Der SV Lunow in Brandenburg

Deutsch-polnischer Fußball auf dem Dorf

Neutraler Lederball - Fußball-Symbolbild
Das Runde im Eckigen: Beim SV Lunow kicken deutsche und polnische Kinder gemeinsam. © imago
Von Ernst-Ludwig Aster · 18.10.2015
Die Stadt ist klein – doch das Engagement grenzenlos. Beim Fußball-Club SV Lunow in Brandenburg kicken deutsche und polnische Kinder gemeinsam. Sonst gäbe es in der 1200-Einwohner-Gemeinde einfach zu wenige Spieler auf dem Platz.
"'Hier hält man sich fit im Lunower Sportverein.' Dieses Schild soll auf den Sportverein, ich will nicht sagen, als einzigen Verein, aber als größten Verein im Ort hinweisen."
Andrea Teichert geht vom Gas, lächelt. Sie ist die Vorsitzende des Sportvereins.
"Da sieht man alle Abteilungen. Und wer dann hierher zieht, der kann sich hoffentlich gleich einbringen."
Lunow: 1200 Einwohner, wenn man den etwas abseits gelegenen Ortsteil Stolzenhagen mitzählt, dann sind es 2000. Viel weniger als zu DDR-Zeiten.
Am härtesten traf den kleinen Ort vor einigen Jahren die verordnete Schließung seiner Schule
"Und wenn die Schule wegbricht, da bricht nicht nur der Gesang bei einer Rentnerweihnachtsfeier weg, weil die Kinder dann nicht mehr auftreten. Man hat auch im Sportverein keine Kinder eines Jahrgangs mehr. Und man muss sich dann letztendlich umgucken. Und sich selbst helfen. Und dann haben wir den Schritt gewagt, über die Grenze zu gucken."
Über die Grenze nach Polen. Damit der Jugendfußball im Sportverein überleben kann. Denn alleine hätten die Lunower keine Mannschaft mehr zusammengebracht.
Auf der großen Sportanlage, am Rande des Ortes, spielen die D-Junioren gerade gegen Schwedt.
Andrea Teichert kommt auf den Platz. Grüßt in die Runde. Die Gäste aus Schwedt machen von der ersten Minute an Druck. Slepzeck im Tor von Lunow muss sich ganz lang machen, um den Ball aus der unteren rechten Ecke zu fischen. Jadwiga Midgalska hält sich erst die Hände vor Augen, dann jubelt sie.
Ein erster Besuch beim polnischen Sportlehrer
"Dobra" – "Gut" lobt sie den Torwart auf Polnisch. Dreht sich dann kopfschüttelnd zu Andrea Teichert. Die beiden Lehrerinnen sind ein eingespieltes Team – seit Jahren. Andrea Teichert erinnert sich noch gut an die Anfänge. An den ersten Kontakt zu einem polnischen Sportlehrer aus Cedynia, dem Örtchen auf der anderen Oderseite.
Teichert: "Die Kinder kamen in erster Linie, um Deutsch zu lernen zu uns. Wir haben einmal pro Woche in Lunow er Training durchgeführt. Und nach dem Training hat Jadwiga Midgalska polnisch unterrichtet, so dass man so kleine Begriffe auf Polnisch sagt, zum Beispiel 'lewo', 'prawo', das man sagt, rund um den Fußball können sie sich verständigen."
Am Anfang mussten sich alle erst einmal an das internationale Zusammenspiel gewöhnen. Auf dem Platz genauso wie an der Seitenlinie.
Teichert: "Und ganz am Anfang war es auch bei uns in der Mannschaft ein bisschen schwierig, wenn dann ein polnisches Kind eingesetzt wurde und das deutsche Kind ausgewechselt."
Doch die Zeiten sind vorbei. Mittlerweile läuft das Zusammenspiel reibungslos. In Lunow zumindest:
Teichert: "Wenn wir woanders hinfahren, zum Beispiel die Eltern dann von einer Schwedter Mannschafft, die können dann nicht nachvollziehen, dass da unbedingt bei uns polnische Kinder mit dabei sind, da fallen dann schon so abfällige Bemerkungen."

Die Lunower geben ihre Antwort meistens auf dem Platz. Dieses Mal gewinnen sie 10 : 1.
Erik: "Das Spiel ist gut gelaufen, ich habe zwei Tore gemacht."
Seit vier Jahren trainiert er mit der Mannschaft. Ein Freund hat ihn einmal mitgenommen. Seitdem kommt er regelmäßig.
John kommt aus der Kabine. Der deutsche Keeper.
"Ich fand es eigentlich soweit gut, hätte noch ein bisschen besser laufen können, hätten doch alle Chancen nutzen können, das hätte es noch viel höher ausgehen können."
Andrea Teichert steht im Hintergrund. Hört zu und lächelt zufrieden.
Mehr zum Thema