Buchhandel

Die Leser als Black Box

Eine junge Frau liest in einem eBook, fotografiert am 18.03.2016 auf der Buchmesse in Leipzig (Sachsen). Im Hintergrund eine Grafik mit einem Buch und Kopfhörern
Über eine besondere Software lässt sich das Leseverhalten auf digitalen Lesegeräten genauer bestimmen. © dpa / picture alliance / Jens Kalaene
Andrew Rhomberg und Michael Döschner-Apostolidis im Gespräch mit Joachim Scholl  · 17.08.2016
Die meisten Verlage wissen nur wenig über ihre Leser und deren Lesegewohnheiten. Das will Andrew Rhomberg, Gründer der E-Book-Empfehlungsplattform "Jellybooks", ändern und bietet den Verlagshäusern ganz neue Einblicke an.
Das Leser-Analyse-Tool "Jellybooks" sammelt nun auch für deutsche Verlage wertvolle Lesedaten. Zu den ersten Kunden gehört beispielsweise der Droemer Knaur Verlag, dessen Verlagschef für elektronisches Publizieren, Michael Döschner-Apostolidis gerade auf die ersten Ergebnisse wartet.
"Wir stellen Lesern kostenlose Leseexemplare zur Verfügung, das sind digitale Leseexemplare", sagte Andrew Rhomberg, Gründer von Jellybooks im Deutschlandradio Kultur. "Während man liest, zeichnen wir im Hintergrund auf, wie sie denn gelesen werden." Diese Lesedaten werden dann übermittelt und ausgewertet. "Dann können wir dem Verleger sagen, wurden die Bücher fertig gelesen oder auch nicht, wie schnell wurden sie gelesen, würden die Leser sie empfehlen." Die Testleser machten das ehrenamtlich und bekämen statt eines Honorars nur das Gratisexemplar des Buches.

Mehr Wissen über die Leser gefragt

Das Unternehmen hatte die Tracking-Software in Großbritannien zunächst in Zusammenarbeit mit dem Verlag Penguin Random House UK gestartet, weil man sich dort ärgerte, dass große US-Firmen wie Amazon oder Apple zwar Leserdaten in großem Umfang erheben, aber nicht mit den Verlagshäusern teilen.
"Wir hatten das bisher mit großer Neugier beobachtet, weil das für uns als Verlag natürlich höchst spannend ist, mehr über den Leser zu erfahren, wie er denn mit unseren Produkten interagiert", sagte Michael Döschner-Apostolidis, Verlagschef für elektronisches Publizieren beim Droemer Knaur Verlag. Im Verlag wisse man vieles über die Leser nicht. "Das ist jetzt zum ersten Mal eine ganz spannende Situation, dass wir diese black box ein wenig öffnen können."

Wenn das Cover nicht passt

Dabei geht es vor allem um besseres Marketing für die Bücher. Ein Berliner Verlag habe sich nach dem Lesetest beispielsweise entschlossen, den Buchumschlag noch vor Erscheinen des Buches völlig umzugestalten. berichtete Rhomberg von ersten Erfahrungen. "Das Buch wird fertig gelesen, aber die Leser sagen, das hätte ich mir jetzt in der Buchhandlung nie ausgewählt."
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