Demokratie und Demokratisierung

In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Flüchtlinge, darunter viele Frauen und Kinder, kommen am Hauptbahnhof in München an und gehen von Polizisten begleitet durch den Bahnhof.
Wie wollen wir als Gemeinschaft auf die globale Flüchtlingsbewegung reagieren? © picture alliance / dpa/ Andreas Gebert
Gäste: Zafer Senocak und Wolfgang Merkel · 19.12.2015
Die globale Flüchtlingsbewegung und die Bedrohung durch Terror - das sind beherrschende Themen dieses Jahres. Beide sind aber auch eine Herausforderung für die westlichen Gesellschaften. Wir müssen reagieren. Nur wie?
In diesem Jahr gab es aber auch andere wichtige Themen: Die europäische Krise, Griechenland, das Erstarken der Rechtspopulisten in Europa – auch in Deutschland mit Pegida und der AFD.
Auf dies alles müssen wir als Gesellschaft reagieren – nur wie? Wie offen können und wollen wir all dem gegenüber sein? In welcher Gesellschaft wollen wir leben?
Der Schriftsteller Zafer Senocak, Foto: Januar 2003.
Der Schriftsteller Zafer Senocak© picture-alliance / akg-images / Bruni Meya
Diese Themen beschäftigen auch Zafer Senocak. Der türkischstämmige Autor lebt seit seinem achten Lebensjahr in Deutschland; seit 1979 veröffentlicht er Gedichte, Essays und Prosa in deutscher Sprache und schreibt regelmäßig für Tageszeitungen. Dabei widmet er sich auch der Frage, was Deutschsein überhaupt bedeutet – besonders auch im Hinblick auf die Einwanderung. Wer gehört dazu, wer nicht? Wie gehen wir mit der Vielfalt in unserem Land um?

Neukölln muss Pegida aushalten

"Wir können nicht verhindern, dass Menschen sich in die moderne, offene, pluralistische Gesellschaft schlecht einordnen."
Das sei auch in anderen Ländern Europas und bei den Muslimen so.
"Wichtig ist, dass die Demokraten und diejenigen, die die offene Gesellschaft befürworten, zusammenstehen und auch ein Gespräch suchen."
Auch mit Rechtspopulisten müsse man immer wieder diskutieren: "Die müssen lernen, Neukölln auszuhalten – und Neukölln muss Pegida aushalten."

Demokratie muss flexibel sein

"Demokratie darf nichts Statisches sein", sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel, Direktor der Abteilung Demokratie und Demokratisierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
"Demokratie muss sich anpassen können, flexibel sein, offen für die Herausforderungen."
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Der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel© Foto: WZB / David Ausserhofer
Es reiche nicht, sie in Sonntagsreden zu beschwören; sie müsse gelebt werden – von allen. Und die Politik müsse die entsprechenden Rahmenbedingungen stellen. Angesichts der aktuellen Flüchtlingsdebatte dürfe man die hausgemachten Probleme nicht vergessen:
"Es gibt einen Teil der Gesellschaft, der sich nicht mehr repräsentiert fühlt – oder die sagen: Wir wollen in einer anderen Gemeinschaft leben. Es gibt leider die unangenehme Empirie: Je heterogener eine Gesellschaft ist, desto geringer ist das Vertrauen von Bürger zu Bürger."
Die Herausforderung bestehe darin, dieses Vertrauen zu schaffen – vonseiten der Gesellschaft und jedes Einzelnen.
Informationen im Internet:
Über Wolfgang Merkel
Literaturhinweis:

Zafer Senocak: "Deutschsein. Eine Aufklärungsschrift", Edition Körberstiftung, 2011
Zafer Zenocak: "In deinen Worten. Mutmaßungen über den Glauben meines Vaters", Babel Verlag Tulay München, es erscheint Anfang Januar 2016
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