Burghof: Boni für Bankmanager begrenzen

Hans-Peter Burghof im Gespräch mit André Hatting · 19.02.2013
Endlich ein Durchbruch bei der Bankenregulierung? Der Wirtschaftsprofessor Hans-Peter Burghof befürwortet die Initiative der EU für eine Begrenzung der Bonuszahlungen für Banker. Es müsse sichergestellt werden, dass diejenigen, die Risiken eingehen, in der Verantwortung stehen, sagt er.
André Hatting: Seit der ersten großen Wirtschaftskrise 2008 haben die Regierungen in Europa versprochen, die Banken stärker an die Kandare zu nehmen. Deutschland hat viel verordnet und reguliert, ein Gesetz soll nun auch allzu risikofreudige Manager in die Verantwortung nehmen und für ihr Versagen sogar mit Gefängnis bestrafen können. In der EU ist das alles etwas komplizierter, denn hier müssen alle 27 Mitgliedsstaaten mitziehen. Aber weil London der wichtigste Finanzplatz Europas ist, sträubt sich Großbritannien gegen jede Form der strengeren Kontrolle, vor allem was die Bonuszahlungen für Banker angeht, die sollen eigentlich begrenzt werden. Am Telefon ist jetzt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. Guten Morgen, Herr Burghof!

Hans-Peter Burghof: Guten Morgen!

Hatting: Es wäre ja das erste Mal, dass die EU in die Bonuszahlungen von Banken hineinregiert. Finden Sie das richtig?

Burghof: Ich finde das im Grundsatz richtig, denn es hängt tatsächlich ganz entscheidend davon ab, was für Anreize auch aus dem Gehalt Menschen bekommen, wenn man sich fragt, welche Risiken sie nachher eingehen. Und da spielen die Boni sicher eine wichtige Rolle.

Hatting: Die Logik ist ja, wenn die Boni kleiner werden, dann sind die Banker nicht mehr auf das große Risiko und das schnelle Geld aus. Und das funktioniert, meinen Sie?

Burghof: Ich denke, das ist ein Schritt dabei, ja, natürlich. Das muss man natürlich auch in der gesamten Kultur der Bank implementieren. Insofern hängt das andere Thema, nämlich Basel III und das Eigenkapital, auch ganz eng mit den Boni zusammen. Das kommt wirklich darauf an, dass diejenigen, die Risiken eingehen, zunächst mal auch selber etwas riskieren, und deswegen halt auch vorsichtiger werden. Das ist für die Eigentümer, dass sie mehr Eigenkapital riskieren müssen, und das ist für die Mitarbeiter, dass sie zwar vielleicht einen Bonus kriegen, wenn sie erfolgreich sind, dass sie aber halt auch, dass das auch die Risiken, die dem gegenüberstehen, für sie so groß sind, dass sie schon genau nachdenken, lohnt sich das jetzt wirklich.

Hatting: Auf das Maßnahmenpaket mit dem Namen Basel III, das Sie jetzt angesprochen haben, komme ich gleich noch mal zurück, Herr Burghof. Zunächst einmal die Frage, wir haben jetzt aus Brüssel gehört, dass sich Großbritannien zumindest auf einen Kompromiss eingelassen hat: Maximal das Doppelte des Grundgehalts als Bankenboni, das soll erlaubt sein. Also wenn ich jetzt Bank wäre, würde ich einfach das Grundgehalt erhöhen, um die besten der Branche zu bekommen beziehungsweise zu halten. Sie auch?

Burghof: Richtig, und da freuen sich auch viele Banker schon in London drauf, das heißt nämlich, man muss sich gar nicht mehr so anstrengen, man kriegt einfach jetzt sicher mehr Geld. Und das ist natürlich ein Effekt, der vielleicht auch nicht ganz so erfreulich ist. Andererseits ist es natürlich richtig, was die besten Kräfte dieser Zunft angeht, dass diese halt hohe Gehälter kassieren, und dass man, wenn man da wettbewerbsfähig bleiben will, dass man denen was bieten muss, das ist ganz klar. Und London konkurriert ja in erster Linie mit New York heute noch, und in New York sind die Gehälter halt noch mal eine Stufe drüber.

Hatting: Um so wichtiger wäre ja ein internationales Vorgehen. Das versucht man mit Basel III, mit diesem von Ihnen schon angesprochenen Maßnahmenpaket. Und dazu gehört auch, dass die Banken mehr Eigenkapital vorhalten, damit nicht wieder wir Steuerzahler einspringen müssen, wenn eine Bank Unsinn macht. Aber nicht einmal die Vorgängerrichtlinien, Basel I und II, sind bis heute umgesetzt worden. Macht Sie das skeptisch?

