Der Kritiker als Romanautor

Demut vor anderen Schriftstellern

Der Literaturkritiker Hajo Steinert
Der Literaturkritiker Hajo Steinert © dpa / picture alliance / Erwin Elsner
Hajo Steinert im Gespräch mit Joachim Scholl · 19.03.2015
Literaturkritiker Hajo Steinert hat's getan: Er hat selbst einen Roman geschrieben. Als Redakteur des Deutschlandfunks verreißt er zuweilen anderer Leute Bücher. Seinen eigenen Roman, versichert Steinert, habe er voll Demut vor der Arbeit anderer Autoren geschrieben.
Nein, ein Pseudonym kam nicht in Frage für ihn: Hajo Steinert, Literaturredakteur und Kritiker beim Deutschlandfunk, hat nebenher immer schon viel geschrieben, über Fotografie und über Fußball, zum Beispiel. Nun also einen Roman - "Der Liebesidiot", die Geschichte der Amour fou eines professionellen Sprechers mit Bandscheibenvorfall.
Als Kritiker - darf der das? Das mögen manche Schriftsteller fragen. Und ist nicht diese Tatsache - nämlich selbst den Büchermarkt erobern zu wollen - nicht der Tod des Kritikers? Steinert räumt ein:
"Ja, das ist in der Tat ein Zwiespalt, in dem ich war. Während ich das Buch geschrieben habe - an Wochenenden, in den Ferien, das hat mich drei Jahre gekostet -, da ist es natürlich so, dass die Bücher, die man parallel dazu liest, qua Amt, sozusagen, ein bisschen immer hineinrutschen in die eigene kreative Tätigkeit."
Schreiben sei für ihn auch eine Art Emanzipation vom Diktat der Kritikerdasein. "Und wenn ich etwas gelernt habe, dann ist es Demut vor Schriftstellern - welche literarische Form sie wählen, wie sie an ihr Werk herangehen." Dadurch habe er mehr für sein eigenes Werk gelernt als durch seine Kritikertätigkeit.