Brillantes Schauspielertheater

Der Intendant des Berliner Ensemble, Claus Peymann
Der Intendant des Berliner Ensemble, Claus Peymann © AP
Von Eberhard Spreng · 17.02.2011
Ein Vierteljahrhundert ist seit der Uraufführung des späten Bernhard-Stücks vergangen, das er für den Meistermimen Bernhard Minetti geschrieben hatte und das wie eine Epilog zu dem ein knappes Jahrzehnt zuvor entstandenen Stück "Minetti" entstanden war. Aber Claus Peymann inszeniert es so, als wäre seitdem keine Zeit verstrichen.
Karl-Ernst Herrmann baut einen abgelebten Bernhard-Raum, der sich bruchlos einfügt in die Ästhetik der Peymann-Inszenierungen von Bernhard Stücken am Burgtheater der 1980er-Jahre. Daher schaut man wie in ein lebendes Theatermuseum, das nur den Akteur ausgewechselt hat.

Und Gerd Voss spielt den alten Schauspieler des Stückes brillant, und mitunter fast zu routiniert in der Produktion tragikomischer Effekte. Wenn er die Krone, die der alte Mime von seiner Lebensrolle als Shakespeares Richard III zurückbehalten hat, fest auf den Kopf drückt und verschroben gebückt durch seine gammelige Behausung schlurft, wird er für Augenblicke zur Reinkarnation des Bernhard Minetti. Ein kleiner Zauber aber entsteht in der Begegnung mit der neunjährigen Katharina, die dem Witwer regelmäßig Milch bringt und die letzte Verbindung zur äußeren Welt darstellt.

Brillantes Schauspielertheater ist "Einfach kompliziert", bei dem der Zuschauer allerdings für knapp zwei Stunden aus seiner Zeitgenossenschaft entlassen ist. Nur eins macht der Rückblick in die Bernhard-Manie vor 25 Jahren deutlich, den uns Peymann zum 80. Geburtstag des früh verstorbenen Autors beschert: Diese autistischen Egomanen, von denen Voss hier einen vorführt, diese Bernhard-Wesen, für die alles Leben des Planeten nur belangloser Anlass für die Produktion einer in sich gekehrten Erinnerungswelt ist, scheinen als Reste einer vergangenen Epoche auszusterben. Museumstheater also, das ein historische Gefälle deutlich macht.