Debüt im Deutschlandradio Kultur

Vokalensemble "La Lira di Orfeo" erstmals in Berlin

Ensemble "La Lira di Orfeo"
Ensemble "La Lira di Orfeo" © Alessandro Losi
24.09.2014
Die Vokalkunst der Renaissance und des Frühbarock ist vielgestaltig und kurzweilig. Das italienische Vokalensemble "La Lira di Orfeo" gehört zur Zeit zu den besten jungen Formationen für dieses Repertoire. Für ihr Berlin-Debüt haben die Musiker um den Countertenor Raffaele Pè sich auf die Spuren eines damaligen Superstars begeben.
Das Konzert ist eine Hommage an den Lebensweg und das musikalische Schaffen des Sängers Gualberto Magli (gestorben 1625). Es besteht aus einer Sammlung von Madrigalen aus dem Repertoire, das er im Laufe seiner Karriere aufgeführt hat. Magli sang in der Uraufführung der Oper "L'Orfeo" von Claudio Monteverdi die Rollen der Musica, der Proserpina und wahrscheinlich sogar noch eine dritte Rolle, die der Speranza.
Gualberto Magli reiste als bewunderter Sänger und Harfenvirtuose durch ganz Europa. Er gehörte zunächst zur Florentiner Schule unter Giulio Caccini. Danach arbeitete Magli mit Claudio Monteverdi in Mantua, anschließend folgte ein Aufenthalt in Neapel, wo er seine Instrumentalpraxis, insbesondere sein Harfenspiel vervollkommnete. Schließlich arbeitete Magli im Dienste des Kurfürsten von Brandenburg, Johann Sigismund. Die wenigen aber wertvollen Informationen über das Leben von Gualberto Magli erlauben uns, eine außerordentliche Epoche des italienischen Musiklebens zu rekonstruieren, in der die gerade entstehende Praxis der Monodie parallel neben der älteren kontrapunktischen Tradition des polyphonen Repertoires gepflegt wurde.
Die Werke, die wir für unser Konzert zusammengestellt haben, bewegen sich zwischen den damals bekanntesten musikalischen Formen, dem Madrigal in seinen reifen Beispielen von Luca Marenzio, Sigismondo d'India und Heinrich Schütz, und den damals aktuellen Experimenten mit dem neuen Konzept des „Recitar cantando". Das zeittypische Aufeinandertreffen der Stile lässt sich jedoch auch an den weniger bekannten Werken des Programms beobachten. Die musikalische Welt Neapels wird repräsentiert von der Sammlung von Girolamo Montesardo – dem ersten Beispiel des neuen florentinischen Stils auf neapolitanischem Boden. Sie enthält damals moderne Stücke wie die Canzone mit Echo "Hor che la nott'ombrosa" und Stücke im traditionelleren Stil der Villanella wie das Stück "O felice quel giorno" von Francesco Lambardi. Analoges passiert in der Musik von Johann Nauwach. Der Komponist und Theorben-Spieler stammte aus Brandenburg, verbrachte aber einige Jahre in Italien. Er veröffentlichte die erste Sammlung von Solo-Arien mit Continuo-Begleitung im deutschsprachigen Raum. Wir finden darin Strophenlieder wie das wunderschöne "Jetzund kömpt die Nacht herbey" und Stücke im Stil des „Recitar cantando" wie "Tempesta di dolcezza" und "Amarilli", die explizit Giulio Caccini und dem Florentiner Stil gewidmet sind.
Um die Figur des Gualberto Magli lässt sich also ein ganzes Netz von Musikern gruppieren, die zu Beginn des frühen 17. Jahrhunderts ihren Beitrag zur Entstehung einer allgemeinen musikalischen Sprache geleistet haben. Vor allem ist hier Claudio Monteverdi zu nennen. Die Musik seiner Oper "L'Orfeo" hat nicht nur unauslöschliche Spuren im künstlerischen Leben von Gualberto Magli hinterlassen, sondern seine ganze Generation und auch noch die folgenden nachhaltig beeinflusst. Unsere „Reise mit Gualberto Magli" ist ein Ausflug in eine außerordentlich fruchtbare Epoche der italienischen Musik.
(Text: Chiara Granata und Raffaele Pè)
Am 24. September im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin
„Eine Reise mit Gualberto Magli"
Luca Marenzio
Intrada "Solo et pensoso" aus dem Madrigalbuch Nr. 9
Giovanni Bardi
"Lauro Ohimé, lauro ingrato"
Francesca Caccini
"Dispiegate guancie amate"
Giulio Caccini / Johann Nauwach
"Amarilli mia bella!"
Claudio Monteverdi
"Cruda Amarilli", aus: Madrigalbuch Nr. 5
Johannes Heironymus Kapsperger
Toccata arpeggiata für Theorbe solo
Johann Nauwach
"Jetzund kömpt die Nacht herbey"
"Tempesta di dolcezza"
Heinrich Schütz
"O dolcezze amarissime d'amore"
ca. 21.00 Uhr Pause
Giovanni Maria Trabaci
Toccata seconda für Harfe solo
Girolamo Montesardo
"Hor che la nott'ombrosa"
Francesco Lambardi
"O felice quel giorno"
Claudio Monteverdi
Auszüge aus der Oper „L'Orfeo"
Sigismondo d'India
"Dispietata Pietate"
Claudio Monteverdi
Auszüge aus der Oper „L'Orfeo"
"T'amo mia vita", aus: Madrigalbuch Nr. 5
La Lira di Orfeo:
Francesca Boncompagni – Sopran
Raffaele Pè – Countertenor, Leitung
Andrés Montilla-Acurero – Quintus
Alberto Allegrezza – Tenor
Gianluca Buratto – Bass
Chiara Granata – Tripelharfe
Franco Pavan – Theorbe
SENDUNG am 26.September 2014 um 20.03 Uhr im Konzert im Deutschlandradio Kultur