Box- und Bruderkämpfer

Vorgestellt von Jörg Taszman · 14.05.2008
In "Mein Bruder ist ein Einzelkind" zeigt Regisseur Daniele Luchetti anhand des Streits zwischen zwei Brüdern - der eine Faschist, der andere Kommunist - die politischen und gesellschaftlichen Spannungen im Italien der 60er und 70er Jahre. "Es geht um alles" porträtiert Box-Weltmeister Arthur Abraham und seinen Trainer Uli Wegener, wegen seiner Strenge "General" genannt.
"Es geht um Alles"
Deutschland 2008. Regie: Nina Pourlak. Mitwirkende: Arthur Abraham, Ulli Wegner. Länge: 93 Minuten; FSK ab 12

Dem Boxer Artur Abraham wird im September 2006 bei seinem WM-Kampf der Kiefer gebrochen und doch hält er die letzten 8 Runden durch und gewinnt. Die Stimme des Fernsehreporters überschlägt sich. Es sind Heldenbilder in Zeitlupe, die das populärste Medium so liebt.

Ganz andere Bilder gelingen der jungen Regisseurin Nina Pourlak. Zusammen mit ihrem Kameramann Sebastian Lempe erzählt sie von der besonderen Beziehung zwischen dem Sportler Artur Abraham und seinem Trainer Uli Wegener. Es ist ein Männerfilm von zwei unterschiedlichen Typen, dem strengen (ost)deutschen General und Disziplinfanatiker Wegner und seinem aus Armenien stammenden Schützling, der sich nicht immer gern quält, und sich gerne als King Arthur feiern lässt.

Gebannt lässt man sich so auch als Nicht-Fan auf das Boxen und auf den unterschiedlichen Charme der beiden Protagonisten ein und merkt erst nach den kurzweiligen 93 Minuten, das man vielleicht viel zu wenig Privates über Wegner und Abraham erfahren hat.


"Mein Bruder ist ein Einzelkind "
Italien / Frankreich 2007. Regie: Daniele Luchetti. Darsteller: Elio Germano, Riccardo Scamarcio, Diane Fleri, Alba Rohrwacher, Angela Finocchiaro, Massimo Popolizio. FSK: ab 12. Länge: 100 min.

Sehr schöner italienischer Film um zwei Brüder, die sich ähnlicher sind, als sie glauben. Accio, genannt das Ekel, fliegt 1962 als Junge aus dem katholischen Internat und engagiert sich danach bei den Faschisten, auch um seinem älteren Bruder Manrico, der Kommunist und Mädchenschwarm ist, eins auszuwischen. Im Laufe der Jahre nehmen die persönlichen und politischen Spannungen zu, aber in Krisensituationen halten die Brüder zusammen.

Regisseur Daniele Luchetti verbindet gekonnt seine Brudergeschichte mit einem stimmigen Gesellschaftsbild von Italien in den 60er und 70er Jahren. Mit viel Humor, Gefühl und einer Prise (Melo)Dramatik knüpft er dabei an die großen Erzähtraditionen des italienischen Kinos an. Ausgezeichnete Darsteller, eine dynamische Kameraführung und der stimmungsvolle Soundtrack runden den äußerst sehenswerten und in jeder Hinsicht überzeugenden Film ab.
Der italienische Regisseur Daniele Luchetti bei der Vorstellung seines Films "Mein Bruder ist ein Einzelkind" beim Filmfestival in Lugano.
Der italienische Regisseur Daniele Luchetti bei der Vorstellung seines Films "Mein Bruder ist ein Einzelkind" beim Filmfestival in Lugano.© AP Archiv
Mehr zum Thema