"Company Men"

Von Hans-Ulrich Pönack · 06.07.2011
Mit der Krankenhausserie "Emergency Room" war John Wells im Fernsehen erfolgreich, in seinem Kinodebüt erzählt er nun von den Folgen der Weltfinanzkrise. Drei Top-Manager verlieren ihren Job - und müssen plötzlich mit dem sozialen Abstieg kämpfen.
"Company Men" ist der Debüt-Kinofilm des heute 55-jährigen TV-Produzenten, dessen Hit-Serien wie "Emergency Room - Die Notaufnahme" oder "The West Wing – Im Zentrum der Macht" auch bei uns erfolgreich waren. Insgesamt erhielten die von John Wells produzierten Serien 262 "Emmy"-Nominierungen, sozusagen die TV-"Oscars", von denen sie 55 gewinnen konnten. Zudem ist der in Alexandria/Virginia geborene und in Denver/Colorado aufgewachsene Autoren-Regisseur seit 2009 Boss der Gewerkschaft "Writers Guild of America".

Kein Wunder also, dass er mit seinem Spielfilm-Erstling auf eine offene amerikanische wie globale Polit-Alltagswunde stößt: Der Finanz-Crash von 2008 und die individuellen Folgen nach dem Zusammenbruch der New Yorker Großbank "Lehman Brothers". Und zwar aus der gesellschaftlichen Folgen-Sicht "von oben", dem Management. Von Managern. Von hochdotiertem Spitzen-Personal. Mit jeweils fetten Bonus-Klauseln im Vertrag. Das sich für "unantastbar" hielt und nun ebenso wie "Die-da-Unten", das "Fußvolk", mit dem "profanen Kapitalismusalltag" konfrontiert wird.

Wie der Mitte 30-"Sieger"-Spezi Bobby Walker (Ben Affleck). Ein ehrgeiziger wie stolzer Bislang-Immer-Gewinner-Typ. Auf der Bislang-Immer-Überholspur. Mit toller Familie (sprich patenter Ehefrau, zwei Kids), Porsche, Villa, Golf-Mitgliedschaft. Von gleich auf jetzt ist damit nun Schluss. Die Firma ist ins Trudeln gekommen. Beziehungsweise deren Aktienstand. Umstrukturierungen, Übernahme, Fusionen stehen an. Man muss Personal abbauen. Auch das teure. Finanzkonsolidierung.

Bobby will dies zunächst alles nicht wahrhaben, macht so weiter wie bisher. Im nunmehr nur noch privaten Leben. Muss erst kräftig eins auf die seelische Sozialschnauze bekommen, um die Kurve zu kriegen. Seine beiden alteingesessenen älteren Kollegen Gene McClary (Tommy Lee Jones), der einst mit dem heutigen Konzern-Boss James Salinger (Craig T. Nelson) die Firma gründete und aufbaute, sowie Stratege Phil Woodward (Chris Cooper) haben noch eine gewisse "Überlebenszeit", bevor es auch sie "erwischt". Nur die ganz großen Player wie Salinger, die ausgefuchstesten und skrupellosesten, dürfen strahlen. Ihr Vermögen wird sich am Ende verzigfacht haben.

Der amerikanische Traum vom ewigen Gewinn. Wenn du nur hart arbeitest und clever bist. John Wells kümmert sich weniger um die ökonomischen Motive des "amerikanischen Zusammenbruchs", sondern mehr um diese amerikanische Ideologie: Sozusagen wie das, was "unten" gang und gebe ist, der Kampf ums Dasein, Arbeitslosigkeit, Einschränkungen, sozialer Abstieg, nunmehr auch "oben" abläuft. Wenn sich "Prekariatsstimmung" jetzt auch "oben" breit macht. Mit allen existenziellen wie philosophischen Ich-Folgen. Nöten.

Das hätte filmisch zwischen peinlich bis uninteressant ablaufen können, weil sich das Mitleid mit "Denen" sicherlich in Grenzen hält. Ist es aber nicht. John Wells versteht es geschickt, eine Glaubwürdigkeitsbalance zu entwickeln. Mit spannender Perspektive: Wie aus Krise ein Besinnen auf wahre humane Ich- & Selbst-Werte werden kann. Möglicherweise. Als Denk-Art. Aber ohne Märchen-Charakter à la Hollywood. Ohne Kitsch-Sülze. Ganz im Gegenteil.

Warum das hier funktioniert? Eindeutig - die markanten, einfach-großartigen Schauspieler. Deren Präsenz wie Interpretation stark ist. Wells brauchte sein namhaftes Ensemble praktisch nur zu bewegen, um Spannung, Neugier, Anteilnahme herauszukitzeln. Ben Affleck (zuletzt "The Town"; "Oscar"-Preisträger als Drehbuch-Autor für "Good Will Hunting", gemeinsam mit Matt Damon) mimt diesen Bobby-Erfolgskerl, der erst richtig auf die seelische wie soziale Gusche fallen muss, bevor er endlich "in die Normal-Spur" kommt, überzeugend. Kriegt sein "verdammtes Spießrutenlaufen" gut hin. Und in den harten Gesichtern von Charakter-Akteuren und "Oscar"-Stars wie Tommy Lee Jones ("Auf der Flucht") und Chris Cooper ("Adaption") sind geradezu die Folgen von amerikanischer Finanz- und Ideologie-Katastrophe abzulesen. Die "wirken" allein körpersprachlich bravourös.

Anzumerken bleibt, dass sich zudem darstellerische Hochkaräter wie Kevin Costner und Maria Bello ("The Cooler – Alles auf Liebe") hier nicht zu schade für überschaubare Stichwortgeber-Auftritte sind. "Company Men" oder - wenn Hollywood mal interessant-unterhaltsam politisch denkt.

USA 2009; Regie; John Wells; Hauptdarsteller: Ben Affleck, Tommy Lee Jones, Chris Cooper; Länge: 109 Minuten

Filmhomepage "Company Man"