Container-Schifffahrt

Dreckschleuder ade

Ein Containerschiff passiert den Panamakanal
Die Emissionen von Container-Schiffen ließen sich leicht reduzieren, sagt Daniel Rieger vom NABU. © picture alliance / dpa / Alejandro Bolivar
Daniel Rieger im Gespräch mit Dieter Kassel  · 01.06.2016
Containerschiffe bevölkern die Weltmeere - und produzieren dabei jede Menge Abgase. Die könnte man reduzieren, sagt Daniel Rieger vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Denn statt mit Schweröl ließen sich die riesigen Frachter auch mit Diesel betanken.
Heute beginnt offiziell das Jahr der Meere und Ozeane des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung. Das setzt sich zum Ziel, den größten Lebensraum der Erde besser zu schützen. Ein Problem sind dabei die Emissionen von Containerschiffen. Sie weisen zwar im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln eine geringere CO2-Bilanz auf. Dennoch sorgen sie für eine hohe Luftverschmutzung, sagt Daniel Rieger, Referent für Verkehrspolitik beim Naturschutzbund Deutschland (NABU).
Die Schiffe würden mit dreckigem Schweröl betrieben und verzichteten gänzlich auf Filtertechnik, so Rieger im Deutschlandradio Kultur.
"Dadurch sind die Emissionen von Russ, Feinstaub, Stickoxiden, Schwefeloxiden massiv in diesem Sektor."
Dabei gebe es eine gute Alternative:
"Das sind ja auch letztlich große Dieselmotoren an Bord der Schiffe. Und von daher kann auch Dieselmotoren wunderbar mit normalem Diesel füttern. Und man kann auch die Abgas-Technik einsetzen, die wir aus dem Straßenverkehr kennen - also einen Partikelfilter und einen Stickoxid-Katalysator und dann sind wir einen Großteil der Emissionenn tatsächlich auch los."
Bei einem Gremium der Vereinten Nationen werde zwar bereits über international gültige Abgas-Grenzwerte verhandelt. Aber:
"Dort ist die Lobby der Reeder sehr stark vertreten - und die blockieren letztlich, dass man hier schärfere Grenzwerte einführt."

Das Gespräch im Wortlaut:
Dieter Kassel: Heute beginnt ganz offiziell das Jahr der Meere und Ozeane des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, und wenn wir uns mal vorstellen, wir könnten aus diesem Anlass eine Karte zur Hand nehmen, die alle Weltmeere gleichzeitig zeigt, die aber genau genug wäre, dass man darauf auch noch die Schiffe erkennt, die im Moment unterwegs sind, dann würden einem, na sagen wir mal, Kreuzfahrtschiffe, Fischtrawler, Yachten und all diese normalen Dinge, an die man so denkt, kaum auffallen mengenmäßig.
Man würde im Wesentlichen Containerschiffe sehen, nicht nur, weil die viel größer sind als alle anderen, sondern weil von denen auch sehr viele unterwegs sind. Ungefähr 80 Prozent der weltweit gehandelten Waren werden mit Containerschiffen auf dem Seeweg transportiert. Und das ist eigentlich auch gar nicht schlecht so, denn der CO2-Ausstoß ist bei diesem Transportweg viel geringer als bei anderen. Das ist ein oft gehörtes Argument, das nicht gelogen ist, das einem aber auch nicht die ganze Wahrheit erzählt. Die wollen wir jetzt von Daniel Rieger hören. Er ist Referent für Verkehrspolitik beim NABU, dem Naturschutzbund Deutschland. Schönen guten Morgen erst mal, Herr Rieger!
Daniel Rieger: Guten Morgen!
Kassel: Eines weiß ich, Sie werden mir jetzt nicht erzählen, das wäre Quatsch mit der günstigen – relativ günstigen – CO2-Bilanz. Warum kann man trotzdem nicht einfach sagen, Containerschiffe sind komplett umweltfreundlich?
Rieger: Weil man sich tatsächlich, wenn man nur die Treibhausgasbilanz sich ansieht, eben den gesamten Bereich der Luftschadstoffemissionen ausblendet, und wir haben hier ein massives Problem: Die Schifffahrt fährt mit diesem dreckigen Schweröl, und sie verzichtet gänzlich auf Filtertechnik, und dadurch sind die Emissionen von Ruß, Feinstaub, Stickoxiden, Schwefeloxiden massiv in diesem Sektor.

