Brexit

Brüssel auf Beschwichtigungskurs

EU-Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker während einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen des britischen EU-Referendums in Brüssel
EU-Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker während einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen des britischen EU-Referendums in Brüssel © picture alliance / dpa / Olivier Hoslet
Von Thomas Otto · 25.06.2016
Nach dem Referendum im Vereinigten Königreich sind EU-Politiker um Schadensbegrenzung bemüht. Ein schneller Austritt der Briten soll Ruhe bringen, so EU-Kommissionspräsident Juncker. Ratspräsident Donald Tusk beschwor die Stabilität des Staatenbundes.
Wohl noch viel mehr als die überzeugten Europäer aus den anderen 27 EU-Staaten dürfte nach dem Aufstehen die vielen Briten in Brüssel der Schlag getroffen haben: Ihr Land wird die EU verlassen. Und auch wenn jetzt erst einmal das komplizierte Scheidungsverfahren zwischen UK und EU beginnt, gilt doch für Briten hier im doppelten Sinn, was der Fraktionschef der Europäischen Konservativen und Reformer Syed Kamall feststellte:
"Es geht davon ein klares Signal an die EU aus: Ihr könnt so nicht weitermachen. "
Langfristig vielleicht nicht, für den Moment aber schon. Die EU-Regeln blieben auch für Großbritannien bestehen, bis der Austritt geregelt sei, teilte Ratspräsident Donald Tusk mit.
"Es ist ein historischer Moment, aber kein Moment für hysterische Reaktionen. Ich will jedem versichern, dass wir auf dieses negative Szenario vorbereitet sind. Ich kann für die 27 Staats- und Regierungschefs sagen, dass wir entschlossen sind, unsere Einheit als 27 zu erhalten."

"Jede Verzögerung würde die Unsicherheit verlängern"

Und dann fügte der Ratspräsident noch diese Weisheit hinzu:
Was einen nicht umbringe, mache einen stärker. Das mag allerdings bezweifelt werden, betrachtet man den Jubel der EU-Gegner und die zahlreichen Ankündigungen, nun auch in anderen Staaten Austritts-Referenden abhalten zu wollen. Zunächst ist aber erst einmal die Regierung in London am Zug, machte Kommissionspräsident Juncker unmissverständlich klar:
"Wir erwarten jetzt von der britischen Regierung, dass sie nun so schnell wie möglich der Entscheidung des britischen Volkes folgt. So schmerzhaft dieser Prozess auch sein mag. Jede Verzögerung würde die Unsicherheit nur unnötig verlängern."
Für Verärgerung hatte Camerons Ankündigung gesorgt, bis Oktober im Amt zu bleiben und den Austrittsprozess seinem Nachfolger zu überlassen. Denn erst wenn der britische Premier dem Rat offiziell den Austrittswunsch des Vereinigten Königreiches mitteilt, kann das Scheidungsverfahren beginnen. Innerhalb von zwei Jahren muss dann geklärt werden, wie das zukünftige Verhältnis zwischen der EU und dem Königreich aussieht. Und das möglichst ohne Schlammschlacht und Rosenkrieg. Den will auch Parlamentspräsident Martin Schulz vermeiden:

"Wir haben turbulente Zeiten vor uns"

"Das ist ein schwieriger Moment für die EU wie auch für das Vereinigte Königreich. Wir haben turbulente Zeiten vor uns und da brauchen wir Stabilität. Und ich hoffe, dass das Ergebnis der kommenden Treffen sein wird."
Und so versuchten Schulz – genauso wie Kommissionspräsident Juncker – ihren britischen Mitarbeitern etwas die Zukunftsangst zu nehmen. In einer internen Mail an seine britischen Mitarbeiter schrieb Schulz: Im Geiste gegenseitiger Loyalität wolle er sicherstellen, weiter auf ihr Talent, ihre Erfahrung und ihre Hingabe zählen zu können.
Am Samstag wollen sich die Vertreter der sechs EU-Gründungsstaaten zu Beratungen in Berlin treffen. Am Montag tagt die EU-Kommission, einschließlich des britischen Kommissars Jonathan Hill. Das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am Dienstag und Mittwoch soll dann ganz im Zeichen des Brexit stehen. Am Rande soll es dann auch ein informelles Treffen der 27 Rest-EU-Staaten geben. Das Vereinigte Königreich sitzt dann nicht mit am Tisch.
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