Designer mit Migrationshintergrund

In London ausgebuht, in Paris umjubelt

Runway in Paris mit Kleidung des Designers Issey Miyake
Er designt bis heute: Mode des Japaners Issey Miyake 2014 in Paris auf dem Runway © dpa / picture alliance
Von Martina Zimmermann · 08.12.2014
Viele Designer verlassen ihr Land, um anderswo ihr Glück zu versuchen. In London fällt es vielen schwer, Fuß zu fassen, in Paris ist das etwas leichter. Zumindest in der Modewelt - doch mit dem Einbürgern tun sich die Franzosen schwer. Eine Ausstellung in Paris zeigt nun Mode und Asylanträge von Immigranten, unter ihnen große Namen wie Paco Rabane und Azzedine Alaïa.
Ohne die ausländischen Modemacher wäre Paris wohl kaum zur Welthauptstadt der Mode geworden. Sie prägen bis heute die Haute Couture. Aber wer weiß schon, dass es ein Engländer war, der sie 1858 erfand, die Haute Couture? Charles Frederick Worth präsentierte seine edlen maßgeschneiderten Kleider erstmals auf lebenden Frauen statt auf Puppen und gilt damit als Begründer der Haute Couture, wie es sie bis heute nur in Paris gibt, neben den Prêt-à-porter-Shows mit Mode von der Stange. Worth steht am Anfang einer langen Geschichte von Einwanderern. Und ist damit einer von 70 Couturiers, denen die Ausstellung - eine Koproduktion zwischen Einwanderungs- und Modemuseum - die Ehre erweist. Olivier Saillard, der Direktor des Pariser Modemuseums, erklärt:
"Wir haben zuerst alle Modemacher ausgemacht, die sich seit dem 19. Jahrhundert in Paris niederließen und die ausländischer Herkunft waren. Dann habe ich in unseren Kollektionen geschaut, welche Modelle deren Arbeit besonders aufschlussreich zeigen. Besucher einer Ausstellung wollen nicht die einfachsten und alltäglichsten Modelle sehen, sondern ein Gefühl für die Kreation bekommen. Diese Kleider behält man in Erinnerung."
Ein Rollkragenpulli des Belgiers Martin Margiela sieht auf der Brust wie zerrissen aus. Der dazugehörige Rock erinnert an einen Vorhang: Er besteht aus einer Schnur, an der mit Ringen ein schwarzer Stoff befestigt ist. Das sieht schick aus! Manche Modemacher der sogenannten belgischen Schule versuchten Anfang der 1980er-Jahre ihr Glück in London. Dort wurden sie ausgebuht. In Paris hingegen wurden sie wie Margiela mit offenen Armen aufgenommen.
Schwarze Eleganz neben schrillem Bunt
Erfolg hatten auch der bunte Reifenrock des Japaners Issey Miyake von 1994 oder das Metallminikleid von Paco Rabane aus dem Jahr 1970. Schwarze Eleganz steht neben schrillem Bunt. Kunstvolle Seide wurde in den 20er-Jahren von Russinnen bestickt. Edle Gürtel in jüngerer Vergangenheit von Armeniern gefertigt, die auf Leder spezialisiert waren. Das beste Stück der Ausstellung ist für Olivier Saillard ein Kleid von Azzedine Alaïa:
"Als wir die Ausstellung aufgebaut haben, haben viele Leute – vom Beleuchter bis zum Bühnenmaler – gesagt, das sei ihr Lieblingskleid. Man erkennt sofort das Talent, sieht etwas Raffiniertes und Sinnliches, Alaïa hat etwas ganz Besonderes."
Es handelt sich um ein schwarzes eng anliegendes Kleid, das über der Brust und ab der Hüfte abstehende Lappen hat, die dem ganzen eine tolle Form geben.
"Alaïa sollte immer für sein Talent ausgezeichnet werden, Minister schlugen ihm Medaillen und die Ehrenlegion vor. Er hat das immer verweigert und gesagt: Von allen Auszeichnungen sei ihm die Karte der Einbürgerung die liebste."
Wenn es auch in der Kunst keine Grenzen gibt, so brauchen die Künstler am Ende doch wie alle anderen Einwanderer auch Papiere. Und das belegt der originelle Teil der Ausstellung, der vom Museum zur Geschichte der Einwanderung zusammengetragen wurde: Ausweise, Anträge auf Asyl, 150 Dokumente, zum Teil von den Familien der Modemacher, aber auch von Ämtern zur Verfügung gestellt. Diese sind erstmals öffentlich zugänglich. Sie zeugen von der Einwandererproblematik, bei der auch Prominenz nicht hilft. Aude Pessey-Lux, Kommissarin der Ausstellung vom Museum der Geschichte der Einwanderung:
"Paco Rabane blieb zum Beispiel bis zum Ende seines Lebens Flüchtling. Eine seiner Ausweiskarten ist in der Vitrine und auch die Liste der spanischen Bürgerkriegsflüchtlinge unter denen Rabane, seine Geschwister und seine Mutter sind."
Ein neuer Blick auf Mode
Von Elsa Schiapareli ist nicht nur der berühmte Schuh-Hut zu sehen, den sie gemeinsam mit Salvador Dali entwarf und der von dessen Frau Gala getragen wurde. Es ist auch ihr Antrag auf Einbürgerung von 1931 ausgestellt. Er zeigt, dass auch Berühmtheiten sich an die Regeln der französischen Administration zu halten haben und gute Argumente brauchten, meint Aude Pessy-Lux:
"Da steht: Sie hat ein großes Modehaus mit derzeit 139 Angestellten, 118 davon sind Franzosen. Sie spricht perfekt französisch und ist vollständig integriert."
Olivier Saillard vom Pariser Modemuseum ist stolz auf die gemeinsame Ausstellung:
"Wer hierher kommt hat einen neuen Blick auf die Mode. Und es ist gut, die Mode mit anderen Augen zu sehen. Nicht nur die Kleider sind wichtig, sondern auch die Lebenswege."