Containerschiffe könnten auch mit Diesel fahren

Kassel: Schon wenn man das Wort Schweröl hört als Laie, stellt man sich ja so eine archaische, klebrige, eklige Masse vor. Das ist es ja mehr oder weniger auch. Wie kommt es denn überhaupt, dass sich da an diesem Treibstoff für Schiffe eigentlich seit Jahrzehnten nichts geändert hat?
Rieger: Das ist eigentlich eine interessante Entwicklung, die wir da beobachten konnten. Schweröl gab es in den 60er-Jahren nicht, und das hat dann wesentlich später Einzug gehalten. Das ist einfach ein Abfallprodukt aus den Raffinerien. Das müsste man hier an Land als Sondermüll entsorgen. Und die Raffinerien kamen irgendwann auf den Trichter, dass sie es ja auch der Schifffahrt verkaufen könnten und dann noch Geld dafür bekommen. Daraufhin wurden dann die Motoren in der Schifffahrt überhaupt erst ausgerüstet, dass sie dieses wirklich zähe, klebrige Zeug erwärmen, pumpen und dann am Ende verbrennen können.
Kassel: Gibt es denn keine Alternativen, oder geht es nur darum, dass das halt die billigste Methode ist, um solche Schiffe anzutreiben?
Rieger: Selbstverständlich gibt es eine wunderbare Alternative, die wir auch aus dem Straßenverkehr kennen. Das sind ja auch letztlich große Dieselmotoren an Bord der Schiffe, und von daher kann man da auch diese Motoren wunderbar mit normalem Diesel füttern. Und man kann auch die Abgastechnik einsetzen, die wir eben aus dem Straßenverkehr kennen, also einen Partikelfilter und einen Stickoxidkatalysator. Und dann sind wir einen Großteil der Emissionen tatsächlich auch los.

Der Kampf um internationale Grenzwerte

Kassel: Nun gibt es für die Nord- und Ostsee, ich glaube, seit Anfang des vergangenen Jahres schon feste Grenzwerte, was Schwefel angeht, das ist eines der Gifte, das da ausgestoßen wird bei Schiffen, die entsprechend angetrieben werden. Aber Nord- und Ostsee sind natürlich, relativ gesehen, nur ein ziemlich kleiner Teil der Weltmeere. Warum gibt es solche Regeln nicht für die ganze Welt?
Rieger: Genau. Um das zu verstehen, muss man sich erst mal vergegenwärtigen, dass sozusagen ein Schwefelgrenzwert letztlich nichts anderes ist als eine Angabe dafür, wie dreckig darf ein Kraftstoff noch sein. Und je geringer der Schwefelanteil, desto sauberer ist er und desto sauberer verbrennt er dann am Ende auch. Und international dürfen Sie eben mit einem Schwefelanteil von dreieinhalb Prozent fahren. Ein Pkw, den betanken Sie mit Diesel, der hat 0,001 Prozent Schwefel. Also haben Sie einfach 3.500-mal so dreckigen Kraftstoff im Bereich der Seeschifffahrt.
Und international wird das bei einem Gremium der Vereinten Nationen verhandelt, und dort ist die Lobby der Reeder sehr stark vertreten, und die blockieren letztlich, dass man hier schärfere Grenzwerte einführt. Und deshalb geht dann die EU voran und richtet zumindest hier schon mal in Nord- und Ostsee das ein. Die Amerikaner und Kanadier haben das auch gemacht in ihren Küstengewässern, aber insgesamt bräuchten wir natürlich eine international einheitliche Regelung.

Alternative Antriebsformen helfen nur bedingt

Kassel: Gäbe es denn andere Alternativen? So, wie Sie es beschrieben haben, könnte man Diesel nehmen oder man könnte selbst bei diesem Schweröl, das jetzt benutzt wird, mit Filtern zumindest ein bisschen was machen. Aber wenn wir jetzt an Entwicklungen zum Beispiel in der Automobilindustrie denken, wo man ja überhaupt nicht mehr unbedingt auf fossile Kraftstoffe angewiesen sein wird in Zukunft – ich meine, Batterien, Containerschiffe, so riesige Batterien gibt es nicht, aber gibt es alternative Antriebe?
Rieger: Zurzeit wird ja sehr viel dieses Flüssiggas diskutiert, LNG. Das bringt zumindest auch die Luftschadstoffemissionen nach unten. Die Frage ist da, wie sieht es da mit der CO2-Bilanz aus. Sie haben das ja eingangs so schön angesprochen, und das Gas ist ja letztlich auch immer noch ein fossiler Kraftstoff, und wenn das beispielsweise durch Fracking gewonnen wird, dann haben wir da auch eine durchaus negative Bilanz.
Und es gibt so etwas, das heißt Methanschlupf, das ist also, prozessbedingt entweicht da dieses Treibhausgas Methan, das 25-mal so klimawirksam ist wie CO2. Von daher können Sie sich dann wieder auf der Seite eine negative Bilanz einhandeln. Grundsätzlich kann man aber sagen, also insgesamt wollen wir weg von den fossilen Kraftstoffen, auch in der Schifffahrt, und jetzt ist die Frage, wie bekommt man quasi erneuerbare Energien in diesen Sektor rein. Und das wird letztlich dann wahrscheinlich über eine Umwandlung von erneuerbarem Strom in synthetische Kraftstoffe oder Ähnliches dann nur möglich sein.
Kassel: Daniel Rieger vom Naturschutzbund Deutschland über Containerschiffe, die im Moment überwiegend tatsächlich noch wahre Dreckschleudern sind, obwohl sie es eigentlich zumindest in diesem Ausmaß längst nicht mehr sein müssten. Herr Rieger, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch!
Rieger: Sehr gern!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema