Das Generationengedächtnis

Von Martin Reischke · 04.03.2010
Eisenhüttenstadt erzählt wie kaum eine andere Stadt die Geschichte vom Aufstieg und Fall der DDR. Als sozialistische Planstadt erbaut, wächst Eisenhüttenstadt schnell zu einem Zentrum der DDR-Schwerindustrie. Auch heute gibt es noch ein hochmodernes Stahlwerk in der Stadt - doch vom Zukunftsoptimismus der Aufbaujahre ist wenig zu spüren.
"Immer dann, wenn Dinge passieren, die unsere Gegenwart und damit auch die Zukunft völlig verändern, fangen Sie an, ihre Vergangenheit umzuschreiben."

Erinnerung also. Gabriele Rosenthal kennt sich bestens damit aus. Seit vielen Jahren untersucht die Soziologin von der Uni Göttingen, wie der Lauf der Zeit das familiäre Gedächtnis formt und verändert – und warum dies geschieht.

"… also wie zum Beispiel in einer Familie über den Nationalsozialismus oder über den Zweiten Weltkrieg oder die Zeit in der der DDR, also wie darüber gesprochen wird, in welchen Situationen, was ausgelassen wird, was ein Tabu wird, das bestimmt auch unsere Gegenwart und natürlich damit auch unsere Zukunft.""

Wie aber wird über einen Staat gesprochen, den es nicht mehr gibt?
Was ist übrig geblieben von der DDR, 20 Jahre nach dem Mauerfall?
Nicht im öffentlichen Diskurs, sondern in der Erinnerung der Menschen, die in der DDR gelebt haben – und heute Bundesbürger sind.

Zum Beispiel Rudolf Culek. Culek, Jahrgang 1920, stammt aus einer Glasmacherfamilie in Fürstenberg an der Oder.

"Das war schon vorgezeichnet: Och, der wird Glasmacher, ich wollte immer gerne Gärtner werden, und da haben sie immer gesagt: Mensch, Gärtner, da verdienste doch einen Dreck, das ist doch nischt, na ja, und denn war selbstverständlich Glasmacher.""

Also geht Rudolf Culek nach der achten Klasse in die Glashütte, arbeitet dort fünf Jahre.

Dann ändert sich alles: Erst kommt der Krieg, dann die Gefangenschaft in Russland, schließlich die Rückkehr nach Fürstenberg. Auch mit der Arbeit in der Glashütte ist es bald vorbei – die Fabrik wird geschlossen, weil die Arbeitskräfte für den Aufbau der Schwerindustrie in der DDR gebraucht werden. Wenn Culek heute an die Zeit in der Glashütte zurückdenkt, fängt er an zu schwärmen.

"Angenommen, die hätten die Glashütte nicht zugemacht, dann wäre ich nie weggegangen da, Arbeitsatmosphäre, die war so schön in der Glashütte, unbeschreiblich, jeder hat jeden gekannt, seine Schwächen, seine Stärken …"

Stattdessen gehört Culek nun unversehens zum Gründungspersonal der ersten sozialistischen Stadt der DDR. In der Nähe von Fürstenberg entsteht ab 1950 Eisenhüttenstadt, das künftige Zentrum der Eisenverhüttung in der DDR.

Culek ist keiner, der mit Begeisterung vom Aufbau des Sozialismus erzählt. Für ihn bedeutet der neue Job im Eisenhüttenkombinat Ost – kurz EKO – vor allem eins: Mehr Geld.

"Ich habe auf Glashütte sagen wir mal im Monat 400, und hier bin in hingekommen als Hilfsschmelzer, hab 800 gehabt so ungefäh."

Karin Schink, 54 Jahre alt, ist die Tochter von Rudolf Culek. EKO und Eisenhüttenstadt sind für sie eins, daran wird sie sogar in ihrem neuen Einfamilienhaus erinnert.

"Ich war eigentlich nicht nur stolz auf die Stadt, sondern auch auf das Werk, und ich muss sagen, als wir hier in das Haus eingezogen sind, haben wir überlegt, ob wir dieses Haus hier nebenan nehmen oder dieses Haus hier, sind wir dann oben zum Badfenster gegangen hier und haben gesagt: Wir nehmen dieses Haus, hier sieht man das EKO."

