mai 1945 Berlin eroberten. Szagun:
"Die polnischen Pioniere haben die Aufgabe gehabt, den Übergang technisch sicherzustellen. Also Pioniere sind da die, die Brücken bauen, die entminen und ähnliche Dinge tun, damit die eigentliche Kampftruppe dann übersetzen kann. Und sie haben zum Beispiel auch, das kann man auf der Luftaufnahme gut erkennen, in Höhe Mindener Straße eine Pontonbrücke errichtet, hier über die Spree, dazu kann man auch die Fahrspuren auf der Straße erkennen. Hier ist ganz offensichtlich schwere Panzertechnik übergesetzt worden."

"Berlin wurde hartnäckig verteidigt"

Henryk Kalinowski:
"In diesem Park gab es einen mächtigen Panzergraben. Da mussten wir auch einen Übergang bauen. Die Panzer versackten in diesem Graben und kamen dann nicht mehr heraus. Berlin wurde hartnäckig verteidigt. Die zweite Gardepanzerarmee besaß 864 Panzer, und am ersten Tag des Angriffs auf Berlin hatte die Hitlerjugend bereits 204 von diesen Panzern zerstört. Hinter Mauern oder in Kellerlöchern versteckt haben diese Jungs im Alter von 14 bis 16 Jahren uns den Garaus gemacht. Die Panzerfaust, das war eine furchtbare Waffe, umso mehr als die Panzerarmee keine Infanterie dabeihatte. So waren die Panzerfahrer wehrlos. Sie saßen in ihren Stahlschachteln und die deutschen Panzerfäuste säten den Tod. Wir, die polnischen Pioniere, mussten der zweiten Panzergardearmee den Weg ebnen. Wo es nötig war, mussten wir die Antipanzerminen entschärfen. Wo ihnen Wasser im Wege stand, warfen wir unser Stahlgerät rüber, so dass die Panzer darauf fahren konnten."
"Zugegeben, wir waren bis an die Zähne bewaffnet. Für die 500 Leute in unserem Bataillon gab es 200 Sturmgewehre, Maschinenpistolen, Luftabwehrwaffen. Wir hatten Sägemaschinen, Rammen, Stromaggregate, eine Wasseraufbereitungsanlage, zwei Funkstationen – außerdem amerikanisches Gerät. So ein Bataillon hat es in der polnischen Armee weder vor dem Krieg gegeben, noch gibt es so was heute."
Henryk Kalinowski war gerade 20, als er in den letzten Apriltagen des Jahres 1945 Berlin erreichte. Kalinowski gehörte zur 1. Polnischen Armee, die man 1943 in der Sowjetunion aufgestellt hatte. Die Aufnahme in diese Armee bedeutete für die meisten Polen zunächst, aus Sibirien freizukommen. Dorthin waren sie seit 1940 deportiert worden, als Stalin im Einvernehmen mit Hitler den Osten der im September 1939 zerschlagenen polnischen Republik neu ordnete.

