Co-Trainerin Duygu Erdogan

Mit starkem Willen in einer Männerdomäne

Duygu Erdogan, Co-Trainerin beim Regionalligisten RW Oberhausen.
Duygu Erdogan, Co-Trainerin beim Regionalligisten RW Oberhausen. © Deutschlandradio/Heinz Schindler
Von Heinz Schindler · 08.01.2017
Die Co-Trainerin Duygu Erdogan wurde bekannt, als sie für den gesperrten Cheftrainer Fatih Terim bei Galatasaray Istanbul einspringen musste. Vom Bosporus ist sie an den Rhein-Herne-Kanal gewechselt. Was geblieben ist - auch bei RW Oberhausen ist sie mit einer Männerdomäne konfrontiert.
Rote Windjacke, schwarze Trainingshose, konzentrierter Blick - so steht Co-Trainerin Duygu Erdogan am Spielfeldrand auf dem Trainingsgelände bei Viertligist Rot- Weiß Oberhausen.
Europaweit bekannt war die 28-jährige Türkin vor vier Jahren. Während der Sperre des damaligen Cheftrainers Fatih Terim trug sie gemeinsam mit dem ehemaligen brasilianischen Nationaltorwart Taffarel die Verantwortung auf der Trainerbank von Galatasaray Istanbul.
"Also ich habe ja nicht auf dem Feld gestanden, aber mit Taffarel, Ümit Davala oder Fati Terim arbeiten zu dürfen, die ja im Weltfußball einiges erreicht haben – das war stetiges Lernen und hat mein Selbstbewusstsein gesteigert. Ich habe jede Minute genossen. Natürlich macht man als junger Trainer in erster Linie Beobachtungen – ich denke aber auch, dass meine Arbeit beobachtet wurde zum Start meiner Karriere, so dass mir das die Kraft und das Vertrauen gibt, weiter zu machen."

Interesse an der Mentalität des deutschen Fußballs

Vor zwei Jahren brach Duygu Erdogan auf zu neuen Ufern. Sie wollte die Mentalität des deutschen Fußballs kennenlernen. Dort, wo er noch so etwas wie ursprünglich ist. Zunächst bei Viertligist Wattenscheid 09, seit vorigem Sommer bei Rot- Weiß Oberhausen. Dessen Präsident Hajo Sommers war dafür sofort offen:
"Für mich war es spannend, dass 'ne Frau in ihrem Alter sich in der Türkei durchgesetzt hat in 'nem reinen Männersport, das ist nun mal immer noch einer. In der Türkei noch mehr als hier – und hier ist es ja schon schlimm genug. Und sich da hinstellt und sagt: das will ich, das mach' ich, egal, was die ganzen Säcke, die hier rumlaufen, darüber denken. Ich will es lernen und ich will irgendwann eine Frauenmannschaft trainieren. Und das kann ich am besten, wenn ich erstmal weiß, wie Männerfußball funktioniert."
Die Spielstätte des neuen Vereins von Duygu Erdogan, das Stadion von RW Oberhausen.
Die Spielstätte des neuen Vereins von Duygu Erdogan, das Stadion von RW Oberhausen.© Deutschlandradio/Heinz Schindler
Dabei sieht Sommers die Herausforderung auf beiden Seiten: bei Duygu Erdogan, die neben dem Platz ihre Deutschkenntnisse ausbauen muss. Aber auch bei Trainer Mike Terranova und der Mannschaft aus fünf Nationen:
"Ich wollte gern wissen, was meine ganzen Jungs hier machen, die ja auch eine reine Männerabteilung sind. Also für die meisten in diesem Verein ist Frauenfußball keine ernstzunehmende... also... das geht gar nicht! Und ich fand das spannend mal zu gucken: was passiert eigentlich, wenn man so 'ne junge türkische... also Ausländerin mit da rein setzt. Find' ich spannend."

Es geht ihr nicht um das Geld

Duygu Erdogan hingegen muss mit einer gewissen Fallhöhe klarkommen zwischen türkischer Süperlig und deutscher Regionalliga, zwischen Bosporus und Rhein-Herne-Kanal. Qualitativ und sicherlich auch finanziell, heißt doch ein Leitmotiv bei Rotweiß Oberhausen "Wir haben alles – außer Kohle".
"Das möchte ich eigentlich gar nicht beantworten, wenn das die Spieler in der Liga hören, kann das Probleme geben. 'Schaue nicht auf's Geld, sondern auf das Drumherum' - das bedeutet mir derzeit am meisten. Jeder Spieler hat etwas, an dem man arbeiten kann. Und die Ligen sind mitunter gar nicht so weit entfernt. Andrè Schubert etwa wurde ganz schnell zum Bundesligatrainer. So weit und wiederum so nah beieinander liegt alles. So muß man das betrachten."
Ihr Berater und sie verfolgen hohe Ziele. Die türksiche Frauen- Nationalmannschaft möchte sie irgendwann einmal trainieren. Dann möchte sie auch als jemand, die im Fußballgeschäft arbeitet wahrgenommen werden. Nicht in erster Linie als Frau. Wenngleich Hajo Sommers gerade darin eine Bereicherung sieht.
"Fußball hat ja 'nen eingeschränkten Blickwinkel. Wenn man's vergleicht: ist ein ganz kleiner Planet und da drehen sich alle um sich selber beim Männerfußball. So! Und da rauszukommen und mal zu gucken, was gibt es denn noch außerhalb des Planeten Fußball ist ja – sagen wir mal – nicht sehr verbreitet. Ich glaube schon, dass sich da was ändern muss. Das wird sich nicht alles als gut rausstellen, aber es erweitert ja den Blickwinkel. Vielleicht macht es ja Sinn, mal eine andere Perspektive zu kriegen, von mir aus auch 'ne weibliche. Vielleicht macht's ja auch mal 'nen Sinn, überhaupt mal 'ne andere Perspektive zu kriegen."
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