Debatte über Syrien-Flüchtlinge in den USA

Republikaner nutzen Pariser Anschläge für Wahlkampf

US-Präsident Barack Obama im Presseraum des Weißen Hauses. Er gestikuliert.
Politische Gegner haben Präsident Barack Obama dazu aufgefordert, keine syrischen Flüchtlingen mehr in den USA aufzunehmen © Ron Sachs, dpa picture-alliance
Von Marcus Pindur, USA-Korrespondent Deutschlandradio · 19.11.2015
In den USA gibt es nach den Pariser Terroranschlägen eine heftige Debatte. Man streitet über die richtige Strategie gegen den IS und die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen. Präsident Obama bewertet die Haltung der Republikaner als durchsichtiges Manöver.
Die Obama-Administration kündigte vor zwei Monaten an, sie wolle bis zum Ende nächsten Jahres zusätzlich 10.000 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. Dagegen gab es keinen Widerspruch. Bis zum letzten Wochenende.
"I think not even orphans under five should be admitted."
Er würde nicht einmal ein fünfjähriges syrisches Waisenkind in seinem Bundesstaat, in New Jersey, aufnehmen, verkündete der republikanische Gouverneur und Präsidentschaftsanwärter Chris Christie. Er hatte sich am Wochenende nach den Pariser Anschlägen mit zwei Dutzend weiterer republikanischer Gouverneure getroffen und den Präsidenten aufgefordert, keine Flüchtlinge aus Syrien mehr aufzunehmen – aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Barack Obama geißelte dies umgehend als durchsichtiges Wahlkampfmanöver.
"Wir sind neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen. Aber darum geht es nicht in dieser Debatte. Es geht darum billige politische Punkte zu machen."
Abstimmung über Gesetzesentwurf
Heute wird im Repräsentantenhaus über einen Gesetzesentwurf abgestimmt, in dem eine Aussetzung der Aufnahme syrischer Flüchtlinge gefordert wird. Amerika habe Neuankömmlinge immer mit offenen Armen begrüßt, so der neue Sprecher der unteren Kongresskammer, Paul Ryan, aber:
"Wir können nicht zulassen, dass Terroristen unsere Großzügigkeit ausnutzen und sich unter die Flüchtlinge mischen. Wir sollten in diesem Fall lieber auf Nummer sicher gehen."
Die Möglichkeit, die Ryan andeutet, ist jedoch eher eine theoretische denn eine wahrscheinliche. Seit 1975 haben die USA allein 3,5 Millionen Flüchtlinge aus aller Herren Länder aufgenommen. Von diesen 3,5 Millionen Flüchtlingen hat sich nachweislich kein einziger jemals an einem Terroranschlag beteiligt.
Umfangreiche Sicherheitsüberprüfung von Flüchtlingen
Darüber hinaus werden die Flüchtlinge in einem umfangreichen Verfahren, dass ein bis zwei Jahre dauert, vom Heimatschutzministerium sicherheitsüberprüft. Die Hälfte der Bewerber für das amerikanische Flüchtlingsprogramm wird von vornherein abgewiesen. Besonders gefährdete Gruppen und Familien mit Kindern werden bevorzugt behandelt.
Es gebe deshalb keinen Grund, das Flüchtlingsverfahren für die Syrer auszusetzen, so CIA-Chef John Brennan.
"Wir sind als Land stolz darauf, Menschen aus aller Welt willkommen zu heißen. Und wir sollten den Werten gerecht werden, die unser Land großartig gemacht haben."
Das Vorgehen gegen die Terrormiliz IS
Unterdessen gerät das Vorgehen Obamas gegen die Terrormiliz IS zunehmend in die Kritik, so zum Beispiel von Seiten der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein.
"Ich habe die Berichte über den IS alle gelesen. Der IS ist nicht auf dem Rückzug, sondern auf dem Vormarsch."
Ein unverhohlener Angriff auf Präsident Obama, der noch vor einer Woche gesagt hatte, der sogenannte Islamische Staat sei eingedämmt und auf dem Rückzug.
Das findet auch in der Presse ein Echo. In einem Editorial der "Washington Post" heißt es, die Politik Obamas, immer nur zentimeterweise sein Engagement in Syrien auszuweiten, zeige keinerlei Wirkung.
Wie eine mögliche Kooperation der USA mit Russland gegen den IS aussehen könnte, blieb auch nach dahingehenden Avancen Obamas unklar. Würde Obama von seiner Forderung abrücken, der syrische Diktator Assad müsse als Voraussetzung eines nachhaltigen Friedens in Syrien abtreten, dann würde dies einer 180-Grad-Wende der amerikanischen Politik gleichkommen. Dass die Obama-Administration dazu in der Lage wäre, will jedoch auch niemand in Washington ausschließen.
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