Deutsch-israelische Militärzusammenarbeit

Vom Staatsgeheimnis zum guten Geschäft

Das deutsche U-Boot U-34 liegt 12.02.2015 zu Inspektionsarbeiten auf der Werft von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) in Kiel.
Die ThyssenKrupp-Werft in Kiel - mit einem U-Boot des Typs U-34 © picture alliance / dpa / Carsten Rehder
Von Peter Marx · 12.05.2015
Angestoßen von der Politik hat sich die deutsch-israelische Militärzusammenarbeit in den letzten 50 Jahren zu einem regen Geschäft entwickelt. Sonderkonditionen hat es dabei immer gegeben.
Die deutschen U-Boote stehen zwar immer ganz oben auf der Einkaufsliste der israelischen Marine. Aber sie sind bei weitem nicht alles. Der aktuellste Deal betrifft vier Korvetten, die künftig israelische Gasfelder im Mittelmeer schützen sollen. Gebaut werden sollen die Schiffe auf der ehemaligen HDW-Werft Kiel, im Auftrag von Thyssen-Krupp. Im Moment wird noch darum gestritten, ob und falls ja, wie hoch der Millionen Euro- Zuschuss der Bundesregierung ausfällt. Was auch nicht neu ist. Fast immer wurden Israel Sonderkonditionen eingeräumt und störende Gesetze so ausgelegt, dass die Waffengeschäfte durchgeführt werden konnten. So auch bei den ersten U-Booten, auf die sich Fregattenkapitän Pepe Prahl bezieht:
"Diese Zusammenarbeit datiert noch vor das berühmte Datum, die 50 Jahre, als wir offiziell die deutsch-israelischen Beziehungen dann eröffnet haben. Deshalb ist es auch inoffiziell gewesen und deshalb sind eigentlich auch die deutschen Muster damals in England gebaut worden. Das war eine israelische Befindlichkeit."
Langfristige Kooperation im Bereich U-Boot
Prahl von der deutschen Marine arbeitet heute im Rostocker Flottenkommando und ist für internationale Beziehungen zuständig. Angefangen hat er jedoch als U-Boot-Fahrer und U-Boot-Kommandant, was die Zusammenarbeit mit israelischen Marinestellen eher leichter macht als erschwert.
"Gesichert ist, dass wir eine langfristige Kooperation im Bereich der U-Boote etabliert haben, zusammen mit der Ausbildungsunterstützung, die wir in Deutschland geben. Das äußert sich auch daran, dass Israels Marine ständig ein Verbindungselement auch in Kiel hat, während der gesamten Bauphase der U-Boote und wir sind bestrebt die Kooperation auf diesem Niveau auch gleichzeitig zu behalten."
Die Militärgeschäfte der beiden Staaten galten in den 50er und 60er Jahre als Staatsgeheimnis, sowohl in Bonn als auch in Jerusalem. Bonn wollte damals die frischen Beziehungen zu den arabischen Staaten nicht gefährden, während die israelische Regierung Zweifel daran hatte, dass ihre Bevölkerung die Waffengeschäfte mit den ehemaligen Unterdrückern gut heißen würde. Heute rechnet Arye Shalicar, Sprecher der israelischen Verteidigungsarmee nicht mehr mit Kritik:
"Ich denke, dass ein Großteil der Bevölkerung in Israel weiß, dass Deutschland ein sehr enger Partner des Staates Israel ist, in allem was mit Anti-Terror, mit Verteidigung zu tun hat. Nicht jeder versteht genau, in welchem Ausmaß und was genau. Das sind Richtungen, wo nicht jeder gleich interessiert daran ist und Verständnis hat. Aber im Großen ist in Israel sehr bekannt das Deutschland mit uns ist."
