DDR-Denkmal in Berlin

Hallo Lenin!

Der Lenin-Kopf - aus rotem ukrainischem Marmorgranit, 1 Meter 70 groß, knapp vier Tonnen schwer, lag 23 Jahre lang zusammen mit den restlichen 110 Granitblöcken vergraben in einer Berliner Kiesgrube.
23 Jahre war der Lenin-Kopf aus Marmorgranit in einer Kiesgrube vergraben. © Deutschlandradio / Susanne Arlt
Von Susanne Arlt · 10.09.2015
Nach fast 24 Jahren in der Erde ist der tonnenschwere Berliner Lenin-Kopf am Donnerstag ausgegraben und ins Museum nach Spandau gebracht worden. Das Granithaupt des russischen Revolutionärs war bisher in einem Waldstück am südöstlichen Stadtrand Berlins vergraben.
Bis zum November 1991 durfte der steinerne Riese in Ost-Berlin recht ernst dreinschauen, mit einer steinernen Fahne im Rücken. Aber nach dem Mauerfall wurden Stimmen laut, vor allem von Seiten der Jungen Union, dieses Staats-Denkmal der früheren DDR entfernen zu lassen. Der schwarz-rote Senat unterstützte die Pläne. Nach Protesten und Prozessen wurde das Denkmal in mehr als 110 Granitblöcke zersägt.
Zuerst wurden die steinernen Brocken in ein Waldstück in den Müggelheimer Forst gebracht und blieben dort offen liegen. Man hoffte wohl, es würde Gras über die ganze Sache wachsen... Dem war aber nicht so: immer mehr Schaulustige kamen, manche mit der Hacke, irgendwann fehlten dann auch das Stück vom Ohr und der Teil vom Bart. Darum entschloss man sich, den steinernen Riesen richtig verschwinden zu lassen, legte ihn in eine still gelegte Kiesgrube und schaufelte drei Meter Bauschutt und Sand darüber.
Angeblich wusste man nicht, wo das Lenindenkmal lag
Im Juli 2009 wurde bekannt, dass die Museumschefin der Spandauer Zitadelle, Andrea Theissen, Lenins Kopf gerne ausgraben lassen möchte, um ihn in einer Dauer-Ausstellung zu zeigen. Für sie sind Denkmäler Zeugen der Vergangenheit, die man nicht einfach in irgendeinem Depot verstauben lassen sollte. Die Ausstellung trägt den Namen "Enthüllt – Berlin und seine Denkmäler" und wird vermutlich im kommenden Frühjahr eröffnet. Dort wird thematisiert, wie die jeweils herrschenden Klassen mit alten Denkmälern verfahren haben, die ihr eben nicht mehr opportun erschienen. Insgesamt sollen 100 Büsten und Statue gezeigt werden, die das Berliner Stadtbild seit dem 18. Jahrhundert bis zur Wiedervereinigung prägten – aber in Depots verschwunden sind oder so wie Lenins Statue einfach vergraben wurden.
Dass der Lenin-Kopf nicht fehlen darf, war Andrea Theissen von Anfang an klar, denn aus ihrer Sicht dokumentiert er besonders gut, wie die Denkmalkultur und die Konzepte in der DDR-Zeit ausgesehen haben, ja der Personenkult, das Monumentale, die deutsch-sowjetische Freundschaft – das alles manifestiert sich in diesem Denkmal. Und zugleich ist dieser Kopf ein Symbol dafür, was nach der Wiedervereinigung mit solchen Zeugnissen der Geschichte passiert ist. Darum wird er für die Ausstellung auch nicht rekonstruiert, die vier Metallschrauben in seinem Kopf, die man für den Abtransport dort hinein montiert hatte, bleiben drin. Und er wird so präsentiert, wie er am Fundort vorgefunden wurde, auf der Seite liegend. Denn auch diese Details sind ein Zeugnis der Geschichte.
Arbeiter einer Spezialfirma sichern in einem Waldstück am Müggelsee in Berlin den an einem Kran hängenden Kopf einer Lenin-Statue.
Arbeiter einer Spezialfirma sichern in einem Waldstück am Müggelsee in Berlin den an einem Kran hängenden Kopf einer Lenin-Statue.© picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm
Kehrtwende des Senats nach zahlreichen Protesten
Im August 2014 aber entschied der Senat, den Kopf nicht freizugeben. Angeblich weil man nicht wusste, wo das Lenindenkmal lag, was aber wohl eine Notlüge war, und man führte Denkmalschutzgründe an. Die Denkmalschutzbehörde sprach sich nämlich dafür aus, das Denkmal in seiner Gänze zu heben oder eben dort zu belassen. Also technisch zu kompliziert und viel zu teuer. Was folgte waren zahlreiche Proteste von Kunst- und Kulturwissenschaftlern. Der Senat machte nur einen Monat später Kehrtwende und gab Kopf dann doch frei. Was dann folgte, waren die Proteste der Naturschützer. In dem Areal lebt nämlich die gemeine Zauneidechse – ein geschütztes Tier und die Auflagen für den Naturschutz sind hoch. Da die Echse einen langen Winterschlaf hält, konnten die Tieren erst im Sommer eingesammelt werden – sechs Stück an der Zahl. Gekostet hat das Bergungsverfahren insgesamt 72.000 Euro.
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