Karin Schink ist in Eisenhüttenstadt geboren und aufgewachsen – und bis heute dort geblieben. Sie gehört zur ersten Generation, die in der DDR sozialisiert wurde. Ein Modell für die Zukunft also, genau wie die Stadt.

Lied vom Eisenhüttenkombinat Ost: "Wo Walzstraßen dröhnen und Hochöfen blühen, und wo der Konverterstrahl raucht
Da stehen wir vor Ort in beständigem Mühen, ein jeder dort wo man ihn braucht."

"Eisenhüttenstadt ist eine Stadt, die 1950/51 gegründet worden ist als genuine DDR-Gründung, es ist ein Modellprojekt, ein Musterprojekt, wie der Mensch im Sozialismus einmal würde leben können, wenn er denn lange genug und intensiv genug entwickelt wird, und deswegen ist diese Stadt zu Recht als Musterstadt charakterisiert."

Als Leiter des "Dokumentationszentrums für Alltagskultur der DDR" in Eisenhüttenstadt kennt Andreas Ludwig die Geschichte des Ortes – und dessen Vorbildcharakter, der anfangs für Bedingungen sorgte, von denen man andernorts nur träumen konnte.

"Die Stadtplanung Eisenhüttenstadts ist nach dem sowjetischen Modell einer neuen Stadt geplant worden: Das heißt, die Maxime Luft, Licht, Sonne, die sind sehr wichtig, also sozialhygienische Dinge, die Stadt ist sehr grün organisiert, die Wohnverhältnisse sind extrem gut für die Zeit, es gibt ab Mitte der 50er Jahre Zentralheizung, es gibt Bad, Innentoilette, die Wohnungen sind lichthell und ab 52 auch groß."

So kann sich auch die heute 88 Jahre alte Irmgard Culek noch lebhaft daran erinnern, wie sie die neue Wohnung in der Straße der Republik gemeinsam mit ihrem Mann Rudolf 1956 zum ersten Mal betritt.

"Kam ich rein hier, schön Korridor, und denn hier Tür aufgemacht, Parkett, da habe ich mir die Schuhe ausgezogen, denk ich: Mensch, Parkett, ohh! Gesehen hast du es zwar schon, aber hier sollst du drin wohnen? War ganz begeistert.""

Die Geschichten, die Irmgard Culek erzählt, klingen wie der wahr gewordene Traum kollektiven Zusammenlebens in der DDR.

"Wir hatten eine sehr gute Hausgemeinschaft, wir haben uns alle sehr gut vertragen, wir Frauen haben für die Kinder organisiert, Kinderfeste haben wir hier draußen gefeiert, alle rund rum die Kinder, die hier waren wurden eingeladen... Was meinen Sie, was hier los war: Alle Kinder wollten mitmachen."

Auch Culeks Tochter Karin Schink erinnert sich an eine unbeschwerte Kindheit.

"In einem Aufgang waren ungefähr zwölf Kinder, die alle zusammen gespielt haben, es war ein großer Spielplatz auf unserem Hof, Riesenflächen, wo wir uns bewegen konnten, große Bäume, wo wir raufklettern konnten, und da war immer was los gewesen."

Ganz ähnlich hat diesen Lebensabschnitt auch Culeks Enkelin Catherine im Gedächtnis, die in den 80er-Jahren in Eisenhüttenstadt aufgewachsen ist.

"Also an so viel erinnert man sich ja nicht mehr, aber in dem Sinne kann man sagen, war es eine schöne Kindheit gewesen, die Leute waren enger zusammen, also Kinder haben viel mehr miteinander unternommen, es war eben so ein mehr Zusammengehörigkeitsgefühl, es wurde auch mehr für die Kinder angeboten, also sei es Tanz-AG, Singe-AG, so was, war eben früher mehr als heutzutage."

Es ist diese Mischung aus kindlicher Unbefangenheit und kollektivem Gemeinsinn, von dem alle drei Generationen schwärmen - ein bekannter Topos, der immer wieder in den Erzählungen über die DDR auftaucht.

