Carl Friedrich Wilhelm Borgward

Blitzkarren, Isabella und Leukoplastbomber

"Ein kleiner Wagen - aber ein Lloyd Wagen" - mit diesem Slogan warb der Automobil-Herstellter Lloyd aus Bremen für seinen Kleinwagen LP 300
"Ein kleiner Wagen - aber ein Lloyd Wagen" - mit diesem Slogan warb der Automobil-Herstellter Lloyd für seinen Kleinwagen LP 300 © picture-alliance / dpa
Von Irene Meichsner · 10.11.2015
Jeder möchte ein Auto haben: Das war der Grundsatz von Carl Friedrich Wilhelm Borgward. Der gelernte Schlosser und Ingenieur ist der Gründer der Lloyd-Werke, die seit den 1950er-Jahren mit ihren Wagen aus Bremen Erfolge feierten. Am 10. November 1890, vor 125 Jahren, wurde Borgward geboren.
Werbung: "Dann also – freie Fahrt ins schönere Leben hinein. Drehen Sie ruhig auf. Ein Lloyd-Wagen liebt das, nicht wahr, Herr Wachtmeister? Besonders im Stadtverkehr zeigt sich seine wieselhafte Wendigkeit und das frappierende Anzugsvermögen seines luftgekühlten Motors. Wäre doch goldrichtig für Sie!"
Man nannte ihn auch den "Leukoplastbomber"- wegen seiner mit Kunstleder bezogenen Sperrholzkarosserie, die sich mit etwas Klebeband reparieren ließ. 1950, als sich das deutsche Wirtschaftswunder schon abzeichnete und viele Menschen wieder genug Geld hatten, um sich ein Auto leisten zu können, brachte Carl Friedrich Wilhelm Borgward den kleinen Zweitakter auf den Markt.
Wilhelm Borgward: "Jeder möchte ein Auto haben! Denn ist es doch nur unsere Aufgabe, Fahrzeuge so preiswert zu bauen und so billig betreiben zu können, dass jeder eins haben kann! Haben wollen'se schon alle eins!"
Daran glaubte Borgward felsenfest. Der Sohn eines Kohlenhändlers, am 10. November 1890 in Altona geboren, wollte schon als Kind Autos bauen.
"Mich hat eben das Bewegen – bewegliches Objekt, das ich steuern konnte usw. – hat mir Freude gemacht."
Werbung :
"Ja, das Autofahren ist die große Mode,
denn ohne Auto bleibt man meilenweit zurück,
wir müssen uns ein Fahrzeug kaufen,
denn wir wollen nicht mehr laufen,
außerdem hat ein Mann,
der nichts anderes kann,
mit einem Auto mehr Glück. "
Den Anfang mache der "Blitzkarren"
Borgward absolvierte eine Schlosserlehre und ging nach Bremen, wo er sich selbstständig machte. Seit 1924 baute er den "Blitzkarren"– ein offenes Dreirad-Fahrzeug ohne Anlasser, das als Mini-Lieferwagen eine Marktlücke fand. 1925 folgte der erste Dreirad-"Goliath". Während viele andere Firmen in der Weltwirtschaftskrise Pleite machten, ging es für Borgward und seinen kaufmännischen Teilhaber Wilhelm Tecklenborg, den er später auszahlte, steil aufwärts. 1938 eröffnete Borgward in Bremen-Sebaldsbrück die modernste Autofabrik Deutschlands. Als NSDAP-Mitglied und "Wehrwirtschaftsführer"belieferte er die Wehrmacht mit Zugmaschinen, Panzern und Torpedos. Nach dem Krieg wurde er trotzdem nur als "Mitläufer"eingestuft. Und bediente bald auch betuchtere Kunden. Wie den Schauspieler Heinz Rühmann, der im Dezember 1949 nach Bremen kam:
"Darf ich fragen, warum Sie heute hier sind?!"
"Ja, was glauben Sie wohl, warum man in den Borgward-Werken ist? 'Ne Nähmaschine möchte ich hier nicht kaufen , sondern es handelt sich um ein Auto höchstwahrscheinlich.
"Den neuen Hansa 1500?"
"So was. Ähnliches."
Die Mitarbeiter erlebten einen Chef, der selber mit anpackte.
"Tja, der Borgward selbst, der war ewig am Knippeln und Tun. Und dann fand er dies und das. Oh, das müssen wir ändern. Der Grill muss geändert werden. Der Namenszug muss eleganter sein."
Werbung: "Du, der ist schön! Hinreißend schön. Ich hab Euch jetzt beide ins Herz geschlossen: Dich und unseren neuen Borgward, unsere Isabella."
200.000 Isabellas gingen in Produktion
Von der legendären Isabella, einem Mittelklassewagen für gehobene Ansprüche, wurden in verschiedenen Ausführungen über 200.000 Stück gebaut; es war Borgwards größter und letzter Erfolg. Als Ende 1960 bekannt wurde, dass sich die Firma in akuter Zahlungsnot befand und nur noch mit öffentlichen Krediten über Wasser hielt, bangten rund 20.000 Mitarbeiter um ihren Job.
Mitarbeiter: "Ich kann es mir nicht denken, dass man den Isabella, der heute so floriert und so läuft und Ansehen in der ganzen Welt hat, ihn einfach in Grund und Boden stampfen wird – das glaube ich nicht. Das will ich nicht glauben. Aber vielleicht täuscht man sich doch."
Konkurs der Borgwald-Gruppe in den 1960ern
Viele Faktoren trugen zum jähen Absturz der Borgward-Gruppe bei: Einbrüche beim Export, eine ineffektive Firmenstruktur, der wachsende Druck durch die Konkurrenz, die viel zu dünne Kapitaldecke. Borgward habe sich aber auch selber im Wege gestanden, glaubt seine Biografin Birgid Hanke.
"Er war sehr autoritär, er war von seinem Denken her preußisch, wenn er was wollte, hat er das durchsetzen wollen. Und er war leider, leider – zum Schluss insbesondere – beratungsresistent."
Anfang Februar 1961 wurden die Borgward-Werke in eine Zwangs-Aktiengesellschaft überführt. Der Bremer Senat war als Verwalter aber überfordert, und so folgte nach wenigen Monaten der Konkurs. Für Borgward hatte das Leben jeden Sinn verloren, er starb am 28. Juli 1963 im Alter von 72 Jahren.
"Sehr, sehr betroffen gemacht hat ihn das Verbot, sein eigenes Werk wieder zu betreten",
Sagte seine Tochter Monika später.
"Und überaus schmerzlich dürfte diese kleinliche Handlung sein, dass man sein eigenes Auto ihm weggenommen hat."