CSU

Seehofer überreizt sein Blatt

Horst Seehofer gestikuliert am Rednerpult.
Horst Seehofer © Imago/Sven Simon
Von Falk Steiner · 28.10.2015
Der CSU-Chef poltert in Sachen Flüchtlingspolitik in Richtung Berlin und droht mit dem Abzug von Ministern aus der Bundesregierung. Doch Seehofer hat nichts, mit dem er wirklich drohen könnte, meint Falk Steiner.
Gut vorbereitet auf alles sei er, poltert der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer aus München heraus in Richtung Berlin. Geradezu genüsslich lässt er Spekulationen Raum, was denn die Konsequenz sein könnte, wenn die beiden Mitkoalitionäre bei den nun anstehenden Gesprächen am Wochenende nicht auf seinen Kurs einlenken würden.
Will man womöglich die Busse von der deutsch-österreichischen Grenze unmittelbar weiterschicken? Das hieß es gestern. Widersprochen haben Seehofer und sein Innenminister nicht. Heute hieß es, Seehofer überlege den Rückzug seiner drei Minister Dobrindt, Schmidt und Müller, wenn die Koalitionspartner nicht am Wochenende auf seine Linie einschwenken würden. Seehofer dementiert ausdrücklich nicht. Und auch die Sprecher der Ministerien können nicht mehr sagen als: Unsere Minister machen alle ihren Job. Aber ob die Minister in wenigen Tagen noch Minister sind, das seien Parteifragen.
Für den Moment mag Horst Seehofers Vorgehen in Bayern und in der CSU auf Zustimmung stoßen. Doch der Applaus wird nur kurz währen, denn der bayerische Ministerpräsident hat nichts, mit dem er wirklich drohen, nichts, womit er die Mitkoalitionäre auf seinen Kurs zwingen kann. Noch kommen sie ihm entgegen, doch wann reißt bei ihnen der Geduldsfaden?
CSU und Bayern drohen beschädigt dazustehen
Nehmen wir Horst Seehofers Drohgebärden einmal ernst, seine theoretischen Spielchen. Was würde passieren, würde er die CSU-Minister aus dem Kabinett zurückzieht? Nichts. Denn Müller und Schmidt sowieso, Dobrindt etwas weniger, sind fast unsichtbar. Bloß die Infrastrukturabgabe, ursprünglich eine Seehofer-Forderung unter dem Namen Ausländer-Maut, die wäre wohl vom Tisch.
56 Abgeordnete stellt die CSU im Bundestag. Würde Seehofer die Koalition und die Fraktionsgemeinschaft aufkündigen, es passierte: eigentlich immer noch nichts. Es gäbe eine marginalisierte Grantlerfraktion einer Regionalpartei im Bundestag, SPD und CDU würden weiterregieren. Doch die CSU wäre die kleinste Fraktion im Bundestag, mit der wenigsten Redezeit und mit deutlich weniger Einfluss denn heute auf das tatsächliche Handeln.
Die einzige, die derzeit noch offensiv versucht, die bayerische Volkspartei in Berlin als ernsthaften Partner im Gespräch zu halten, ist die tapfer kämpfende Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Sie versucht, die Spekulationen über Konsequenzen, die Seehofer gären lässt, zu entkräften, wo sie nur kann. Doch das allein wird kaum reichen – am Ende drohen die CSU und Bayern beide beschädigt dazustehen.
Seehofer hat sein Blatt eigentlich jetzt schon überreizt, die Koalition kann auf die CSU deutlich besser verzichten als die CSU auf die Koalition, und alles, was Horst Seehofer am Wochenende gewinnen kann, ist etwas Symbolpolitik, die ihn nicht als Verlierer dastehen lässt. Doch Symbolpolitik, die braucht derzeit wirklich niemand, nicht in Bayern und nicht in Berlin.
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