Rudolf Culeks Erinnerungsthema ist ein anderes: Er berichtet von seinem beruflichen Aufstieg durch Bildung, der prägend war für eine ganze Arbeitergeneration in der DDR.

"Und dann haben sie aufgerufen: Facharbeiterlehrgang. Habe einen Facharbeiterlehrgang gemacht und während Facharbeiterlehrgang haben sie mich angesprochen: Machen Sie doch einen Meisterlehrgang mit. Ich sage, ich habe doch noch nicht mal Facharbeiter. – Versuchen Sie’s, machen Sie’s!"

In nur zwei Jahren steigt Rudolf Culek vom ungelernten Arbeiter zum Meister auf, der für die Hochofenbeschickung zuständig ist. Dann soll sich Culek auch gesellschaftlich engagieren – er bietet seine Mithilfe bei Feuerwehr und Gewerkschaft an, doch die wird am Ende gar nicht gewollt.

"Keiner war, so viel Mut gehabt, dass sie gesagt haben: Mensch, deine Vergangenheit, können wir nicht machen! Und dadurch, da hat niemand gefragt: Willst in die Partei eintreten, oder willst du Kampfgruppe mitmachen, oder? Keiner. Ich war nicht würdig."
Kein Wunder: Im Zweiten Weltkrieg, so erzählt es Rudolf Culek, sei er erst zur Polizei gegangen, später habe man seine Division dann jedoch der SS unterstellt. Damit kommt Culek in der DDR für höhere gesellschaftliche Aufgaben nicht in Frage. Aus seiner Vergangenheit macht er kein Geheimnis – für Familienstreit sorgte die Geschichte trotzdem nicht, erzählt Tochter Karin Schink.

"Über dieses Thema wurde eigentlich wenig gesprochen, es hat eigentlich keine Rolle gespielt, es wurde nicht verheimlicht, aber es wurde einfach nicht angesprochen, spielte keine Rolle, man wusste ja nicht, wer auch zuhört, nicht, wer auch dabei ist, außerdem hatte sich na ja die Einstellung gewandelt, man wollte in dem Land leben, und man hat eben so gehandelt, wie es gefordert war.""

Doch auch zum Schweigen gehören zwei, sagt die Soziologin Gabriele Rosenthal. Einer, der nicht redet – und einer, der nicht fragt.

"Und es geht natürlich auch einher mit der Frage: Welches Recht haben wir, unsere Angehörigen nach Themen zu fragen, die mit Schuld verbunden sind... Es wird häufig so diskutiert wie, das ist so beim Nationalsozialismus, kann ich mir bei der DDR-Vergangenheit auch vorstellen, dann denkt man erstmal, dass die ältere Generation nicht spricht, aber gleichzeitig ist es so, dass die jüngere Generation auch Angst vor den Antworten hat, also dass sie nicht wollen, dass ihre Eltern oder Großeltern weggeguckt haben oder mitgemacht haben bei bestimmten Sachen, die heute als schuldhaft oder problematisch angesehen werden.""

Rudolf Culek zieht sich zurück in seine berufliche Nische. Als Hochofenmeister genießt er Anerkennung, auch wenn er keine gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen darf. Seine Tochter dagegen geht den üblichen Weg durch die Massenorganisationen der DDR: Jungpioniere, Thälmannpioniere, FDJ.

Karin Schink erinnert sich noch sehr genau an die Pionierzeit und die Gebote der Jungpioniere – schließlich war sie später auch als Grundschullehrerin an Pionierveranstaltungen beteiligt.

"Regeln sind ja immer wichtig für das Zusammenleben, und einige treffen da natürlich auch noch zu, wir helfen uns untereinander zum Beispiel war auch ne Regel, ja, sicherlich fand man einiges ein bisschen albern, weil Uniform wollte man nie so gerne haben, die Halstücher wurden auch nicht so in Ehren gehalten, wie das gefordert wurde."

Ihre Tochter Catherine, heute 30 Jahre alt, hat auch ein unbefangenes Verhältnis zu ihrer eigenen Pionierzeit.

