Das Baltikum hat viele Stimmen

02.03.2014
Wetten, dass Ihnen ein paar Begriffe wie von selbst in den Sinn kommen, wenn Sie an estnische Musik denken, ihre ganz besondere Befindlichkeit und Wesensart? Begriffe wie Ruhe, Meditation, Innerlichkeit oder universale Harmonie? Und wetten, dass Sie ins Stocken geraten, wenn Sie mehr als drei Komponisten nennen sollen, für deren Kunst diese Charakteristika durch und durch bestimmend sind?
Baltische Musik bringt der RIAS Kammerchor gemeinsam mit dem Ensemble Resonanz am 1. März 2014 um 20 Uhr im Kammermusiksaal der Philhamonie Berlin zum Erklingen. Es dirigiert der Este Tõnu Kaljuste, Spezialist für zeitgenössische und insbesondere estnische Musik. Auf dem Programm stehen Werke der estnischen Komponisten Tõnu Kõrvits, Lepo Sumera und Arvo Pärt sowie Prayer, ein Kompositionsauftrag von RIAS Kammerchor und Latvijas Radio Koris an den lettischen Komponisten Pēteris Vasks. Das Hamburger Streichorchester Ensemble Resonanz führt eine neue Generation von Musikern und Künstlern zusammen und hat sich auch im Bereich der Neuen Musik einen Namen gemacht.

Pēteris Vasks vertonte ein Gebet zu Ehren von Mutter Teresa, das nun in Deutschland erstmals aufgeführt wird. Der 1946 geborene Vasks gilt unter den heutigen lettischen Komponisten als führende Persönlichkeit, der anstrebt, Bekenntnis- und Naturmusiker zugleich zu sein. Zentrales Motiv in seinen Werken ist das Nebeneinander des Unvereinbaren, wie Idylle und Terror. Von Arvo Pärt werden der instrumentale Cantus in Memory of Benjamin Britten zu hören sein sowie Adam's Lament, eine Vertonung von Worten des Heiligen Siluan von Athos über die Vertreibung aus dem Paradies. Für die Einspielung von Adam's Lament erhielt Tõnu Kaljuste im Januar 2014 mit seinen baltischen Ensembles den Grammy in der Kategorie Best Choral Performance.

Von Tõnu Kõrvits, geb. 1969, werden zwei Teile aus Kreek's Notebook erklingen. Das sind Kõrvits' Bearbeitungen von Volkschorälen, die der estnische Komponist Cyrillus Kreek kurz vor dem Ersten Weltkrieg an der westlichen Küste Estlands gesammelt hatte. Ein weiterer wichtiger estnischer Komponist ist Lepo Sumera, der 2000 verstarb. Er vertonte in seinem Concerto per voci e strumenti einen Text der estnischen Dichterin Doris Kareva, der sich als Klangspiel aus Wörtern, Namen, estnischen und lateinischen Satzfragmenten sowie Imitationen des Vogelgesangs erweist.

Die Verarbeitung von Naturtönen gilt als typisch für die Musik des Baltikums. Das chorische Singen wurde Teil der Emanzipation der drei Republiken in den politischen Umwälzungen am Ende des 20. Jahrhunderts. Das Konzert bietet Einblicke in estnische und lettische Kompositionen der letzten Jahrzehnte und findet statt in Kooperation mit Nordlichter - Festival for Nordic Music and Arts Berlin.
Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 01.03.2014

Tõnu Kõrvits
"Labyriths in seven Movements" für Streichorchester
Auszüge aus Kreek's Notebook (Teile 1 und 8)

Lepo Sumera
"Concerto per voci e stromenti" für Kammerchor und Streichorchester

ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Pēteris Vasks
„Prayer" für Chor und Streichorchester
(Deutsche Erstaufführung, Kompositionsauftrag
RIAS Kammerchor und Latvijas Radio Koris)
Arvo Pärt
„Cantus in memory of Benjamin Britten" für Glocke und Streichorchester
„Adam's Lament" für Chor und Streichorchester
Ensemble Resonanz
Leitung: Tõnu Kaljuste