Debütalbum von Phia

Kalimba trifft Pop

Albumcover: "The Ocean of Everything" von Phia (Ausschnitt)
Albumcover: "The Ocean of Everything" von Phia © Labelship / Broken Silence
Von Kerstin Poppendieck · 29.08.2016
Die Kalimba ist ein traditionelles Instrument aus Afrika. Die australische Musikerin Phia macht mit dem kleinen Daumenklavier allerdings wundervolle Popmusik – findet unsere Autorin Kerstin Poppendieck. Sie hat sich im Berliner Funkhaus in der Nalepastraße mit Phia getroffen, wo sie auch ihr Debütalbum aufgenommen hat.
Das Funkhaus Nalepastr. Ein beeindruckender Ort. Ehrfurcht einflößend und gruselig zugleich. Zu DDR-Zeiten hatte hier der Rundfunk der DDR seinen Sitz. Heute wirken viele Gebäude baufällig und verlassen. In manchen Häusern gibt es aber immer noch Tonstudios. Sting hat hier schon Aufnahmen gemacht, auch die Black Eyed Peas. Ich laufe durch ein dunkles Treppenhaus. Elektrisches Licht gibt es nicht. Alles wirkt verlassen. Bis es links in ein kleines Tonstudio geht. Hier hat die australische Musikerin Phia ihr Debütalbum aufgenommen.
Das wichtigste Instrument dabei: eine Kalimba.
"Mir gefällt, dass man sie in den Händen hält und die Vibrationen spürt. Eigentlich ist es ja nur ein Stück Holz mit Metallzähnen. So klingt es, wenn ich die Tonleiter spiele. (spielt) Es klingt so verträumt und zauberhaft."

Eines der traditionellen Instrumente Afrikas

Metallzähne nennt Phia die Lamellen der Kalimba – eines der traditionellen Instrumente Afrikas. Naheliegend wäre jetzt natürlich eine Geschichte, wie Phia in den Urlaub zum Beispiel nach Tansania fährt, dort eine Kalimba hört und mit nach Hause nach Australien nimmt. So war´s aber nicht.
Irgendeine australische Indie-Pop Band hatte sie gesehen, und die haben eine Kalimba verwendet. Phia war begeistert, hat sich eine Kalimba über´s Internet bestellt und von da an, war das Klavier abgeschrieben.
"Am Anfang hab ich die Kalimba immer nach Gehör gespielt. Das hat wirklich Spaß gemacht. Mit dem Klavierspielen hab ich angefangen, als ich vier war. Ich hab also ein großes Theoriewissen, weiß alles über Akkorde und Tonleitern. Deshalb hat es sich manchmal sehr mathematisch angefühlt, wenn ich auf dem Klavier komponiert habe. Als ich dann angefangen habe, Kalimba zu spielen, hat mir das Klavierspielen erstmal geholfen, denn bei beiden Instrumenten nutzt man seine Daumen."

Von Melbourne nach Berlin

Vor fünf Jahren zog Phia von Melbourne nach Berlin. Im Gepäck natürlich ihre Kalimba. So ungewöhnlich die Kalimba in der Popmusik ist, so ungewöhnlich ist auch Phias Musik. Wenn sie ihre Songs in kleinen Berliner Bars spielte, haben ihr die Leute zugehört. Diese Aufmerksamkeit gab ihr Selbstvertrauen, und sie komponierte weitere Songs. Das wichtigste Gerät dabei: ihr Loop Pedal. Ein kleines Pedal, bei dem man mit dem Fuß eine Aufnahmefunktion starten und stoppen kann.
"Ich hab hier mein Loop-Pedal. Auf der Rückseite meiner Kalimba hab ich ein sehr gutes Mikrofon befestigt, das mit dem Pedal verbunden ist. Wenn ich dann das erste Riff spiele, starte ich die Aufnahmefunktion des Loop-Pedals. Nach dem Riff stoppe ich es wieder ,und dann wird dieses Riff als Dauerschleife wiedergegeben. Das klingt so. (spielt) Eine sehr witzige Art Musik zu machen."

Geistiges Wohlbefinden und Harmonie

Eingängige Harmonien, satt und warm – dazu eine klare, helle Stimme, die von Freundschaften, Liebe, Familie und sich selbst singt. Geistiges Wohlbefinden und Harmonie sind ihr wichtig, erzählt Phia. Das hört man auch in ihrer Musik.
Selbst wenn sie Coversongs auf ihrer Kalimba spielt, klingen die oft romantischer und sanfter als das Original.
"Einer der allerersten Coversongs, den ich gespielt habe war 'Paperplanes' von M.I.A. Das spiele ich auch heute noch gerne. Dieser Song basiert ja auf einem Gitarren-Riff von The Clash. Diese Akkorde hab ich als Grundlage genommen. (spielt) Ich hab es etwas abgewandelt."

Zauberhaft geheimnisvoller Klang

Ungefähr 10 mal 15 cm groß ist Phias Kalimba. So groß wie eine Postkarte und speziell für westliche Musik angefertigt. In Afrika sind Tonleitern anders aufgebaut, erzählt Phia. Mit einer traditionellen Kalimba aus Afrika könnte sie ihre Musik nicht spielen. Sie legt ihre Daumenkuppen auf die Lamellen, und schlägt sie dann mit dem Daumennagel an. So entstehen die Töne, die den zauberhaft geheimnisvollen Klang ihrer Musik ausmachen:
"Ich finde, die Kalimba gibt meiner Musik so ein Nicht-von-dieser-Welt-Gefühl. Grundsätzlich ist meine Musik Pop. Aber die Kalimba bringt einen ganz neuen Klang hinein. Und Kalimba und Loop-Pedal passen perfekt zusammen, weil sich die Kalimba sich ideal loopen lässt. Und gleichzeitig hat sie diesen Harfen-Nachklang (spielt) Das zusammen kreiert einen tollen Klang, über dem ich singen kann."
Jeder Topf findet seinen Deckel heißt es doch. Bei Phia sind Topf und Deckel ihre Stimme und die Kalimba. Ein beeindruckendes Paar.
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