Das intelligente Computerspiel

Von Michael Engel · 26.04.2007
Viele Computerspiele werden nach einer gewissen Zeit langweilig, weil die Aktivitäten der virtuellen Spielzüge absehbar werden. Eine Softwareschmiede in Saarbrücken will das nun ändern und versucht, den digitalen Akteuren eine Art künstliche Intelligenz einzuhauchen.
In den meisten Computerspielen sind die virtuellen Partner leicht zu durchschauen. Sie reagieren nach immer ähnlichen Mustern, vergessen dabei schnell und zeigen kaum Gefühle. Als Thomas Maier noch ein Junge war, hat ihn das aber noch nicht gestört.

"Also für mich persönlich, ich hab’ schon immer als Kind gern Computerspiele gespielt. Ich hab’ angefangen auf einem C64, den man vielleicht noch kennt. Dann den Amiga. Es ist einfach die Interaktion. Man hat relativ schnell auch ein Feedback über seine Handlungen - ein spannendes Gebiet."

Heute ist Thomas Maier 38, trägt einen Doktortitel in Physik, doch seine Begeisterung für Computerspiele ist geblieben. Nicht so sehr als Spieler, sondern als Programmierer.

Die Spiele-Entwicklung hinkt den Forschungsergebnissen der Künstlichen Intelligenz um 15 Jahre hinterher, urteilt Dr. Thomas Maier. Seit drei Jahren arbeitet der Chefentwickler bei X-aitment, einer Saarbrücker Softwareschmiede, daran, die Computerspiele mit künstlicher Intelligenz auszustatten.

"Üblicherweise wird bei vielen solchen Simulationen wie den Siedlern, den Figuren – auch den Nicht-Spieler-Figuren – ein Weg vorgegeben. Einen festen Pfad – und den laufen die ab. Und mit neueren Techniken ist es eben möglich, das sehr menschlich aussehen zu lassen. Auch wenn da mal etwas Dynamisches passiert, da kommt ein Pferd angeritten oder so etwas, dann weichen die da aus, ohne dass das vorher in Skripten festgelegt wird. Es wirkt also einfach natürlicher."

Um die Interaktion der Figuren untereinander "lebendiger" zu machen, setzt der Computerexperte so genannte "Multiagenten" ein, Programme, die jedem Akteur im Computer eine bestimmte Aufgabe zuweisen. Multiagenten versetzten künstliche Figuren in die Lage, wie Menschen miteinander zu kommunizieren und Rückmeldung zu geben, wenn etwas schief läuft.

Das so genannte "Multiagentensystem" steuert viele andere Programme, die für die Spielerfiguren zuständig sind. Durch die lenkende Hand wird die Interaktion der Figuren untereinander und auch im Wechsel mit menschlichen Spielern flexibler. In herkömmlichen Computerspielen dagegen absolvieren die Figuren eine Folge festgelegter Handlungen, die sich nach kurzer Zeit wiederholen. Ein mechanischer Eindruck entsteht.

"Jedes einzelne dieser System, dieser Agenten wie wir sagen, kann mit einem eigenen Wissen ausgestattet werden, kann mit eigenen Fähigkeiten ausgestattet werden, kann mit eigenen Aufgaben und Zielen ausgestattet werden und dann mittels dieses Multiagentensystems in eine Welt gesetzt werden – in eine künstliche Welt – und da ihre Ziele verfolgen mit den Fähigkeiten, die sie haben."

Die neueste Ausgabe des Simulationsspiels "Die Siedler" ist mit dem Multiagentensystem ausgestattet. Und auch der Hersteller eines Auto-Rennspiels kaufte das mehrere zehntausend Euro kostende Modul, um seine digitalen Akteure am Steuer "menschlicher" zu machen. Die digitalen Fahrer reagieren jetzt gereizter und lenken aggressiver, wenn sie gegen einen menschlichen Spieler verlieren. Das, so die Hoffnung, soll noch mehr Spannung erzeugen.

Künstliche Intelligenz wird auch die Szene der Killerspiele verändern: Bewaffnete Gegner werden unberechenbarer, heimtückischer, hinterlistiger. Im negativen Sinne "menschlicher". Von der gegenwärtigen Diskussion, dass Killerspiele verboten werden müssten, hält der Physiker aber nicht sonderlich viel.

"Also, diese Diskussion erübrigt sich eigentlich schon vom Ansatz her. Man kann nicht schließen, nur weil jemand, der anderen Leuten Schaden zufügt, auch Computer gespielt hat, dass Computerspiele dafür verantwortlich sind. Das ist einfach ein Trugschluss. Also ich halte von dieser Diskussion eigentlich nichts."

Das speziell für Computerspiele entwickelten Verfahren kann aber auch in anderen Bereichen eingesetzt werden. So lässt sich mit Hilfe der "Multiagenten" das Fluchtverhalten von Fans bei einer Panik im Fußballstadion simulieren. Ein Verkehrschaos, das durch mehrere Baustellen entstehen kann. Und: Kriegerische Auseinandersetzungen.