Der Fall Jerofejew

Von Simone Unger · 09.07.2009
Lenin am Kreuz, Jesus als Mickey Maus – solche Motive sorgen in Russland nicht nur für Skandal. Sie können ins Gefängnis führen: Seit Juni steht in Moskau der Kurator Andrej Jerofejew vor Gericht. Die Anklage lautet auf Gotteslästerung und Volksverhetzung.
Anlass ist die Ausstellung "Verbotene Kunst 2006", die 2007 im Sacharow Museum in Moskau gezeigt wurde. Darin hatte Jerofejew all jene Werke präsentiert, die von den staatlichen Museen aussortiert worden waren.

Anstatt die Bilder aufzuhängen, versteckte Jerofejew sie – als Verweis auf die Praxis der Selbstzensur in der russischen Kunstszene - mussten die Besucher auf Bänke steigen um durch Gucklöcher einen Blick auf die 24 verbotenen Arbeiten werfen zu können.

Nun sind Jerofejew und der ehemalige Leiter des Sacharow Museums, Juri Samodurow angeklagt, nationalen und religiösen Hass geschürt zu haben. Die Strafanzeige geht auf den rechten Rand der orthodoxen Kirche zurück.

Die Bewegung "Narodni sobor (Volkskathedrale)", ein Dachverband von über 200 orthodoxen Organisationen, hat sich im März an die Moskauer Staatsanwaltschaft gewandt, um die Ausstellungsmacher zur Verantwortung zu ziehen.

Seit Anfang Juni läuft der Prozess. Wie lange und mit welchem Ergebnis ist ungewiss: Im Fall einer Verurteilung droht Jerofejew ein Bußgeld, maximal eine Strafe auf Bewährung.

Samodurow hingegen mehr: Bis zu fünf Jahren Haft könnte er bekommen, denn er ist mit einer ähnlichen Ausstellung mit dem Titel "Vorsicht Religion" 2003 bereits in Ungnade gefallen: Damals war er zu einer Geldstrafe von 100.000 Rubel (rund 2500 Euro) verurteilt worden.