Das war unser RIAS

07.01.2006
"Als Kind kann ich mich erinnern, dass jeden Sonntag bei uns so eine kleine Völkerschar losgezogen ist, zu jemandem, der ein Radio hatte, und da wurde dann "Onkel Tobias" gehört. Das war natürlich ein Höhepunkt der Woche"
"Schlager der Woche habe ich immer unter der Bettdecke mit dem Transistorradio gehört. Durfte ich ja nicht, musste ja schlafen, weil ich morgens in die Schule musste."

"Für mich waren Sendungen wie "Wo uns der Schuh drückt" mit Ernst Reuter ebenso wie Günther Neumann mit seien "Insulanern" Ausdruck einer Zeit, in der uns der RIAS praktisch vor dem Inselkoller bewahrt hat."

Erinnerungen von Hörerinnen und Hörern an den RIAS. In diesen Tagen würdigt Deutschlandradio Kultur die Gründung seines legendären Vorgängersenders am 7. Februar 1946 mit einem umfangreichen Programmschwerpunkt von rund 100 Sendungen. Dazu gehören auch die vielen Erinnerungen, die die Hörer, aber auch die Programmverantwortlichen mit dieser einmaligen Radiostation verbinden.

"Wir haben als Jugendliche RIAS gehört. In der Schule bin ich deswegen oft angeeckt, weil ich Formulierungen hatte, die in der DDR nicht üblich waren." Eine Schicksalsfügung brachte Michael Hase, Jahrgang 1936, in den 60er Jahren zum RIAS: Als die Mauer am 13. August 1961 in Berlin errichtet wurde, war der gebürtige Ostberliner gerade im Westteil der Stadt. Der Student der Publizistik und Theaterwissenschaft blieb und begann am 1. Februar 1967 seine Laufbahn im RIAS, zunächst im damaligen Schulfunk, später als Kulturredakteur. "Es war eine tolle Zeit, besonders die 70er Jahre! In den Schulklassen-Gesprächen haben wir ´Gott und die Welt` gehabt. Nur nicht Mao und den Papst. Es war eine Möglichkeit, Jugendliche an die praktische Politik heranzuführen. Und wir waren damit ein Vorreiter in der Rundfunklandschaft."

Der spätere Leiter der Abteilung "Kultur aktuell" im Deutschlandradio Berlin erinnert sich aber auch an die schwierige politische Lage im Kalten Krieg. "Von offizieller Seite war der RIAS in der DDR tabuisiert. Das wurde erst 1972 nach dem Berlin-Abkommen entspannter. Da durften wir dann nach Antrag offiziell in die DDR einreisen. Vorher war das nur über Deckadressen möglich. Bei unseren Reisen waren aber auch immer Stasi-Offiziere dabei."

Diese Zeit ist auch Dr. Helmut Drück, dem letzten Intendanten des RIAS (von 1990 bis 1993) noch sehr präsent: "Bei den ersten ARD-Konferenzen mussten die RIAS-Vertreter noch in verplombten Zugwaggons anreisen, weil sie durch die ´Zone´ mussten.",

Der studierte Jurist, Jahrgang 1932, begann seine Rundfunklaufbahn 1965 beim WDR, unter anderem als Referent bei dem damaligen Fernsehdirektor Peter Scholl-Latour. Von 1972 bis 1980 leitete der die Intendanz, 1988 wurde er stellvertretender Fernsehdirektor. Auf internationalem Gebiet war der Medienmanager an der Gründung des deutsch-französischen Kulturkanals "arte" beteiligt. 1989 wurde er zum Intendanten des RIAS ernannt. Bis 1993 war er in die politischen Entscheidungen rund um die Fusion von RIAS und Deutschlandsender Kultur zu Deutschlandradio Berlin eingebunden, das am 7. März 2005 schließlich als Deutschlandradio Kultur zum nationalen Kulturprogramm aus- und umgebaut wurde.

"Das war unser RIAS - Erinnerungen an eine außergewöhnliche Radiostation"
Gemeinsam mit Helmut Drück und Michael Hase diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr in der Sendung "Radiofeuilleton – Im Gespräch" über die wechselvolle Geschichte des Senders. Hörerinnen und Hörer können mitdiskutieren und ihre persönlichen Erinnerungen beisteuern, per Telefon unter der kostenlosen Nummer 00800 / 2254 – 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen über den Programmschwerpunkt: "60 Jahre RIAS"