Daniel Kehlmann über Günter Grass

Der dunkle Fleck

Der Schriftsteller Günter Grass während einer Lesung
Der Schriftsteller Günter Grass während einer Lesung © dpa / picture alliance / Tobias Kleinschmidt
Der Schriftsteller Daniel Kehlmann im Gespräch mit Jörg Magenau · 14.04.2015
Ohne Günter Grass wäre die Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit anders verlaufen, meint der Schriftsteller Daniel Kehlmann. Dass Grass selbst einen dunklen Fleck seiner Biografie lange verschwieg, mache ihn menschlich noch interessanter.
Günter Grass kommt nach Auffassung des Schriftstellers Daniel Kehlmann ein großes Verdienst zu: Er und andere Autoren der Gruppe 47 hätten dafür gesorgt, dass "Deutschland ein weniger in Vergessen und Wahnwitz und Verdrängung erstarrtes Land wurde". Der Prozess der Aufarbeitung der Vergangenheit wäre ohne Grass nicht derselbe gewesen, so Kehlmann. Über Grass' lange verschwiegene Mitgliedschaft in der Waffen-SS sagt Kehlmann: "Dass er selber auch diesen Fleck (hatte), über den er nicht gesprochen hat - das macht ihn als Figur, als Gestalt in seiner menschlichen Dimension eigentlich noch reicher und interessanter."
Daniel Kehlmann, deutscher Schriftsteller, aufgenommen am 03.03.2012 in Mainz.
Daniel Kehlmann, deutscher Schriftsteller, aufgenommen am 03.03.2012 in Mainz.© picture alliance / Erwin Elsner
Nur einmal sei er Günter Grass persönlich begegnet - kurz vor dem großen Erfolg seines eigenen Romans "Die Vermessung der Welt". Grass sei sehr offen und liebenswürdig gewesen und habe ihm einen Satz gesagt, an den er seither immer gedacht habe: "Er hat gesagt, jetzt beginnt die Zeit, in der jeder mehr über Sie weiß als Sie selber. Dieser Satz hat mir in den Jahren darauf sehr geholfen."
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