Datenschutz

Neue Debatte über Vorratsdatenspeicherung

Lange Reihen von Lichtern laufen in der Mitte des Bildes zusammen. Es zeigt ein automatisches Lager für Magnet-Datenbänder in einem Nebenraum des Supercomputers "Blizzard" im Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg
Der EuGH will im Frühjahr über die Vorratsdatenspeicherung urteilen. © dpa picture alliance / Christian Charisius
12.12.2013
Ein kritisches Gutachten des Europäischen Gerichtshofs hat die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung neu entfacht. Der netzpolitische Sprecher der SPD, Lars Klingbeil, hofft, dass sich auch die künftige Bundesregierung mit dem Thema befasst.
Der Streit um die Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ist nach einem kritischen Gutachten am Europäischen Gerichtshof (EuGH) neu entbrannt. Parteipolitiker, Datenschützer und Bürgerrechtler forderten die künftige Bundesregierung am Donnerstag auf, die EU-Richtlinie weiterhin nicht in deutsches Recht umzusetzen. Ein EuGH-Generalanwalt in Luxemburg bezeichnete diese zuvor als grundrechtswidrig. In seinem Votum war Pedro Cruz Villalón vor dem EuGH zu dem Ergebnis gekommen, dass die umstrittene Regelung von 2006 gegen die die Grundrechte der Bürger auf Privatheit verstößt und reformiert werden muss. Das Urteil des EuGH wird im Frühjahr erwartet. Zumeist folgt das Gericht den Gutachten seiner Generalanwälte.
Die EU-Richtlinie sieht vor, dass die Telekommunikationsunternehmen in der EU die Verbindungsdaten von Telefon- und Internetnutzern bis zu zwei Jahre zur Bekämpfung von Kriminalität speichern müssen - und das ohne konkreten Anlass.
"Es kann kein Weiter-so geben."
Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion sieht die Festlegung auf die Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag von Union und SPD als diskussionswürdig an. Er selbst sehe den "Punkt der Vorratsdatenspeicherung kritisch", so Klingbeil im Interview mit Deutschlandradio Kultur. Das sei ein wichtiges Thema für die Union gewesen, in der SPD sei es umstritten. Nach dem heutigen Tag sei klar: "Es kann kein Weiter-so geben." Jetzt würde das Urteil des EuGH abgewartet. "Uns steht grundlegende Debatte über Vorratsdatenspeicherung bevor und es darf da nicht zu Schnellschüssen kommen", so Klingbeil.
In Bezug auf die Haltung der Union sagte Klingbeil: "Wenn der Europäische Gerichtshof sagt, dass die Richtlinie rechtswidrig ist und geändert werden muss, dann gehe ich davon aus, dass auch die Kollegen der Union eine Einsicht haben und wir in Deutschland zu einer veränderten Position bei der Vorratsdatenspeicherung kommen."
Die Stellungnahme des Generalanwalts mache deutlich, "welche berechtigten Bedenken es gegen die Vorratsdatenspeicherung gibt."
Kritische Positionen in der SPD
Zur Kritik, die in Internetforen an dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel geübt wurde, dass er zum einen den weltweiten Appell von Schriftstellern zur digitalen Freiheit gelobt, andererseits mit einer möglichen großen Koalition die Vorratsdatenspeicherung einführen will, sagte Klingbeil: "Er hat die Schriftsteller eingeladen, um den Austausch zu suchen. Ich hoffe, dass wir durch so eine Diskussion zu einer Veränderung der Position kommen."
Kollegen in der SPD von seiner Meinung zu überzeugen bezeichnete Klingbeil als "nicht immer leicht". Diejenigen, die als Netzpolitiker unterwegs seien, nähmen kritische Positionen ein. Aber das es möglich sei, über gute Argumente und eine lange Diskussion die Position der SPD und auch im Bundestag zu verändern, dafür sei das Thema der Netzsperren, also der Zensur im Internet, vor vier Jahren ein Beispiel. "Ich glaube, Ähnliches kann uns bei der Vorratsdatenspeicherung auch gelingen. Das, was wir heute vom Generalanwalt gehört haben, ist in jedem Fall guter Rückenwind dafür."
"Gute Arbeit" des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar
Anlässlich des für den 17. Dezember bevorstehenden Ausscheiden des bisherigen Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar aus dem Amt, lobte Klingbeil Schaar: "Peter Schaar hat gute Arbeit gemacht." Er habe immer wieder wichtige Impulse gegeben, auch zum Thema Vorratsdatenspeicherung und NSA-Affäre.
"Wir brauchen in Deutschland einen starken Datenschutzbeauftragten, das haben gerade die letzten Monate gezeigt", so Klingbeil. Der SPD-Politiker sagte, er hätte sich gewünscht, dass man ihn - wie üblich - kommissarisch im Amt ließe, bis die neue Regierung im Amt sei, und dann ausführlich über mögliche Nachfolger diskutiere.
Dass die Brandenburger Rechtspolitikerin Andrea Voßhoff (CDU) laut einem Medienbericht vom heutigen Donnerstag Schaars Nachfolgerin werden soll, konnte er nicht bestätigen und wollte sie daher nicht kommentieren.
Mehr zum Thema