Deutsch-polnisches Treffen

Hoffen auf "freundschaftliches Gespräch zwischen Partnern"

Der deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Nikel
Der deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Nikel © picture alliance/dpa/Bartlomiej Zborowski
Von Florian Kellermann · 11.01.2016
Das Mediengesetz und andere umstrittene Schritte der in Polen regierenden PiS sind in dieser Woche Thema in Brüssel. Schon heute spricht in Warschau der deutsche Botschafter vor. Beide Seiten betonen im Vorfeld, ihnen liege weiterhin an guten nachbarschaftlichen Beziehungen.
Die gestrigen Abendnachrichten im ersten polnischen Fernsehen TVP. Die Zuschauer sollten sofort bemerken, dass der Sender einen neuen Chef hat: Im Hintergrund des Nachrichtensprechers prangt seit gestern nicht mehr die Uhr am Warschauer Kulturpalast, sondern der Turm des Warschauer Königsschlosses. "Eine gute Veränderung", kommentierte der neue TVP-Chef Jacek Kurski seine eigene Entscheidung auf Twitter - und erinnerte daran, dass der Kulturpalast ein Geschenk des Sowjetherrscher Josef Stalin war.
Der Machtwechsel bei TVP war Auslöser für Demonstrationen in 19 polnischen Städten am Wochenende. Zigtausende protestierten gegen das neue Mediengesetz. Es erlaubt es der Regierung, jederzeit - im Alleingang und ohne Angabe von Gründen - die Führungsspitze im öffentlichen Radio und Fernsehen auszutauschen.
Seweryn Blumsztajn, Journalist der linksliberalen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza": "Der beste Kommentar zum neuen Mediengesetz ist seine erste Frucht: der TVP-Vorstand Jacek Kurski. Er hat versprochen, das Fernsehen vor dem Einfluss von Politikern zu bewahren. Vorsicht, wir sind im Irrenhaus gelandet!" Denn Jacek Kurski ist selber Politiker, seit vielen Jahren verbunden mit der rechtskonservativen Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit", kurz PiS. "Bullterrier" wurde er genannt, weil er für den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski Angriffe auf politische Gegner unter der Gürtellinie vorbereitete.
Das Mediengesetz und andere umstrittene Schritte der PiS werden in dieser Woche Gegenstand der Debatte in der Europäischen Union. Am Mittwoch wird sich die EU-Kommission deshalb mit Polen beschäftigen.
"Wir kehren nicht um"
Schon heute Morgen wird der deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Nikel, im polnischen Außenministerium vorsprechen. Minister Witold Waszczykowski hatte ihn kurzfristig eingeladen - eine ungewöhnliche Maßnahme. Es gehe um antipolnische Aussagen deutscher Politiker, sagte Ministeriums-Sprecher Artur Dmochowski. "Hier geht es nicht um eine konkrete Äußerung, solche Äußerungen gab es viele. Der Standpunkt, den der Außenminister dem Botschafter übermitteln will, ist: Wir verteidigen die polnischen Interessen und auch das Image Polens. Diesem Image schaden Aussagen, die nicht mit den Tatsachen übereinstimmen."
Besonders zwei deutsche EU-Politiker haben sich den Unmut der Regierung in Warschau zugezogen: EU-Kommissar Günther Oettinger sagte, mit dem neuen Mediengesetz ziehe Willkür in die polnische Medienpolitik ein; er riet deshalb der EU-Kommission, Polen offiziell zu beobachten, ob es die Prinzipien des Rechtsstaats bewahre. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz verglich die Vorgänge in Polen sogar mit der Politik des autoritären russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das ging sogar vielen in der polnischen Opposition zu weit.
Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski erklärte gestern: "Kein Versuch, Druck auf uns auszuüben, keine Aussagen, die nie hätten fallen dürfen, schon gar nicht aus deutschen Mündern, werden uns vom Weg abbringen. Wir kehren nicht um. Wir werden die Polen glücklicher und Polen stärker machen." Trotzdem heißt es im deutsche Auswärtigen Amt, der Botschafter hoffe heute auf ein "freundschaftliches Gespräch zwischen Partnern" mit dem polnischen Außenminister. Beide Seiten betonen, ihnen liege weiterhin an guten nachbarschaftlichen Beziehungen.
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