Über 10.000 kämpften direkt in der Stadt

Polen galten dabei als Unruhestifter und Klassenfeinde. Erst nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion erlaubte ihnen Stalin, auf seinem Terrain eine polnische Armee zu gründen. An der Seite der Sowjets kämpfte sie sich zwischen 1943 und 1945 nach Berlin durch – bis zur Reichskanzlei, der Keimzelle des nationalsozialistischen Terrors. An den Operationen rund um Berlin waren 185.000 Polinnen und Polen beteiligt, über 10.000 kämpften direkt in der Stadt.
Heute, 71 Jahre später, gibt es nur noch ganz wenige, die davon erzählen können. Henryk Kalinowski, Berufsoffizier, Kapitän zur See außer Diensten, versieht mit über 90 immer noch regelmäßig seinen Bürodienst im Verband der Kombattanten und politischen Häftlinge - mitten im Regierungsviertel von Warschau. Kalinowski:
"Ich sah zwei russische Unteroffiziere, die eine deutsche Frau abführten und zu mir kamen. Einer von ihnen fragte mich: 'Hör mal, Verbündeter, kannst du Deutsch?' An ihrem Benehmen sah ich, dass sie die Frau, sie war schön und vielleicht 22 oder 23 Jahre alt, nicht zu einem Verhör brachten, sondern einfach mitnehmen wollten, vergewaltigen. Das kam ja massenhaft vor. Ich fragte sie also, ob sie wüsste, wohin sie gebracht würde. Sie antwortete, es ginge wohl um eine Meldeangelegenheit. Da sagte ich, weil ich nicht wusste, wie man auf Deutsch vergewaltigen sagt: 'Sie wollen mit dir schlafen.' Sie erschrak, und ich riet ihr: 'Sag, du hast Deinen Ausweis zuhause gelassen.' Das tat sie auch. Da forderten die russischen Unteroffiziere mich auf: 'Geh du mit ihr, diesen Ausweis holen, wir wollen uns nicht ein zweites Mal von den Nachbarn beobachten lassen, wie wir sie abholen.' Ich ging also mit in die Wohnung, und die Mutter bot mir eine heiße Schokolade an, eine große Überraschung, die Leute hungern und bei ihr gibt es heiße Schokolade. Ich trank sie aus. Dann wandte sich die Mutter zu mir mit einem Vorschlag: 'Ich sehe, Sie sind ein anständiger Mensch und ich möchte Sie bitten, über Nacht bei uns zu bleiben." Mir war klar, was für eine moralische Herausforderung das für diese Mutter war, mich, einen fremden Menschen aufzufordern, über Nacht zu bleiben. Ich konnte natürlich nicht dort bleiben, denn alle zwei Stunden gab es einen Alarm.'
Der 30. April 1945 ist ein Tag erbitterter Kämpfe im westlichen Stadtzentrum Berlins. Als die sowjetische Infanterie in Straßenkämpfen südlich und östlich vom Charlottenburger Schloss bis zu 90 Prozent ihrer Soldaten verliert, kommen die Polen zum Einsatz, nicht nur als Pioniere, sondern als kämpfende Truppe.

"Wir wissen kaum etwas über die vielen Polen"

SS, Wehrmacht und Volkssturm verschanzen sich im U-Bahn-Schacht der Bismarckstraße. Sie versuchen, nach Westen auszubrechen, benutzen die Ruine der Deutschen Oper als Hinterhalt, postieren sich am nahegelegenen Karl-August-Platz auf dem Turm der evangelischen Trinitatiskirche. Andreas Szagun:
"Wir sind hier an der Trinitatiskirche. Den polnischen Berichten nach gab es hier einen sogenannten Widerstandsknoten. Das darf man sich jetzt nicht als große Bunkeranlage vorstellen. Gebäude, die sich dafür anboten, zum Beispiel Kirchen mit schmalen Fenstern, wurden dafür genutzt. Und man sieht an der Trinitatiskirche überall Einschläge, die später zugespachtelt worden sind. Hierüber berichten die polnischen Quellen, dass sie diesen Knoten unter Einsatz von Nebelwerfern umgangen haben. Unter dem Nebel konnte halt der deutsche Verteidiger nicht sehen, wo die sowjetischen und polnischen Truppen vorangegangen waren."
Der Karl-August-Platz war einer der zentralen Schauplätze des verlustreichen Häuserkampfs polnischer Soldaten um die Befreiung Berlins. Heute findet samstags am Karl-August-Platz der größte Charlottenburger Wochenmarkt statt.
"Wenn wir heute durch Charlottenburgs Straßen gehen, wissen wir kaum etwas über die vielen Polen, die hier auch gestorben sind, für die Freiheit der deutschen Bevölkerung und für die Freiheit Europas."
Kamil Majchrzak, Jurist und deutsch-polnischer Aktivist in der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregime / Bund der Antifaschisten", arbeitet seit Jahren dafür, dass man der polnischen Befreier von 1945 gedenkt – in der Berliner City West, dem 320.000 Einwohner zählenden überwiegend bürgerlichen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Majchrzak:
"Wenn wir heute zum Beispiel am Karl-August-Platz sind, Ecke Goethe-Straße, Krumme Straße, weiß kaum jemand, dass dort, wo heute Kinder spielen in einem Sandkasten, der erste Friedhof für gefallene polnische Soldaten war. Deshalb ist dieser Platz in der polnischen Erinnerung sehr wichtig. Aber dort erinnert nichts an die dort gefallenen Soldatinnen und Soldaten. Und genau auf den Treppen der Trinitatiskirche haben polnische Soldaten die Kapitulation Berlins erlebt. Wir haben uns bereits im Mai 2012 an die Trinitatiskirche gewandt und angefragt, inwiefern eine Erinnerung dort an der Kirche oder in der Kirche möglich wäre."
"Die Tendenz war überwiegend, und deshalb ist das damals auch so entschieden worden: Wir wollen keine Tafel an der Trinitatiskirche, sowohl außen wie auch innen. Das war die Entscheidung. Die kann ich auch nach außen geben. Aber wie es dazu gekommen ist, möchte ich nicht näher erläutern: Die Beratungen des Gemeindekirchenrats sind ja geheim! Also ich kann ihnen jetzt Inhalte nicht mitteilen."

