Calypso Rose: "Far From Home"

Wie eine karibische Queen mit Musik die Welt verändert

Album-Cover: "Far From Home" von Calypso Rose (Ausschnitt)
"Far From Home" das neue Album von Calypso Rose © Warner Music
Von Horst Senker · 15.06.2016
Die Calypso-Sänger der Karibik erzählen Geschichten. Ungekrönte Königin des Genres ist die 76-jährige Calypso Rose: Ihr neues Album "Far From Home" bietet wie immer den typischen Sound zum Sich-gehen-Lassen - mit Texten, die den Menschen die Augen öffnen.
Es geht hier nicht um Harry Belafonte und es geht auch nicht um die Andrew Sisters. Aber es geht um Calypso und der eine wie die anderen haben mit diesem Genre für respektable Hits gesorgt. Der Mix aus afrikanischer und europäischer Musik wird weltweit populär.

Ein Sound aus Trinidad und Tobago

Calypso ist auf den Karibikinseln Trinidad und Toboga zu Hause. Dort wächst Mac Cartha Lewis auf. Karriere macht sie als Calypso Rose:
"You could just call me Rose."
"Far From Home” heißt das neue Album von Rose, die weit weg von zu Hause in New York lebt. Im persönlichen Gespräch erzählt die mittlerweile 76-Jährige aus ihrem Leben. Bescheiden, unprätentiös, routiniert, lebensklug und lebensfroh.
"Musik ist für mich Calypso. Das macht mich glücklich. Und es macht die Leute froh, für die ich singe."
Calypso Rose schreibt über 800 Songs und veröffentlicht rund 20 Alben. Mit zahlreichen Geschwistern wächst sie auf, ärmlich sind die Verhältnisse. In ihrer Kindheit zieht sie zu einer Tante von Tobago auf die Nachbarinsel Trinidad um. Die Tante bringt ihr den Calypso nah.
"Ich habe als 13-Jährige begonnen, mit 15 habe ich in Calypso-Zelten gesungen. Jetzt bin ich 76."
Die Zelte werden in der Karnevalszeit auf Trinidad und Tobago aufgeschlagen: Dort werden Lieder zu Gassenhauern. Der Karneval in der Karibik soll auf die eingewanderten Franzosen zurückgehen. Für den fromm und traditionell lebenden Vater von Calypso Rose bleibt die Singerei seiner Tochter Teufelszeug:
"Calypso Rose hat es nicht nur zuhause schwer, sondern sie ist als Sängerin und Autorin unterwegs in einer Männerdomäne. Andere Frauen folgen ihrem Beispiel. Mit engagierten Texten und Lebensregeln, wie in ihrem neuen Song 'Abatina', schafft sie es, sich in den 60er-Jahren zu behaupten.
Es geht ums Heiraten wegen des Geldes und nicht aus Liebe. Aber Vorsicht, Männer haben zwei Gesichter. Sie lächeln, doch sobald der Ring am Finger ist, kommt das Biest in ihnen zum Vorschein. Deshalb sollten Frauen sehr sorgfältig bei der Wahl ihres Mannes sein.
Lied-Texte können eine Regierung aufbauen und zum Einsturz bringen. Sie öffnen die Augen für viele Dinge, die man vorher nicht gesehen hat. Lied-Texte sind sehr wichtig."

Ihr Song bringt eine Gesetzesänderung

Calypso Rose zeigt in den 70er-Jahren, was ihre Texte bewirken können. Mit ihrem Song "No Madame" sorgt sie für eine Gesetzesänderung in ihrem Land. Sie singt über den Hungerlohn für Hausangestellte. Danach wird ein Mindestlohn eingeführt.
Lächelnd greift Calypso Rose auch Missstände in ihrem Heimatland auf. Die Benachteiligung von Tobago durch die Regierung im wohlhabenderen Trinidad behandelt sie auf ihre Weise:
"What is wrong…"
Geprägt ist ihre Laufbahn von Auftritten mit Miriam Makeba und Edmundo Ros, von Konzerten im Madison Square Garden und auch beim Afrikafestival in Würzburg und nicht zuletzt von Calypso-Wettbewerben, die sie fünf Mal in Folge gewonnen hat und die sie zur Calypso Queen machten.
Produzent ihres neuen Albums "Far From Home" ist Ivan Duran. Weltmusiker Manu Chao hat als Gastproduzent mitgewirkt. Sie haben zusammengearbeitet mit einer Künstlerin, die sich nach zwei schwerwiegenden Erkrankungen in den 90er-Jahren mit einem stählernen Lebenswillen Platz schafft.
"Gott hat mir die Arbeit gegeben, um sie zu erledigen und ich mache sie. Und ich weiß, dass er mich noch nicht zu sich rufen wird",
sagt Calypso Rose.

Schmunzeln und Spaß haben

Mitten im Leben steht sie. Dankbar schmunzelt sie vor sich hin. Dann stimmt sie eines ihrer angesagten Lieder an. "Leave me alone".
"Im Kern geht es beim Calypso darum, Spaß zu haben. Jeder genießt die Musik und man kann sich einfach gehen lassen."
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