"Ich sag mal so: Manchmal ist es schon komisch, wenn man eben darüber nachdenkt, dass man dann solche Thälmann-Lieder gesungen hat, weil als Kind wusste man ja gar nicht, um was es geht, aber dass ich das nun im Nachhinein als schlimm empfinde ... also ich kann eigentlich nur positive Sachen darüber sagen."

Für Catherine Schink endet die DDR-Erfahrung, als sie gerade einmal zehn Jahre alt ist. Dann fällt die Mauer. Zu diesem Zeitpunkt hat sich ihre Mutter Karin längst ihren Platz im DDR-System gefunden. Ihr politisches Erweckungserlebnis sind die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten, zu denen sie 1973 nach Ost-Berlin fährt.

"Man war in der Gemeinschaft zusammen, es war erstmal schön, da bei Leuten untergebracht zu sein, war sehr schön, man wurde herzlich begrüßt, und das war eigentlich immer so eine schöne Gemeinschaft gewesen, immer unter dem Motto Frieden."

Lied: "Überall, wo unser Weizen blüht,
überall, wo man uns wachen sieht,
weiß man genau, worum es geht,
um Frieden und Freundschaft und Solidarität,
wir sind dabei, wo es auch sei, wir machen jetzt die Geschichte …"

"Wir sind dann bei verschiedenen Demos gewesen, ja das war einfach Frieden, Freundschaft, Solidarität war das Motto, und das fand ich eben gut und das hat mich so ergriffen, und ja, wir wollten Frieden, Freundschaft, Solidarität."

Nach den Weltfestspielen tritt Karin Schink in die SED ein. Ihr Vater ist nicht begeistert.

"Da war wahrscheinlich auch so ne Euphorie, ohh, und Partei und … Ich weiß es nicht, wie sie gedacht hat, groß geredet ... Ich glaube, eingetreten und dann hat sie gesagt, ich bin. … Ich habe zur Kenntnis genommen, ändern konnte ich es sowieso nicht mehr."

Heute erzählt Karin Schink von geplatzten Hoffnungen und schnell verflogener Euphorie nach ihrem Eintritt in die Partei. Ihr Mann Hans-Ulrich, selbst nicht Mitglied der SED, erinnert sich an den Rückzug ins Private.

"Wir wollen uns das Leben so gut wie möglich einrichten, sicherlich in den Zwängen, die gegeben waren, aber in den Zwängen das Maximale möglich zu machen, eigentlich in die Nische gezogen, ich sage mal, wenn Demo war am 1. Mai oder so – na klar, da mussten alle hingehen, da konnte man sich schlecht entziehen."

Die Demo zum 1. Mai – aus Kindersicht vielleicht nicht mehr als ein Volksfest.

"Ich kann mich auch noch so an eine 1. Mai-Demonstration erinnern: Da war halt ein Transparent: "Nie wieder Onkel Tobias hören!" oder so was, und Onkel Tobias, das war halt so ne Sendung, Kindersendung im Rias gewesen, das haben viele noch gehört, und dadurch war auch immer diese Differenz: Man musste in der Schule überlegen, was man sagt, weil man teilweise zu Hause auch anders gelebt hat – eigentlich musste man mit zwei Meinungen aufwachsen."

Es gibt eine Episode im Leben der Familie Schink, die sowohl der Mutter als auch der Tochter in den Sinn kommt, wenn sie an die DDR denken. Es ist die kleine Geschichte einer Demütigung durch den Westen im eigenen Land.

"Wir waren mit der Tochter unterwegs, das war 1989 würde ich auch sagen, oder vielleicht ein Jahr davor, da sind wir in den Urlaub gefahren und haben dann an einem Rastplatz ne Pause gemacht, es war in der Sommerzeit, war ganz heiß gewesen, und ja wir haben dort unser Picknick ausgepackt und was gegessen, und dann kamen einige Leute mit Eis, und unsere Tochter, die war damals zehn Jahre ungefähr, die wollte dann auch gerne ein Eis haben."

Tochter Catherine ergänzt.

