Dancehall und Homophobie

Schwulenhass im Offbeat

Patrick Helber, Autor des Buches "Dancehall und Homophobie"
Patrick Helber, Autor des Buches "Dancehall und Homophobie" © Deutschlandradio
Patrick Helber im Gespräch mit Martin Böttcher · 20.05.2015
"Dancehall" ist das populärste Genre in Jamaica. In den Texten geht es viel um Gewalt, Armut, Drogen, Kriminalität, aber eben auch um die aggressive Ablehnung von Homosexualität. Das sei ein Erbe der Kolonialherrschaft, meint der Autor Patrick Helber.
"Dancehall" bezeichnete ursprünglich die Tanzpartys der unteren Bevölkerungsschichten auf Jamaika. Später wurde Dancehall zum Begriff eines eigenen Genres mit seiner dazugehörigen Szene. Ihre Wurzeln hat die Musik im Reggae, jedoch geht es um ganz andere Themen: Gewalt, Armut, Drogen, Kriminalität - und eine vehemente, aggressive Ablehung von Homosexualität.
Über homophobe Inhalte in der Dancehall-Musik hat Patrick Helber ein Buch mit dem Titel "Dancehall und Homophobie/Postkoloniale Perspektiven auf die Geschichte und Kultur Jamaikas" geschrieben. Er meint:
"Diskurse im Dancehall sind die Fortsetzung von Diskursen, die ihren Ursprung in der Kolonialisierung und in dem Erbe des Kolonialismus in der jamaikanischen Gesellschaft haben."
Als Beispiel nennt Helber das "buggery law", das noch von der britischen Kolonialverwaltung erlassen wurde und Analverkehr unter Strafe stellt. Heute hat das Gesetz immer noch Gültigkeit und wird angewandt, um Homosexuelle zu diskriminieren.
Bei den Musikern werde aggressive Homophobie benutzt, um die eigene heterosexuelle Männlichkeit zu inszenieren. Allerdings würden sich jetzt die Dancehall-Musiker zweimal überlegen, ob sie homophobe Texte benutzen, nachdem vor ein paar Jahren eine weltweite Kampagne gegen Homophobie in den Dancehall-Texten losgetreten wurden, in deren Folge bekannte Dancehall-Künstler außerhalb Jamaikas nicht mehr auftreten konnten.
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