Der Kurzfilm im Fokus

Von Susanne Burg · 12.02.2008
Dank Internet und Handy boomen die Kurzfilme. Darum gibt es zum zweiten Mal auf der Berlinale für dieses Genre eine eigene Sektion. Dabei zählt zum Kurzfilm alles, was unter einer Länge von 25 Minuten liegt. Der deutsche Beitrag "Reise zum Wald" zeigt Bäume in allen Varianten. Die Kurzfilmjury entscheidet nun über die interessantesten Wettbewerbsfilme.
Es ist gerade mal Halbzeit auf der Berlinale und schon werden die ersten Bären verliehen.

Maike Mia Höhne: " Wir haben die Preisverleihung nach vorne gezogen, weil die anders als die Langfilmer mit einem Goldenen Bär in der Tasche das nutzen können für sich, hier die drei, vier Tage des Festivals mit den Bären in der Tasche einfach noch mal wen zu treffen. Das ist super. "

… sagt die Kuratorin der Reihe Berlinale Shorts, Maike Mia Höhne. Und die Preisträger können Kontakte gebrauchen. Denn kommerziell bleibt es schwierig für den Kurzfilm – auch wenn Kulturstaatsminister Bernd Neumann immer wieder erklärt hat, er wolle die kürzere Form zurück ins Kino holen.

Aber immerhin: Internet, Handy und Kunstszene sei Dank boomt das Genre zumindest künstlerisch und zeigt auch auf der Berlinale einmal mehr: Der Kurzfilm ist mehr als ein Einstieg in den Spielfilm. Er ist ein sehr eigenes Genre.

Jörn Stäger hat den einzigen deutschen Beitrag im Kurzfilmwettbewerb geschaffen: "Reise zum Wald". Sieben Minuten lang: Bilder von Bäumen in allen Variationen, manchmal rasant, manchmal elegisch montiert: Bäume in Betonkübeln, Alleebäume, Miniatur-Nachbauten. Bäume gestutzt, gerodet, gewässert. Über allem schwebt die kontrollierende Hand des Menschen.

Stäger: " Es geht eigentlich darum, wie sieht die Landschaft aus, die der Mensch geschaffen hat. 30 Prozent Deutschlands sind bewaldet, aber wir leben in einer Kulturlandschaft, das heißt, die ist über Jahrhunderte, Jahrtausende immer wieder umgeformt worden von Menschen. Die Wälder, die wir heute sehen, sind von Menschen geschaffen, gepflanzt worden. "

Wie viele Kurzfilmer experimentiert auch der Ire David O’Reilly ästhetisch und schafft ein wildes Animationsspektaktel. Dokumentation und Fiktion, Animation und Experiment – die Genres variieren. Aber eines schaffen alle: Konzentriert erzählen sie eine Geschichte, ohne dabei jedoch zu große Lücken zu lassen.

Höhne: " In der Auswahl war das ganz oft so: keine Lösung ist auch ne Lösung und schnell weg. Wo ich sage: Nee, deswegen bist du Filmemacher? Du wirfst'n Thema auf, du stellst dich dem, und dann sag mir, warum! Und dann kann der Protagonist immer noch abhauen. Das ist okay! Aber ich will wissen, wo der lang läuft. "

Der rumänische Zehnminüter "Ein Guter Tag zum Schwimmen" erreicht genau das: Er schafft einen emotionalen und erzählerischen Bogen und gibt gleichzeitig noch den Zustand eines Landes wieder: Drei jugendliche Straftäter sind aus dem Gefängnis ausgebrochen, unternehmen eine Reise zum Strand und kidnappen dabei einen Mann und eine Frau.
Höhne: " Das, was der Film zeigt: dass es irrelevant ist, jemanden zu vergewaltigen oder umzubringen. Darum geht’s schon gar nicht mehr. Es geht um die Suche nach den Eltern, die nicht da sind. (…) Rumänien ist ganz stark, ganz tolle, ganz viele Filme, die haben eine Dringlichkeit zu erzählen und eben nicht nur über die erste Liebe, die auch Thema ist, aber darüber hinaus gibt es ganz viel, ganz spannende Themen. "

Osteuropa ist stark in diesem Jahr. In wenigen Stunden wird sich zeigen, ob das auch die Kurzfilmjury so sieht.
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