Brahms vs. Brahms

Von Haino Rindler · 25.10.2013
Nach dem umjubelten Duo mit Sol Gabetta serviert die französische Pianistin wieder sinfonische Kost. Gemeinsam mit Andris Nelsons und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bzw. mit den Wiener Philharmonikern hat sie die beiden Klavierkonzerte von Johannes Brahms aufgenommen.
Bereits vor 15 Jahren hatte Hélène Grimaud das d-moll-Klavierkonzert wie auch bei diesem Mal live eingespielt. Die zyklische Wiederaufnahme großer Meisterwerke ist etwas, woran Hélène Grimaud gerne festhält. Angesprochen auf die relative Begrenztheit ihres Repertoires spricht sie davon, dass gerade die Meisterwerke genug Stoff bieten, um sich ein ganzes Leben damit auseinanderzusetzen. Mit dieser Auffassung befindet sie sich in guter Gesellschaft zum Pianisten Claudio Arrau, der sich ebenfalls auf wenige Komponisten konzentrierte, und dabei zu erstaunlichen Entwicklungsprozessen kam.

Auch in der Aufnahme von Hélène Grimaud erlebt man eine sehr konzentrierte Künstlerin, die tief in die Musik abtaucht. Sie macht buchstäblich jeden Ton hörbar, legt die verschiedenen Ebenen der Musik frei. In diesem Fall auch die Ebenen zwischen jungem und altem Brahms. Der sinfonische Feuerkopf trifft auf den dünnhäutigen grüblerischen Brahms im 2. Konzert. Andris Nelsons ist als Dirigent eine ideale Wahl, denn er bringt die Offenheit mit, die es Grimaud erlaubt, ihre musikalischen Vorstellungen gemeinsam mit ihm zu verwirklichen.

Dass zwei unterschiedliche Orchester auf der CD zu hören sind, stört überhaupt nicht, zumal das erste eine Live-, das andere eine Studioproduktion ist. Im Gegenteil, da die Konzerte von so unterschiedlichem Charakter sind, ist es sogar interessant, zwei verschiedene Orchesterklänge zu hören.

Hélène Grimaud: "Brahms Concertos"
Label: Deutsche Grammophon
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Wiener Philharmoniker, Leitung: Andris Nelsons
Hier können Sie in die CD reinhören.