"Kann mich noch erinnern, wo wir damals mit meinen Eltern nach Ungarn gefahren sind, dass ich da dann auf dem Rastplatz jemanden gesehen habe aus Westdeutschland, der dann so ein Cornetto-Eis gegessen hat, und na gut als kleines Kind versteht man das natürlich nicht, dass man dieses Eis sich nicht kaufen kann …"

"Nun gab es dieses Eis aber nur im Intershop und wir hatten natürlich kein Geld, und nun mussten wir ihr erklären, wir können leider kein Eis ihr kaufen, weil wir dieses Westgeld nicht haben."

Für Karin Schink war der Intershop offenbar eine fast heilige Welt, deren Geruch noch heute alte Erinnerungen heraufbeschwört.

"Ja, wenn man in den Intershop kam, dann gab es ja dort Waschmittel zu kaufen und verschiedene Sachen, und es roch einfach unheimlich gut im Intershop, diese Weichspüler und Waschmittel, die es da gab oder Kaffee, das war einfach ein Geruch, den man mit dem Intershop verbunden hat, und manchmal, wenn man unterwegs ist, mal irgendwo vorbeikommt, und dann trifft man wieder diesen Geruch an, dann sagt man: Hier riecht es ja wie im Intershop."

Der kleine Matti, gerade einmal 16 Monate alt, kennt weder den Geruch vom Intershop noch die DDR. Er ist in der Bundesrepublik geboren, 19 Jahre nach der Wende, er wächst auf in Ostberlin, aber das ist ja nur noch eine geografische Bezeichnung heute, keine politische.

Was wird ihm seine Mutter Catherine einmal erzählen, wenn er sie nach ihrer Herkunft fragt?

"Dann sag ich: Frag Oma! (lacht) Ja, ist immer schwer, das dann zu erklären, weil wie gesagt, so alt war man nicht, man hat ja dann noch nicht so viele Sachen mitgekriegt, meine Kindheit dort war schön, kann ich jetzt so viel Negatives nicht sagen."

Und Oma, was wird Oma sagen? Karin Schink, 54 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in der DDR, Jungpionier und Thälmannpionier, FDJ und später SED-Mitglied. Wird sie sich nur an die unbeschwerte Kindheit und Jugend erinnern – oder wird sie auch von den Grenzen erzählen, an die man in der DDR stoßen konnte: Zum Beispiel beim Reisen, aber auch beim Reden und Diskutieren?

Kann es, darf es also sein, dass sich jemand auch positiv an die DDR erinnert – trotz Stacheldraht und Stasi? Natürlich, sagt die Soziologin Gabriele Rosenthal.

"Der Alltag in der DDR war je nachdem, wie sich die Leute positioniert haben und was sie erlebt haben unterschiedlich: Und jetzt stellt sich die Frage: Wer bestimmt dominant den Diskurs über den Alltag in der DDR?"

Sind es die, die unter der Diktatur gelitten haben?
Oder eher die Mitläufer und Günstlinge des Systems?

Es scheint immer, als gebe es nur zwei Positionen in dieser Diskussion: Die DDR als Diktatur – und die DDR als Sozialidyll. Jeder soll Stellung beziehen – auch wenn die Wahrheit vielleicht etwas komplizierter ist.

"Da kommt natürlich noch hinzu, dass dieses Sprechen über die Vergangenheit ganz stark bedingt ist durch die ungleiche Machtbalance zwischen West und Ost, also dass sich Ostdeutsche gegenüber den Vorstellungen der Westdeutschen über die DDR abgrenzen müssen, und es wäre mal eine interessante Überlegung, inwieweit das die Aufarbeitung der DDR-Geschichte auch extrem blockiert, also weil man es ja auch mit Stereotypen und zu starken Verallgemeinerungen, Pauschalisierungen zu tun hat, also was im Westen geäußert wird, und dass das vielleicht eine zu starke Abwehr produziert, sich mit der DDR-Vergangenheit auseinanderzusetzen, weil das machen ja die Anderen, die die Macht haben."

So sind 20 Jahre ins Land gegangen – aber die Erinnerungsarbeit hat gerade erst begonnen.