"Es ging um den Sieg über das Dritte Reich"

Betont Ulrich Hutter-Wolandt, Pfarrer der evangelischen Trinitatisgemeinde. Zugleich lässt er durchblicken, woran der Antrag unter anderem gescheitert sein könnte. Man wollte sich mit der Ehrung der Kämpfer zurückhalten, da sie an der Seite der sowjetischen Kommunisten kämpften.
"Man kann vielleicht von der kommunistischen Führung sprechen, aber nicht von der kommunistischen Armee. Das waren fast alles Leute, die nach September 1939, als die Sowjetunion den östlichen Teil Polens okkupiert hat, die waren deportiert, vertrieben nach Osten, nach Sibirien, und die dann diese Armee, diese Mobilisierung als einzige Chance ansahen, zurück nach Polen zu kommen."
Erklärt Jacek Lepiarz, Berliner Korrespondent der Polnischen Presseagentur, der in der Nähe des Karl-August-Platzes wohnt. Lepiarz:
"Es ging um den Sieg über das Dritte Reich und ums Überleben. Das haben die Soldaten einfach so empfunden. Also sie haben eine Gedenktafel verdient."
Die Entscheidung ist aber gefallen: Am Karl-August-Platz wird es keine Gedenktafel geben.
Szenenwechsel: Friedrichshain. Hier im Berliner Osten, am Fuße des Volksparks Friedrichshain, wird schon seit über vier Jahrzehnten der polnischen Soldaten von 1945 gedacht. Auf breiten Treppenabsätzen erhebt sich eine Säule, an ihrer Spitze die Wappen der DDR und der Volksrepublik Polen. Ralph-Jürgen Lischke:
"Dieses deutsch-polnische Denkmal ist 1972 eingeweiht worden. Das geht auf eine Idee der Veteranenverbände, des polnischen Verbands der Kämpfer für Freiheit und Demokratie und des Komitees deutscher Antifaschisten der DDR zurück. Es sollte ein Symbol sein für die deutsch-polnische Freundschaft. Ursprünglich wollten die Polen einen zentraleren Ort für das Denkmal haben, Brandenburger Tor war im Gespräch."
Jacek Lepiarz:
"Dieses Denkmal in Friedrichshain ist ein gutes Beispiel dafür, dass wenn etwas von oben aufgezwungen wird, dann hat das keinen Sinn, weil das ein Fremdkörper ist. Die einzige Gruppe, die dieses Denkmal besucht, das sind diese Skater, die dort üben, den ganzen Tag. Es ist ein phantastisches Gelände, aber sonst kommen vielleicht die Vertreter am 1. September jedes Jahr, aber sonst ist das Denkmal tot, weil es nicht mitgetragen wird, weil es nicht aus der Umgebung, aus dem Milieu entstanden ist, sondern von außen."

