Chor der Woche

In Musik vereint

Ein überdimensionales Mikrofon mit einem Durchmesser von 0,8 Metern und einer Länge von 2,8 Metern steht in einem Karaoke Club in Urumqi, in der Hauptstadt des Uigurischen Autonomen Gebietes Xinjiang in China. Aufgenommen am 25. September 2011.
Die Arrangements sind einfach gehalten und leicht zu lernen - im Berlin Pop Choir steht der Spaß im Vordergrund. © picture alliance / dpa / Chinafotopress/chen Peng
Von Gerhard Richter · 11.07.2014
Community Choirs sind in England sehr beliebt - einfach treffen und singen, ohne große Ambitionen. Der Berlin Pop Choir kommt jeden Dienstag in einer Karaoke-Bar zusammen. Jeder kann mitmachen, Notenlesen ist keine Bedingung. Alle folgen dem Gehör.
Großstadtverkehr, Straßenmusiker, Touristen. Hier, am U-Bahnhof Warschauer Straße zeigt Berlin sein internationales Gesicht. Ein bärtiger junger Mann ist der erste, mit Marsriegel und Coladose wartet er vor der Tür zur Monster Ronson's Ichiban Karaoke Bar.
"Ich bin Robert, Robert Wimpory, ich komme aus England. Ich war mit Pop Chor schon drei Jahre. Ich habe viele gute Freunde kennengelernt dadurch."
Skadi: "Hallo wie geht’s? gut gehts mir. Schön, schön."
Robert und Skadi begrüßen sich mit Küsschen. Skadi kommt aus Berlin, sie kennt den Community Chor aus den kleinen Anfängen.
"Ein, eineinhalb Jahre waren wir immer so um die 30, 40, 50 Leute. Vor einem halben Jahr, na, da waren plötzlich 130 Leute und das war echt Wahnsinn."
Als drittes kommt die Chorleiterin angeradelt, blaugepunktetes Sommerkleid, braune Locken, rote Pumps.
Skadi: "Da kommt sie, die Frau mit der Gitarre auf dem Rücken. Lindsey. Lindsey Cockwell."
Lyndsey schließt ihr Fahrrad an eine Laterne, dann gehts die Stufen hinunter in die Karaoke Bar. Schwarze Wände, überall Diskokugeln, klebriger Fußboden.
"Ich bin Johnny Coby aus New York. Das ist jetzt das zweite mal. Ich hab Lindsey gesagt, dass ich Gitarre spiele Und sie hat mich eingeladen. Und ich freu mich, weil es macht sehr viel Spass."
Egal, ob man das hohe C trifft
Lyndsey packt auch ihre Gitarre aus und zeigt Johnny die Akkorde des neuen Liedes. Skadi übernimmt die Kasse.
"Diese Zehnerkarte kostet 50 Euro, die Fünferkarte kostet 30 Euro und dann gibt’s natürlich noch Leute - also es ist ja ein offener Chor - die jetzt einfach nur Job-In machen und das sind sieben Euro am Abend und das einfach mal ausprobieren."
Frederick: "Was ich hier so schön dran finde, ist, dass du kommen kannst, wann du möchtest. Man muss nicht jede Woche kommen. Wenn´s nicht passt, ist es total ok. Man muss nicht vorher zeigen, dass man das hohe C trifft. Sondern es geht einfach um den Spass am Singen."
Immer mehr Leute kommen in den schummrigen Keller, quatschen, eine Flasche Bier oder Club Mate in der Hand und singen sich ein.
"Ich bin Steffi, ich bin Berlinerin. Ich war zwischen durch mal ein paar Jahre in England und in Heidelberg unterwegs. Und als ich nach Berlin zurückgekommen bin hab ich nach einem Community-Choir tatsächlich gesucht, weil ich in England nämlich in einem gesungen habe. Ja und mein Freund singt auch hier im Chor und wir haben hier ein schönes Zuhause gefunden."
Menschen von überall her
80 Leute stehen dicht an dicht vor der Karaoke Bühne. Viele haben sich noch nie zuvor gesehen und Lyndsey gibt das Signal für eine Kennenlern-Runde.
Lyndsey (voiceover): "Geht zur anderen Seite des Raumes und lernt zwei Leute kennen."
Frederick, Skadi, Steffi und Robert suchen nach fremden Gesichtern und finden Leute aus aller Welt.
Robert: "Natürlich Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland, USA, Kanada, Australien, klar klar und Neuseeland, Russland hatten wir auch, Finnland, Schweden."
Die eigentliche Probe beginnt. Es gibt weder Noten noch Texte. Lyndsey singt die Melodien vor, Die Stimmeinteilung ist denkbar einfach. Links vor ihr stehen die tiefen Stimmen, in der Mitte die mittleren Tonlagen und rechts die hohen.
Lyndsey: "Kein Bass, kein Sopran. Nur hoch tief und mittel. Wir haben Frauen in dem Tief-Teil und wir haben Männer in der Hochstimme."
Steffi: "Also es ist sicherlich kein Chor der allerhöchsten Spitzenkategorie, was den Gesang angeht. Also man muss nicht vom Blatt lesen können, also man muss keine Musik lesen können. Wir machen alles nach Gehör."
Steffi:"Wir singen immer Pop, manchmal ein bisschen was Älteres, manchmal was ganz aktuelles, immer neue Sachen, immer vier bis fünf Lieder pro Kursrunde."
Schneller Spaß in der Gemeinschaft
In dieser Probe singt der Pop Choir nur zwei Songs, die dafür immer wieder.
Das nächste Lied ist von David Bowie. Lyndsey Cockwell hat dafür das Arrangement geschrieben, einfach und leicht zu lernen. Beim Community Choir stehen die Begegnungen im Vordergrund und der schnelle Spaß am gemeinsamen Singen. In ihrer englischen Heimat sind solche Chöre weit verbreitet, in Deutschland sind sie gerade im Entstehen.
Lyndsey (voiceover):"Ich denke, dass sich die Chorkonzepte sehr verändert haben. Mit der Community-choir-Bewegung sind Chöre wieder deutlich attraktiver geworden. Aber es wird beides geben. Viele Leute wollen sich verpflichten und nehmen das ernst. Aber ich glaube Community Choirs werden immer populärer, weil die Leute das so lieben."
Nach zehn Proben gibt es immer ein Abschlusskonzert für Freunde und Bekannte. Aber wichtiger als das Ziel, ist der heutige Moment.
"Hier ist Musik und das macht glücklich und das ist wichtig."
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