Den Braten gerochen

18.04.2010
Vielen Menschen ist inzwischen klar: Wer Fleisch isst, der schadet der Umwelt. Denn die Tiere wollen gefüttert werden. Für Steaks braucht man erst mal Rinder und die fressen jede Menge Getreide. Oder es wird gar der Regenwald vernichtet, nur um Weideflächen zu erhalten, die unseren unersättlichen Fleischhunger stillen sollen.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war es die westliche Welt, die Industrienationen, die zwei Drittel der globalen Fleischproduktion verschlang. Heute ist es genau umgekehrt – jetzt landet nur noch ein Drittel in unseren Mägen. Denn jetzt können sich auch die Schwellenländer Fleisch leisten. Gleichzeitig ist auch die Produktion an Fleisch massiv angestiegen, in den letzten 50 Jahren hat sie sich verfünffacht. Und sie steigt weiter. Wie lange mag das noch gut gehen? Schauen wir uns doch mal die Daten an.

Denn es ist ja nicht nur die Produktion angestiegen – sondern auch die Effizienz. Früher brauchte man bis zu 10 Kilo Getreide für ein Kilo Fleisch, heute reichen dafür etwa 2,5 Kilo. Ein Grund dafür ist der züchterische Fortschritt, ein anderer beispielsweise die Praxis, das Futter mit gentechnisch erzeugten Aminosäuren aufzubessern. Aber da gibt es noch etwas, was bei diesen Bilanzen geflissentlich vergessen wird: Getreide enthält ja nur wenig Eiweiß, Fleisch aber reichlich, noch dazu Eiweiß mit einem höheren biologischen Wert. Das Eiweiß ist aber der limitierende Faktor bei der Ernährung des Menschen.

Noch dazu taugt der Weizen, den die Rinder zu fressen bekommen, ja gar nicht für unser täglich Brot. Futtergetreide ist nicht backfähig – zuwenig Eiweiß. Den Wiederkäuern ist das egal: Sie verwerten in ihrem Pansen alles. Die Rinder züchten im Pansen allerlei Mikroben, und die verdauen sogar Stroh. Und diese Mikroben wiederum verdaut das Rind – Es lebt von dem Eiweiß der Bakterien. Der Mensch hat keinen Pansen und deshalb isst er Steaks oder Wurst oder Käse.

Das wichtigste Futtermittel von Wiederkäuern wie Rindern ist – man glaubt's kaum: schlichtes Gras. Wenn man die Steppen und die kühlen Regionen der Erde besiedeln will, dann kann man da halt keine Ananas oder Paprika ernten – da geht nur Weidewirtschaft – egal ob im Allgäu, der Prärie, dem Outback, der Pampa oder in Kasachstan. Egal wo, die Flächen, die für die Erzeugung von Rindfleisch genutzt werden, sind global betrachtet überwiegend Flächen, auf denen seit jeher nur Gras wächst – und nicht der allseits beschworene brandgerodete Urwald. Wenn die Rinder in den Ställen stehen, da erhalten sie vor allem Futtermittel, die für uns unverdaulich sind: Sie fressen Millionen von Tonnen an Weizenkleie, Erdnussschalen, Orangenabfällen, Biertreber oder Federmehl.

Es ist doch nicht der Braten, der die Versorgung der Menschheit mit Nahrung, mit Eiweiß gefährdet. Der Hunger auf dieser Welt wird heute ganz anders gesteuert, nämlich durch den Energiepreis. Denn Nahrungs- und Futterpflanzen taugen auch zur Erzeugung von Biodiesel und Bioäthanol. Wenn der Energiepreis hoch genug ist, dann landen sie nicht mehr auf dem Teller sondern in den Fermentern der Energieerzeuger. Auf unsere Versorgung mit Energie hat das fast keinen Einfluss, der Anteil der Bioenergie am Gesamtverbrauch ist verschwindend gering und wird es auch immer bleiben.

Aber die vier Millionen Tonnen Getreide, die in der EU jährlich verspritet werden, die werden dem Nahrungskreislauf komplett entzogen. Aber je mehr Ernten vom Acker verspritet werden, desto teurer wird die Nahrung. Und je höher der Preis, desto weniger Menschen können sich auf unserer Erde ausreichend Essen leisten. Und genau da liegt das Problem!

Natürlich bedeutet nicht jede Art der Fleischerzeugung gleich einen Nettogewinn – denn mancherorts wird tatsächlich der Regenwald abgeholzt, damit Weideflächen draus werden oder es wird extra Fisch gefangen, bloß um Fischmehl zu erzeugen. Aber global betrachtet bedeutet die Fleischerzeugung allemal einen Nutzen. Die populäre Vorstellung, es wäre besser, die Menschheit vegetarisch zu ernähren, ist ein Trugschluss. Lassen Sie sich also Ihr Steak vom Grill schmecken. Mahlzeit!

Literatur:
FAO: The State of Food and Agriculture: Livestock in the Balance. Rom 2009
Bickert C: Der Boom ist vorbei. DLG-Mitteilungen 2010; H.3: 88-89
Council for Agricultural Science and Technology: Animal Agriculture and Global Food Supply. Ames 1999