Einigung bei Denkmal für TU

Zurück in die City West. Dort wo die S-Bahn über die Straße des 17. Juni rollt und der Landwehrkanal den Tiergarten erreicht, steht das Charlottenburger Tor. Andreas Szagun:
"Das Charlottenburger Tor war ebenfalls stark umkämpft. Im Zuge des Durchgangs der polnischen Truppen zum Brandenburger Tor haben sie noch den S-Bahnhof Tiergarten räumen müssen. Auch dort hatten sich deutsche Truppen verschanzt. Dort wurde eine polnische Fahne auf dem Bahnhof gehisst. Ein Weilchen später haben sie dann eine zweite polnische Fahne auf der Siegessäule gehisst. Diese Fahne ist dann später von den sowjetischen Truppen entfernt worden, weil der Sieg ja der sowjetische Sieg sein sollte."
Vor dem Charlottenburger Tor liegt die Technische Universität Berlin. Die frühere Technische Hochschule war eine mächtige Bastion im deutschen Verteidigungsring. Hier soll in Zukunft das Charlottenburger Denkmal für die polnischen Befreier stehen. Darauf haben sich die Politiker des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf und Vertreter der TU nach einer Jahre währenden Debatte endgültig geeinigt.
Viele an der Debatte Beteiligte sind der Ansicht, dass die TU sich eher für das Denkmal der polnischen Befreier eignet als der Karl-August-Platz. Denn hier wird das Denkmal nicht nur den Studenten tagtäglich ins Auge fallen. Hier kommen – anders als am Karl-August-Platz – die großen Touristenströme vorbei. Für ein Denkmal an der TU hat sich auch die Studentenvertretung eingesetzt. Lion Laspe, hochschulpolitischer Referent des AStA:
"Weil die TU in der Zeit des Nationalsozialismus durchaus Verantwortung bzw. die Technische Hochschule durchaus Verantwortung auf sich geladen hat mit den technischen Entwicklungen und vor allem auch Waffenentwicklungen. Daher denke ich, dass wir uns als Studierende und TU überhaupt daran erinnern sollten, von wem wir befreit worden sind, und dass es auch nicht das Schlechteste war, dass wir befreit worden sind. Für mich war das tatsächlich neu, dass 150.000 Polen hier an der Schlacht um Berlin beteiligt waren."
Jetzt, wo der Ort für das Denkmal feststeht, bleibt noch die Frage, wie es denn aussehen soll. Eine Stele, eine Tafel, oder soll es doch etwas anderes sein? Michael Schwarz, Künstler und Professor der UDK, der Berliner Universität der Künste, die ihren Sitz in der Hardenbergstraße gleich neben der TU hat, wurde auch von den Denkmalplanern angesprochen. Er argumentiert gegen die bisherigen Vorschläge:
"Diese Tafel, die da vorgeschlagen ist, die ist eben nicht dazu geeignet, Geschichte zu vermitteln. Es war ein Text, den ich jetzt nicht auswendig wiederholen kann. Der Text der klassischen Gedenktafel. Und ich dachte: Eine Kranzabwurfstelle mehr brauchen wir nicht!"

"Denken über Polen aus der Nazizeit geprägt"

