CIA-Report zu Folter

"Schandfleck unserer Geschichte"

Häftlinge im Gefängnis Guantanamo
Häftlinge im Gefängnis Guantanamo © dpa / picture-alliance/ Shane T. Mccoy / US Department of Defense
Von Marcus Pindur, Studio Washington · 10.12.2014
Nach 9/11 hat der US-amerikanische Geheimdienst CIA systematische und höchst brutale Folterverhöre durchgeführt. Das geht aus einem Bericht des US-Senats hervor. Hauptverantwortlich dafür soll der damalige Vizepräsident Dick Cheney gewesen sein.
Dianne Feinstein trug ihre Schlussfolgerungen aus dem Bericht des Geheimdienstausschusses des Senates in gemessenem Ton vor. Doch ihr Urteil über die CIA war vernichtend.
"Dieser Bericht zeigt, dass die Handlungen der CIA vor über einem Jahrzehnt ein Schandfleck sind auf unserer Geschichte und auf unseren Werten."
Nackt, gewindelt, siebeneinhalb Tage auf Schlafentzug
Die Folterpraktiken seien weitaus brutaler gewesen als bislang bekannt.
"Die Gefangenen wurden nackt, in Windeln, in schmerzhaften körperlichen Positionen gehalten. Sie wurden geschlagen und teilweise tagelang schlaflos gehalten, in einem Fall 180 Stunden lang, also siebeneinhalb Tage. Dabei mussten sie in der Regel stehen und wurden manchmal mit den Händen über dem Kopf an die Decke gekettet."
Dem Report zufolge sind insgesamt 119 Gefangene solchen Verhören ausgesetzt gewesen. Davon wurden allerdings lediglich drei Gefangene dem sogenannten Waterboarding unterzogen. Die CIA habe, so Senatorin Feinstein, sowohl die Bush-Administration als auch den Kongress nicht über das Ausmaß und die Art der Folterpraktiken informiert.
"Die CIA hat in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Weißen Hauses diese Informationen zurückgehalten. Weder der damalige Außenminister Colin Powell noch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld seien eingeweiht gewesen. Ein CIA Mitarbeiter schrieb in einer E-Mail, wenn Powell dies erfahre würde er vor Wut platzen."
CIA verhinderte aktiv Aufsicht durch Kongresses
Die CIA habe eine Aufsicht des Programmes durch den Kongress aktiv vermieden und verhindert. Der Einsatz der sogenannten harten Verhörmethoden sei ineffektiv gewesen. Man habe keinerlei Erkenntnisse erlangt, die man nicht auch ohne Zwang hätte erreichen können. Der Geheimdienst habe darüber hinaus gegenüber der Öffentlichkeit falsche Angaben über die Wirksamkeit der Verhörmethoden gemacht.
Treibende Kraft hinter den Folterverhören war dem Bericht zufolge Vizepräsident Cheney. Er habe Präsident Bush jahrelang von Informationen über die Verhörpraxis abgeschirmt. Als Bush Genaueres erfahren haben, im Jahr 2006, sei das Programm zu weiten Teilen eingestellt worden.
Republikaner: Bericht ist politischer Angriff
Die Republikaner kritisierten den Bericht als einen politischen Angriff auf die CIA, so Senator Saxby Chambliss, Mitglied des Geheimdienstausschusses.
"Wir halten diese Schlussfolgerungen für haltlos und mängelbehaftet."
Auch mehrere ehemalige CIA Chefs bestritten den Report, so George Tenet, CIA-Direktor von 1997 bis 2004. Der Präsident sei stets über alles informiert gewesen. Einer der wenigen Republikaner, die sich für die Veröffentlichung des Berichtes aussprachen war John McCain. Das amerikanische Volk habe ein Recht darauf, zu erfahren, was genau in seinem Namen getan worden sei.
"The American people have a right, indeed a responsibility, to know what was done in their name."
Er wisse aus persönlicher Erfahrung, dass die Misshandlung von Gefangenen mehr schlechte als verlässliche Informationen hervorbringe. McCain war selber als Kriegsgefangener im Vietnamkrieg gefoltert worden und hat sich stets gegen Folterpraktiken ausgesprochen.
Justizministerin lehnt Prozess gegen Verantwortliche ab
Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation ACLU forderte, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Doch das Justizministerium hat dies bereits abgelehnt – dies sei bereits im Jahr 2009 geprüft worden und der Bericht enthalte keine neuen Informationen.
Aus Sorge vor Terroranschlägen im Gefolge der Veröffentlichung des Berichtes hat die amerikanische Regierung den Schutz vieler Botschaften und Militäreinrichtungen verstärkt. Mehrere tausend Marines sind im Mittelmeer und im Arabischen Golf in Einsatzbereitschaft.
Präsident Obama erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, das Vorgehen der CIA habe dem Ansehen der USA geschadet und nicht der nationalen Sicherheit gedient. Er werde als Präsident alles tun, damit nicht mehr auf solche Methoden zurückgegriffen werde.
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