Claussen: Friedenspreis-Träger Liao Yiwu ist ein "Gesamtkünstler"

21.06.2012
Für den Soziologen Detlev Claussen wird mit Liao Yiwu ein Autor geehrt, in dessen Werk man das moderne China kennenlerne. Die Schriftstellerei sei dessen Lebensform: "Er kann nur so leben."
Liao Yiwu, der im Oktober den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält, sei nicht nur als ein Schriftsteller, sondern als "Gesamtkünstler" zu sehen, sagte Claussen im Deutschlandradio Kultur. Seine Werke enthielten eine Mischung aus Lyrik, großem Epos, Musik und Soziologie: "Das ist unglaublich. Ich kann mich an nichts erinnern in der Weltliteratur, das es so schon gegeben hat."

Aus seinen Werken erfahre man auch, wie das traditionelle China in das moderne China übergehe: "Es ist nicht das Land der blauen Ameisen, sondern es ist das Land von Millionen von Individuen, die ganz schwere Schicksale erleiden und trotzdem irgendwie am Leben festhalten." Wie schon André Malraux vor rund 80 Jahren schildere Liao Yiwu die Lebensweise und die Bedingungen der menschlichen Existenz. Das sei auch das, was den Leser an dem Schriftsteller so anrühre: "Das ist sehr chinesisch. Aber es ist eigentlich im Grunde genommen die Geschichte der Menschheit innerhalb von 200 Jahren, die dargestellt und die zusammengezogen wird. Und das ist die ganz große Kunst: durch individuelles Leben."

Er glaube, dass der Dissident Liao Yiwu auch im Ausland weiter schreiben werde, sagte Clausen: "Es ist unglaublich, diese Energie, mit der er all diese Erfahrungen zu Papier bringt. Der Mann muss schreiben. Meine Überzeugung ist, dass für ihn die Schriftstellerei die Lebensform ist. Er kann nur so leben." Und nur so könne er mit den furchtbaren Erfahrungen leben, an denen ein normaler Mensch sonst scheitere.

Das vollständige Interview mit Detlev Claussen können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot bis zum 21. November 2012 als MP3-Audio hören.