Die Geschäfte liefen ausschließlich über die Auslandsgeheimdienste Mossad und BND. Diese Geheimnistuerei gehörte zu den Kriterien, welche die Rüstungsgeschäfte mit Israel prägten. Ein weiteres Kriterium war, dass die Militärgeschäfte immer den Charakter einer politisch begründeten, wirtschaftlichen Wiedergutmachungsleistung haben mussten. Diese Vorgabe gilt bis heute.
Angetrieben von der Politik
Von Mitte der 50er Jahre bis heute wurde die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Israelischer Armee immer enger – und das auf den verschiedensten Ebenen. Angetrieben wurden die Militärs auf beiden Seiten von der Politik: in den Anfangsjahren waren dies Shimon Peres, damals Generaldirektor im israelischen Verteidigungsministerium und der damalige Bundesverteidigungsministers Franz Josef Strauß. Bei einem konspirativen Treffen – 1957 - in Oberbayern legten beide die Grundlagen für die Rüstungskooperation. Ohne den Segen der Politik wäre, sagt Fregattenkapitän Prahl, die Zusammenarbeit nie so eng geworden:
"Das ist natürlich eine hochpolitische Entscheidung und da ist hier Militärpolitik gefordert, die mit ihren Vorgaben dafür sorgt, dass es auch in dem Rahmen läuft, dass es uns auch nicht schadet und zwar in vielerlei Hinsicht."
Wieder sind es die U-Boote-Wünsche der israelischen Marine, die dafür sorgen, dass die Militärbeziehungen und Rüstungstransfer auf eine neue Ebene gestellt werden.
"Bei der Marine hat sich das Ganze konkretisiert Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre als die Israelis ihre Interesse bekundet haben, deutsche U-Boote zu erwerben. Und das geht einher mit militärischer Ausbildungsunterstützung oder – Hilfe. Das heißt: Israelische Besatzungen werden auch in Deutschland ausgebildet, weil es sich auch um deutsches Gerät handelt. Im Laufe der Jahre hatten wir kontinuierlich mindestens zwei Lehrgänge pro Jahr. Das sind taktische Lehrgänge, die ungefähr eine Woche dauern. Das sind aber auch Langzeit-Ausbildungen, Individual-Ausbildungen, die wir in Deutschland durchführen."
Finanzierung war das Problem
Die Lieferung der U-Boote waren nicht das Problem, die Finanzierung dagegen schon. Israel fehlte das Geld für die teuren U-Boote vom Typ Dolphin. Die Regierung unter Helmut Kohl sprang ein und übernahm die Kosten von zwei Booten für einen Gesamtpreis von 880 Millionen Mark als Teil eines Hilfspaketes an Israel. Fregattenkapitän Pepe Prahl zu den staatlichen Zuschüssen:
"Das hat ganz gewiss ein sehr starkes politisches Moment. Das ist auch damit in Zusammenhang zu bringen, dass wir aus vielerlei Gründen Israel sehr nahe stehen als politischer Partner und da gibt es unter Freunden sagen wir mal auch Sonderkonditionen, die aber auch für beide Seiten von Nutzen sein können."
Da passt es, dass die israelische Marine immer wieder nach neuen U-Booten verlangt. Die letzten Boote mit modernem Brennstoffzellenantrieb werden derzeit gebaut und der deutsche Zuschuss von mehreren hundert Millionen Euro ist längst über alle parlamentarischen Hürden. Die neuen Boote verfügen, anders als deutsche U-Boote über zwei verschieden große Abschussrohre: einmal für Torpedos und für Marschflugkörper. Denn das Israel die aus Deutschland gelieferten Dolphin-U-Boote als Nuklear-Waffenträger einsetzen will oder bereits einsetzt, gilt in militärischen und geheimdienstlichen Kreisen als offenes Geheimnis. Auf Nachfragen aus dem Bundestag erklärte die Bundesregierung dazu, die Boote "sind im Auslieferungszustand nicht fähig, Atom-Waffen zu verschießen." Allerdings sei nicht auszuschließen, dass Israel die U-Boote nachträglich umrüstet.
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