Claudia Koreck

Kraftvoller Blues aus Bayern

Die Sängerin Claudia Koreck
Sängerin und Liedschreiberin Claudia Koreck: Mit wachen Augen durchs Leben © picture alliance / dpa / Andreas Gebert
Von Veronika Schreiegg · 02.03.2015
In Bayern ist Claudia Koreck ein Star, die Sängerin ist eine der wichtigsten Vertreterinnen der sogenannten "Neuen Bayerischen Welle". Jetzt hat sie ihr sechstes Album vorgelegt. Der Titel: StadtLandFluss.
Musik: "Oide Frau, i versteh die ned – du host di Leben so lang g'lebt. So vui herzensguade Leid sterben so jung und di bitterböses Weib haut's ned um."
Claudia Koreck einmal böse – so kannte man sie bis dato nicht. Eher naiv wirkt die 28-jährige, blonde Frau mit dem herzlichen Gesicht. Mit bodenständigen, bayerischen Akustikpop-Nummern hat sie bis dato auf sich aufmerksam gemacht. Was Claudia Koreck im Song "Oide Frau" nun zur Weißglut treibt, ist allerdings etwas, worauf viele Großstädter in München, Hamburg oder Berlin gereizt reagieren: die überteuerten Mieten.
"Des is so a bissal an die Münchner Vermieter gerichtet, die gewisse Wohnungen wirklich zum horrenden Preis raushauen, die unrenoviert sind, wo du's Grausen kriegst. Und einfach, wenn man den Rachen und den Hals ned voll kriegen ko und immer nur verbittert is' als Mensch, dann reicht's mir a moi!"
Claudia Koreck ist aufs Land gezogen, mit Mann und zwei Kindern
Mit der Oiden Frau ist also Claudia Korecks ehemalige Vermieterin gemeint, die im Alltag von Claudia Koreck mittlerweile keine große Rolle mehr spielt, denn die Musikerin ist gemeinsam mit ihrem Mann, dem Produzenten Gunnar Graewert, und den beiden Kindern auf's Land gezogen: ganz klassisch, in eine neu erschlossene Wohnsiedlung im oberbayerischen Traunstein.
Musik: "I sehn mi nach draussen, oh du offene Welt oder ist es in mir drin, was meiner Seele so fehlt."
Nun ist es nichts Neues, dass Popmusik eigentlich eher an Orten entsteht, an denen sich das Soziogramm der Bevölkerung schön bunt gestaltet – gängigerweise irgendwo in der Großstadt. Der Input durch ein sattes Nachtleben oder gar schräge Gestalten hält sich auf dem bayerischen Land dann doch in Grenzen, möchte man meinen....
"Des is jetzt ned so, dass hier alles ‚heile Welt' ist – das wird auch immer falsch dargestellt. Natürlich hat man sich ein Umfeld geschaffen, jetzt mit Familie, wo die Kinder gesund aufwachsen in einer Welt, in der alles so unübersichtlich ist und alles so möglich scheint, dass man da auch einen sicheren Hafen hat. Ich bin aus dem Grund damals weggegangen, weil mir alles zu klein war – dieser kreative Geist oder auch das Verständnis ist mir eigentlich schon immer ab gegangen. Des ham einfach manche Leid ned versteh' kenna, wia ma mit Musik sein Lebensunterhalt verdienen möchte, ob ma ned besser was sicheres macht. Des fragen mich jetzt auch noch immer Leit'. I geh' in a Wirtshaus und die Wirtin frogt mi, 'Ja, is ja schee wos du machst, aber mogst jetzt dann ned irgendwann moi wos Sicheres macha? Geh' doch moi zur Polizei'. Des is einfach ned mei Leben."
Was schräg ist bleibt reine Definitionssache – Claudia Koreck geht dort auf dem Land offensichtlich mit wachen Augen durch's Leben. Stadt oder Land – wo lebt es sich aus welchen Gründen auch immer besser oder schlechter? Das ist das große Thema in den Songs auf "StadtLandFluss". Nur eine Antwort gibt der Titelsong.
Musik: "Und jetzt bin i da Fluss, auf dem i treib, hin und her, auf der Suche zum Meer. Mi ziagt es naus in die Stadt, nimm olles mit wos i hob, Aber kaum bin i do, dann vermiss i mei Land so sehr."
Die Texte der Sängerin sind harmlos, aber nicht peinlich
Die Geschichte einer Frau, die einst auszog um sich nach dem Abitur die Hörner abzustoßen. Jeder Lebensabschnitt hat also seine Zeit, lernt jeder, der das selbst noch nicht wusste. Küchenphilosophie also, die aber nicht schlechter daher kommt als die 95% Liebeslyrik in englischsprachigen Songs. Die Songtexte von Claudia Koreck sind sicherlich harmlos, ja, aber zum Glück nicht peinlich.
Fantastisch ist der Sound des neuen Albums: kräftiger Soul und Blues, der zu Claudia Korecks erdiger Stimme gut passt. Dass zum ersten Mal auch ein zweiter Produzent hinzugezogen wurde, ist dem Album nur zuträglich....man wird betriebsblind, wenn immer nur der eigene Ehemann an den Reglern des Mischpults sitzt, meint Koreck und schwärmt von Henry Hirsch. Der hat nicht nur alle Alben von Lenny Krawitz produziert, sondern auch CDs von Mick Jagger oder Vanessa Paradis.
"Wenn man in die Alben von Lenny Krawitz reinhört – der hat einen sehr speziellen Sound und der kommt auch durch die Mischung zustande, ja, und dann hamma einfach g'schaut wer hod des g'mischt, ok, Henry Hirsch, den hamma dann o'gschrimm, ob er Lust hätte unser Album oder ein paar Songs zu mischen. Der hat sein Studio in der Nähe von New York, was ganz gut war, weil er dadurch auch bezahlbar war. Der hat ein tolles Studio dort, eine umfunktionierte Kirche mit oidn Maschinen rumstehen, durch die er unsere Spuren, meinen Gesang g'jagt hod, so Beatles/Abbey-Road, nur als Stichwort – des san so seine Steckenpferde."
Analoges Studioequipment prägt ihren Sound
Gemeint ist damit analoges Studioequipment – Vierspurgeräte, Mischpulte aus den 60ern und Ähnliches. Mit welcher Hingabe Claudia Koreck Alben produziert, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie sich was leisten möchte und darunter versteht, dass ein Produzent aus New York vier von ihrem insgesamt 12 Songs unter seine Fittiche nimmt. Mehr konnte sie sich nicht leisten, sagt sie, diese besessene Musikerin aus dem Chiemgau, die zwar naiv wirken mag, aber deutlich hörbar bei sich ist. Bei Claudia Koreck scheint die Welt und insbesondere Bayern noch in Ordnung zu sein – mit Ausnahme der Münchner Mietpreise versteht sich.
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