Burkel und sein Kampf gegen die Sklaverei

Von Michael Groth · 04.06.2013
Das Burkle-Haus in Memphis vergegenwärtigt die Geschichte einer Untergrundbewegung: Jakob Burkel und andere Gegner der Sklaverei verhalfen den Leibeigenen aus den USA die Flucht in das sichere Kanada. Inzwischen beherbergt das Haus das Slavehaven Museum.
Als er seine südwestdeutsche Heimat verließ, hoffte auch Jakob Burkel in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, sein Glück in der neuen Welt zu machen. Er landete in Memphis Tennessee, nannte sich fortan Burkle und wurde zu einem lange vergessene Kämpfer gegen Sklaverei. Jetzt ist sein Wohnhaus zum Museum geworden.

Noch heute liegt das Burkle-Haus nur wenige Autominuten von der Innenstadt entfernt. Dennoch verirren sich kaum Touristen in das Viertel direkt hinter dem Deich. Die Häuser, verlebt und renovierungsbedürftig, grenzen an Industriebrachen. Memphis ist für Besucher die Heimat von Elvis und Johnny Cash, und es ist der Ort, an dem 1968 Martin Luther King erschossen wurde.

"Das ist eine Karte, auf der die Wege der "Underground Railroad" eingezeichnet sind. Die roten Zeichen markieren die geheimen Wege, auf denen die Sklaven in die Freiheit gelangten. Das wichtigste Ziel war der Atlantik. Wer das Meer erreichte, der hatte gute Chancen, nach Kanada zu gelangen. Oder, wenn er weiter im Süden war, nach Kuba. Hier in der Mitte ist Memphis. Der Mississippi war eine der wichtigsten Routen der "Underground Railway"."

Elaine Turner führt durch das Burkle-Haus. Sie weiß, wovon sie redet. Bürgerrechtsaktivistin der ersten Stunde, in den 1960er Jahren mehrfach im Gefängnis - wegen ihrer Überzeugungen. Heute vermittelt Elaine Turner den Besuchern der Stadt ein wenig bekanntes, frühes Kapitel der US-Geschichte. Die "Underground Railway" ist natürlich keine Eisenbahn. Sie ist – wie vieles in dieser Geschichte - ein Synonym für den Weg vieler Sklaven, ihren Besitzern und Peinigern zu entkommen.

"Wir wissen nicht, wie vielen entlaufenen Sklaven Burkle half. Aber wir wissen, dass dieses "Safe House" eine wichtige Station der "Underground Railroad" war."

Gruselig: Peitsche mit Blutspuren

Seit 1997 ist das Burkle-Haus unter dem Namen "Slavehaven Museum" zu besichtigen.

"Die Sklaven durften sich auf den Plantagen nicht versammeln. Einzige Ausnahme waren die Gottesdienste. Die erlaubten die Besitzer. Also versteckten ihre Botschaften in religiösen Liedern. Das war ziemlich erfolgreich. Die Spirituals, die wir heute noch hören: Alle hatten eine doppelte Bedeutung. Eine für den Sklavenhalter, eine andere für die Afro-Amerikaner ... "Geht durch das Wasser", heißt es im Lied. "Warum? Wenn Du wegläufst, dann lauf´ durch Wasser. Deine Verfolger und ihre Hunde werden dann Deine Spur verlieren". Und was dachte der Sklavenbesitzer? Er dachte, sie bereiten sich auf eine Taufe vor. Dabei haben sie sich auf die Flucht vorbereitet."

Das "Slavehaven"-Museum beschreibt nicht nur diese gefährliche Reise. Es erzählt die Geschichte des größten Sklavenmarktes in den Südstaaten – mit Objekten, die den Besucher gruseln lassen: zum Beispiel angesichts einer Peitsche, auf deren Griff die Blutspuren noch deutlich zu erkennen sind.

Nicht jede Flucht gelingt. Elaine Turner greift zu einer alten Zeitung.

"In dem Artikel geht es um einen Mann, der sich in einer Holzkiste versteckte – die sollte auf ein Schiff verladen werden. Leider vergaß er die Luftlöcher. Er machte sich bemerkbar – sie brachen die Kiste auf … er war wieder gefangen … "

Burkles Enkelin, Katherine Compton, erwähnt einen Dankesbrief, den ein Flüchtling seinem Retter aus der Sicherheit in Kanada schickt. Nach Katherines Tod verkauft ihre Tochter das Haus.

"Sie hat niemanden etwas erzählt. Dabei hatte ihre Mutter einigen Leuten in Memphis Jacob Burkles Geschichte erzählt. "Little Katherine" – so nannte man Katherine Comptons Tochter, verbrannte den Brief 1978. Sie wollte jede Erinnerung an die "Underground Railroad" und die Rolle ihres Urgroßvaters auslöschen. Ich vermute, es war ihr peinlich. Ende der 1970er hatten sich die Bürgerrechte offiziell zwar durchgesetzt – aber hier im Süden gab es damals noch viele, die von Jacob Burkles Mut überhaupt nicht hielten. Diskrimierung gab es immer noch und sie wollte mit all dem nichts zu tun haben."