Chinas Milliardäre und die Staatsmacht

Reich werden - aber nur im Dienste der Nation

Symbolbild: Ein Geschäftsmann trinkt ein Glas Wein,
Natürlich freut sich China über wirtschaftliche Erfolge - trotzdem werden viele Geschäftsmänner von der Staatsführung genau beobachtet. © imago/View Stock
Kristin Shi-Kupfer im Gespräch mit Nana Brink · 08.02.2017
Die meisten Reichen leben inzwischen in China, nicht mehr in den USA, zeigt die neue Liste der Online-Plattform Horon. Doch die Staatsführung beobachtet die Milliardäre mit Argusaugen - und so kann ein zweifelhafter Geschäftsmann auch ganz plötzlich verschwinden.
In den USA werden die reichsten Amerikaner in der Forbes-Liste aufgeführt, in China ist das Pendant die Online-Plattform Horon. Deren neue Veröffentlichung zeigt, dass die meisten Reichsten nunmehr in China leben. Auch Peking hat New York als Stadt mit den meisten Multimilliardären abgelöst.
Doch das Leben als Milliardär scheint in China auch mit gewissen Risiken verbunden zu sein: Immer wieder sorgen verschwundene Milliardäre für Schlagzeilen, vor kurzem ging es um den verschwundenen Xiao Jianhua.
Die chinesische Staatführung fürchte bei vielen superreichen Geschäftsleuten besonders die Verquickung von Politik und Wirtschaft, sagt Kristin Shi-Kupfer im Deutschlandradio Kultur. Sie leitet den Forschungsbereich Politik, Gesellschaft, Medien am Mercator Institute of China Studies:
"Die Staatsmacht ist etwas beunruhigt über die Rolle, die diese Geschäftsleute einnehmen, sobald sie sich eben von einzelnen Parteikadern einspannen lassen. Dass sie dann beispielsweise auch Material in der Hand haben, um Parteikader zu erpressen. Also dass sie Teil sind einer Verflechtung, eines Netzwerkes von Politik und Wirtschaft die dann letztlich die kommunistische Partei nicht mehr völlig durchblicken und kontrollieren kann."

Über Parteikader sollen Geschäfte abgesichert werden

Den Geschäftsleuten ginge es oft darum, sich konkrete Allianzen zu schaffen, so analysiert Shi-Kupfer das System der gegenseitigen Vorteilsgabe. Unternehmer versuchten, mittels der Parteikader die eigenen Firmen und Geschäfte abzusichern:
"Es ist ein offenes Geheimnis: Wenn man in China reich und erfolgreich sein will, braucht man politische Unterstützung. Und das ist natürlich eine gute Möglichkeit: Wenn sie einem Parteikader X einen Gefallen tun, dann tut er Ihnen auch einmal einen Gefallen."

Das Prinzip "Hast du was, bist du was"

Shi-Kupfer beschreibt auch das Verhältnis der chinesischen Gesellschaft zum Geld und zum Reichtum. Es gelte: "Hast du was, bist du was." Diese Entwicklung sei Ende der 70er-Jahre auch politisch und ideologisch unterstützt worden – trotz der herrschenden kommunistischen Prinzipien:
"Man hat bewusst nach der großen Protestbewegung 1989 gesagt: 'Wir lenken die Energie der Gesellschaft um von der Forderung nach politischer Teilhabe in Richtung sozusagen eigene Lebensgestaltung und eigene Reichtumsgestaltung.' Und solange das dem Land und der Nation dient, ist das etwas, was dann eher aus einer nationalistischen Sicht praktisch in den Kommunismus eingegliedert worden ist."

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