Burghof: Ja, das ist ein ganz großes Problem an der Stelle – das ist das Problem, das heißt an der Stelle USA. Die USA hält sich an solche Vereinbarungen, solang sie ihr zupass kommen, und wenn sie nicht mehr zupass kommen, dann hält sie sich eben nicht dran – das war bei Basel III so –, also auch Deutschland ist in dieser Hinsicht keineswegs ein Waisenkind, aber das war schon die zentrale Regulierung, auf die wir uns geeinigt haben, und wenn die dann in einem der entscheidenden Länder nicht umgesetzt wird, dann hat man einfach eine Lücke im Sicherheitssystem, und durch diese Lücke sind wir dann ja gefallen.

Hatting: Sie sagen, Deutschland ist nicht gerade ein Waisenkind. Welche Rolle spielt die Bundesrepublik?

Burghof: Ja, im Moment versucht die Bundesrepublik natürlich, die Rolle des Musterknaben zu spielen, indem sie überall vorangeht, bei manchen Maßnahmen, die sinnvoll sind, auch bei vielen Maßnahmen, die vielleicht nicht ganz so sinnvoll sind, weil sie ökonomisch eben doch am Ziel vorbeigehen, aber wir hatten halt auch Situationen, wo wir dann also auch Regelungen einfach nicht umgesetzt haben oder zu spät umgesetzt haben, aus der Europäischen Union.

Hatting: Zum Beispiel?

Burghof: Ja, da ging es um Eigenkapitalregelungen, speziell was die Landesbanken anging, dass sind aber Details aus der Vergangenheit, das wollen wir nicht noch mal aufwärmen. Aber richtig ist, dass Deutschland im Moment tatsächlich versucht, Dinge umzusetzen. Es hat auch was mit dem drohenden Wahlkampf zu tun, denn wer im Moment versagt bei der Bankenregulierung, dem man vorwerfen kann, du hast da was versäumt, der wird es natürlich angesichts des Bankenwahlkampfes, den die SPD vorhat, der wird es natürlich schwer haben in der Wahl.

Hatting: Welche Auswirkungen hat es, dass die Regeln zum Eigenkapital, die ja Bestandteil von Basel III sind, erst 2019 verpflichtend sein sollen und nicht, wie eigentlich geplant, 2015?

Burghof: Ja, das ist ganz unterschiedlich. Basel III, das ist ein sehr komplexes Regelwerk, manche Dinge sind schon jetzt verbindlich, wir haben so ein, das nennt man ein Phasing-in, das heißt also, es wird so ganz allmählich das Eigenkapital, das man benötigt, erhöht, und das ist auch sehr sinnvoll, weil wenn man das nämlich in einem Ruck macht, dann werden viele Banken das einfach nicht können, dann werden sie unsinnige wirtschaftliche Entscheidungen treffen, einfach nur, um diese Regel einzuhalten, das ist schon ganz sinnvoll, dass man das ganz allmählich einführt, auch wenn natürlich die Politiker sagen werden, wir brauchen die Sicherheit und wir brauchen sie jetzt und so schnell wie möglich. Dann hat man lieber ein vernünftiges Konzept, das mit einem gewissen Zeitpuffer eingeschätzt wird, als dass man jetzt so ruckartig alles versucht zu verändern.

Hatting: Ist Basel III im Grunde genau das vernünftige Konzept, das wir brauchen?

Burghof: Basel III ist eigentlich schon das Kernkonzept. Die einzelnen Regelungen – es gibt auch durchaus in Basel III Regelungen, die man diskutieren kann, aber insgesamt ist es das Kernkonzept, das wir brauchen. Wichtig wäre natürlich auch hier, dass das dann auch von den Amerikanern, dass das auch wirklich global von den wichtigsten Wirtschaftsnationen umgesetzt wird, und dass man, wenn Länder das nicht umsetzen, dass man daraus auch Konsequenzen zieht, dass man da Abgrenzungen schafft im Risiko. Denn ein Land, das sich nicht an Basel III hält, das ist einfach eine Sicherheitslücke für die anderen.

Hatting: Die EU-Staaten wollen die Bonuszahlungen für Banker begrenzen, das ist Teil einer stärkeren Kontrolle des Finanzmarktes. Wie sinnvoll das ist, darüber habe ich mit Hans-Peter Burghof gesprochen, Professor für Banken und Wirtschaft an der Universität Hohenheim. Ich bedanke mich, Herr Burghof!

Burghof: Bitte schön!


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