"Das Räuberische im Menschen ist immer da"

Lukas Hartmann im Gespräch mit Ulrike Timm · 16.07.2012
Die Geschichte und vor allem die Volkserzählung macht bei den großen Räubern einen Unterschied: Da gibt es die üblen Ganoven, die nur einsackten. Und es gibt die Räuberhauptmänner, die ihre Beute mit den Gebeutelten, den Armen teilten. Nach Einschätzung des Autors Lukas Hartmann fängt diese Legendenbildung allerdings auch meist erst nach dem Tod der Räuber an.
Mit den Taten, den Raubzügen Hannikels in Württemberg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, und mit der Unterstützung für ihn - oder zumindest der Duldung seiner Taten - deutete sich der Geist der französischen Revolution bereits an, meint der Autor des Romans "Räuberleben", Lukas Hartmann.

"Das war wirklich eine gute Zeit für die Räuber: In Württemberg herrschte große Armut: fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung hatten keine gültigen Papiere, waren also 'Papierlose'," sagte Hartmann im Interview. Damit fehlte vielen eine Perspektive und der Räuber Hannikel habe sich in dieser Zeit um sie gesorgt.

"Vom heutigen Standpunkt aus war er letztlich ein Kleinkrimineller. Was zum Beispiel der Herzog Karl-Eugen von Württemberg einstrich an Geld, an Gebühren, an Provisionen für den Verkauf von Soldaten, das übersteigt das, was Hannikel zusammenraubte um ein Hundertfaches."

Insbesondere bei Räubern fange die Legendenbildung nach dem Tod an. Allerdings: "Der Zusammenhalt der Bevölkerung gegenüber Hannikel war nicht übergroß. Er war gefürchtet und je weiter weg er war, desto mehr eignete er sich für Projektionen, so dass man auch sagen konnte: Ja, der hilft den Armen vielleicht auch, aber die Quellen geben da eigentlich keine klare Auskunft", schränkt der Autor die Sagen von der Fürsorge des Räubers ein.

Auch heute gebe es dieses räuberische Element, betont Hartmann: "Das Räuberische im Menschen ist immer da."

Das vollständige Gespräch können Sie bis mindestens 16. Dezember 2012 als MP3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Player nachhören.
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