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Top 5 des Arthouse-Kinos

Timothy Spall als der Maler William Turner in dem Film "Mr. Turner - Meister des Lichts".
Timothy Spall als der Maler JW Turner, einen Meister der Lichtgestaltung auf der Leinwand. © picture alliance / dpa / PROKINO Filmverleih GmbH
Von Patrick Wellinski · 15.12.2014
Ein Ranking von fünf künstlerischen Kinofilmen, sehenswert, besonders, überraschend. An der Spitze: Ein Biopic über den vielleicht ersten modernen Maler, den ultimativen Meister der Lichtgestaltung, den britischen Landschaftsmaler: J.M.W. Turner.
Platz 5 "Höhere Gewalt" von Ruben Östlund
Es geht ganz schnell: Eine kontrollierte Sprengung lässt eine Lawine etwas näher als geplant an die Terrasse eines Luxus-Ski-Hotels rollen. Die Hotelgäste geraten in Panik. Eine Mutter umarmt ihre Kinder, doch der Vater rennt weg. Und plötzlich ist alles anders: Die Kinder sehen den Vater mit anderen Augen, die Ehefrau zweifelt an ihrem Mann und der an sich selbst.
Östlunds Vivisektion der Lügen, mit denen wir unsere Beziehungen pflastern, ist bitter-böse, fast zynisch, aber eben auch meisterhaft inszeniert, klug durchdacht und in seiner schonungslosen Betrachtung aller gängigen Männlichkeitsbilder schmerzhaft wahrhaftig.
Platz 4 "Salz der Erde" von Wim Wenders
Es gibt eine erstaunliche Parallele zwischen Sebastiao Selgado, dem portugiesischen Sozialfotografen, und Wim Wenders, dem deutschen Filmträumer: Beide inszenieren ihre Motive bis jede Natürlichkeit verschwindet. Es sind immer theatralische Bilder, starr, sonderbar irreal und irgendwie auch verloren.
Wenn nun Wenders versucht in seinem hoch stilisierten Dokumentarfilm dem Werk Salgados jenes Leben wieder einzuhauchen, dass dieser sorgsam weginszenierte, entsteht eine Art Vakuum-Film, der nichts sagen kann, weil er eben nichts sagen darf.
Platz 3 "Einer nach dem anderen" von HP Molland
Im ewigen Schnee Norwegens beginnt ein Rachefeldzug, mit albanischer Mafia und allen möglichen lustigen Mord und Totschlagsszenarien. Viele finden das lustig und künstlerisch wertvoll. Denn seit dem Siegeszug des Farbfilms wissen wir: Blut auf Schnee - das sieht einfach gut aus!
Es macht aber leider keinen guten Film und es macht aus Hans Petter Molland auch keinen guten Regisseur. Es macht eher deutlich wie sehr er sich bei allen möglichen Vorbildern glücklos anbiedert: Egal ob Coen-Brüder, Lars von Trier oder Tarantino. So agiert allerdings nur einer, der mit allerlei Tricks versucht von der eigenen Ideenlosigkeit abzulenken.
Platz 2 "Im Labyrinth des Schweigens" von Guillo Ricciarelli
Anders als viele deutsche Filme ist Ricciarellis elegant inszenierter Justizthriller kein Film "über" ein Thema; keine sozialpädagogische Geschichtsstunde mit anschließender Volksbelehrung bei Günther Jauch und Co.
Nein, Ricciarelli ist ein Geschichtenerzähler und er weiß, dass im Kino immer zu allererst die Fiktion und weniger die historischen Tatsache ernstgenommen werden muss . Und so macht er mit den Anwälten der Frankfurter Auschwitz Prozesse das, was Alan J. Pakula schon mit den Watergate-Enthüllern in "Die Unbestechlichen" gemacht hat oder David Fincher in "Zodiac" mit den ermittelnden Polizisten; Gulio Ricciarelli findet im Erzählen eine emotionale Wahrhaftigkeit, die weitaus mehr vermittelt und verstehen lässt, als jede Begegnung mit Guido Knopp.
Platz 1 "Mr. Turner" von Mike Leigh
Doch der Wagemut aller Filme dieser Liste verblasst im Lichte des ultimativen Meisters der Lichtgestaltung. Mike Leighs Biopic des britischen Landschaftsmalers J.M.W. Turner ist vielleicht die komplexeste Kinofantasie dieses Jahres. Denn dies ist im Kern ein Film über einen Mann, dessen tiefgreifende Faszination am Kosmischen gepaart mit einem instinktiven Pessimismus ihn zum vielleicht ersten modernen Künstler seiner Zeit machte. Etwas, das man in gewisser Hinsicht auch über Mike Leigh sagen könnte. Und es wird klar: Mr. Turner und Mr. Leigh - das sind eigentlich ein und dieselbe Person.
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