Schwarz hat vor, mit einem Studententeam eine zeitgemäße Form des Erinnerns zu erarbeiten. Das kann noch Monate, aber auch Jahre dauern. Schwarz:
"Wir wollen die Geschichte in die Gegenwart bringen, Anknüpfungspunkte suchen, die uns das Ganze vorstellbar machen, sich in Geschichte hineinzuversetzen."
Derzeit ist also nicht nur unklar, wann das Denkmal kommt, sondern auch, welche Botschaft es vermitteln soll. Polen bilden seit vielen Jahren die größte Zuwanderungsgruppe der Stadt. Sie gelten als die Unauffälligen und kommen in den Integrationsdebatten nicht vor. Spannungen gibt es dennoch, und es gibt Polen, für die Berlin immer noch eine deutsch-polnische Kampfzone ist. Zum Beispiel für Dorota Leszczyńska, die aus Warschau stammt und vor 40 Jahren in die alte Bundesrepublik kam. Nach der Wende zog sie aus Köln in die Berliner City West – und erlebte einen Schock:
"Als ich dort eingezogen war, da hörte ich auf einmal von einer Frau mit so einem Hauskittel. "'Jetzt sind die Polacken eingezogen. Jetzt wird das dreckig sein!' – im ganzen Hof. Das ist Märkische Scholle, und das sind angeblich alles Beamtenhäuser. 'Jetzt sind bei uns die Polacken eingezogen, und es wird überall dreckig sein.' Ich, da ich niemals so etwas in Westdeutschland gehört habe, nicht einmal das Wort 'Polacke', das an meine Adresse gerichtet war, ging ich zu der Frau und fragte. 'Ja wissen Sie überhaupt, wer ich bin? Wie können Sie es sich leisten, so etwas zu sagen? Sie kennen mich nicht.' 'Meinst du, du bist sauberer als die anderen Polacken?' Ja, jut, dann habe ich die Polizei angerufen. Denn für mich, einen idiotischen Wessi, war das praktisch Volksverhetzung, solche Sprüche, denn das haben natürlich alle Nachbarn gehört. Lacht! Da kamen zwei Autos, zwei Busse mit zwölf Leuten, mit Waffen. Und keiner war natürlich da. Aber alle haben das hinter den Gardinen gesehen. Und ich hatte total verschissen in diesem ganzen Hauskomplex."
"Natürlich, das muss man auch ganz offen sagen, besteht – gerade bei Älteren – immer noch ein Denken über Polen, das aus der Nazizeit geprägt ist. Der Untermensch, sagen wir es doch ganz offen, der Zwielichtige, dem man nicht trauen kann, so dass da auch bei vielen Menschen im Hinterkopf eine Alarmklingel losgeht, dass allein der Name Polen bedeutet: Vorsicht, Vorsicht, und erst mal alles abschließen! Eine ganz schlimme, noch vorhandene Meinung, die nicht offen ausgesprochen wird, die aber unterschwellig garantiert da ist, und es wäre wirklich mal eine Aufgabe zwischen Polen und deutscher Politik, mal darüber nachzudenken, wie man das für die Zukunft ausräumen kann."
Sagt der SPD-Stadtverordnete Wolfgang Tillinger. Tillinger ist Sprecher für Straßen und Grünflächen in Charlottenburg-Wilmersdorf. Er hat sich für das Denkmal der polnischen Befreier in seinem Bezirk eingesetzt.

Das Bild der Polen in der Stadt verändern?

Wird das Denkmal für die polnischen Befreier das Bild der Polen in der Stadt verändern? Manche glauben es. Im Empfinden der Wahl-Charlottenburgerin Dorota Leszczyńska soll dieses Denkmal eine historische Ungerechtigkeit wettmachen – und es den Berlinern auch mal zeigen:
"Man beschuldigt uns als Polacken. Man tobt sich an uns aus. Die Berliner kennen ihre eigene Geschichte nicht. Sie nehmen nicht wahr, was in ihrer eigenen Stadt passiert. Es steckt in den Köpfen der Berliner, dass nur die Russen Berlin erobert haben."
Und Henryk Kalinowski, der als 20-Jähriger Brücken über die Spree für die sowjetische Panzerarmee im Charlottenburger Schlosspark legte und der dabei war, als die polnische Flagge von der Siegessäule wehte, würde sich freuen, wenn er noch zur Einweihung des Denkmals für die Befreier Berlin kommen könnte. Dieses Denkmal, sagt er, ist nicht nur für die Polen notwendig:"Es ist notwendig wegen derjenigen, die eine Neuauflage des Nationalsozialismus wollen. Das wird ein Denkmal für uns wie auch für die Deutschen sein."
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