Bosnische Lebensart

Mokka und Plüsch - typisch Sarajevo

Blick in eine Altstadtgasse von Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina
Blick in eine Altstadtgasse von Sarajevo © Imago / newspix
Von Stephan Ozsváth · 05.01.2015
Warum wird der traditionelle bosnische Mokka mit Kaffeebohnen gekocht, die unbedingt per Hand zerstoßen werden sollten? Und muss der Mokka mit Rahat Lokum gereicht werden? Was ist Rahat Lokum überhaupt? Ein Rundgang durch die Altstadt von Sarajevo.
Stadtführer Adnan erklärt, wo wir gerade sind. Schon von weitem hört man das Hämmern der Kupfer- und Silberschmiede in der Bascarsija, der Altstadt von Sarajevo. Sie hämmern und stanzen, die Schmiede fertigen die Kaffee-Services, Tabletts und Metall-Kännchen, in denen der traditionelle bosnische Mokka serviert wird. Er gehört einfach zur bosnischen Lebensart dazu, erklärt Adnan.
Den Grundstoff gibt es nur wenige Ecken weiter, ein paar Schritte über das große Kopfstein-Pflaster, vorbei an Moscheen und Cevabdzinas, Kepab-Brätereien. Kenan Durakovic steht im kleinen Laden, der nach seinem Mörser benannt ist, in dem er mit einem Stößel den Kaffee mahlt: Von Hand.
"Dieser Stein heißt "Dibek" erklärt er, man tut die Kaffeebohnen herein und durch Stoßen erhält man das Pulver. Wenn der Kaffee fast fertig gemahlen ist, siebt man noch mal durch. Was im Sieb bleibt, kommt in den Stein zurück. Vor dem Einpacken wird noch mal durchgesiebt."
Der Stößel, den Kenan benutzt, wiegt um die sieben Kilo, erzählt er. Für 100 Gramm Kaffee muss er eine Stunde schuften. Knochenarbeit. Muss das sein ? Man könnte doch auch eine Kaffeemühle benutzen, um die Bohnen zu mahlen ? Kenan schüttelt den Kopf.
"In einer Kaffeemühle wird der Kaffee durch das Mahlen aufgewärmt, erklärt er. Dadurch verliert er sicher ein Viertel seines Aromas, und damit seiner Qualität. Kaffee, der im Steinmörser gemahlen ist, verliert nichts und ist wesentlich stärker."
Und zu einem guten bosnischen Kaffee wird in den Kaffees der Bascarsija eine Spezialität gereicht, die auf das osmanische Erbe hindeutet: Rahat Lokum.
Osmanische Süßigkeiten und traditionelle Hausschuhe
Auch der Name kommt aus dem Türkischen und bedeutet so viel wie Sorglosigkeit, Muße, erklärt Mirsada.
Mirsada verkauft in der "Mandel-Boutique" die osmanische Süßigkeit: Kleine Gelee-Klötzchen, mal in Puderzucker gewälzt, mal in Sesam-Körnern. Es gibt die Gummibären der Bosnier in allen erdenklichen Sorten, erzählt Mirsada.
"Mit Nüssen, Kokos, Pistazien, Erdnüssen. Traditionell bosnisch ist mit Rosen. Oder in Kombination mit Kokos, Apfel, Nüssen und Zwetschgen. Das ist jetzt modern. Oder auch Mandel und Feigen, nur Feige, Preisselbeeren."
Rentnerin Zineta Becirovic schwärmt.
"Das ist ein besonderes Gefühl, wenn man zum bosnischen Kaffee Rahat Lokum nimmt, sagt sie. So trinkt die 70-Jährige ihren Kaffee, ohne Würfelzucker oder Zuckerpulver. Nur mit Rahat Lokum."
Ein anderer Kunde ist von weit her in die bosnische Hauptstadt gekommen: Aus Brcko, im Norden Bosniens. Der Mann kauft 150 Gramm Rahat Lokum mit Sesam – das Kilo kostet nicht mal fünf Euro. Ein Geschenk für seine Frau, erzählt er.
"Ich muss immer Rahat Lokum in der Bascarsija für sie kaufen, wenn ich in Sarajevo bin, meint er."
Osmanischen Ursprungs sind auch die Papuce, die mit Perlen bestickten Aladin-Pantoffeln, die Melika Kalajdzisalihovic verkauft. Eigentlich studiert die 24-jährige BWL. Aber sie hilft im Familien-Unternehmen mit.
"Hier bei uns werden die traditionellen Hausschuhe seit 1822 gefertigt, erzählt sie, Jede Stickarbeit ist ein Unikat. Vor allem die Aladin-Schuhe und die Srma-Arbeits-Hausschuhe. Das sind traditionelle Hausschuhe, typisch für Sarajevo. Plüsch. Innen Leder. Ledersohle. Benannt sind sie nach dem seidenen Faden, Srma. Das ist typisch Sarajevo."
Und noch etwas ist typisch: Die Schuhe sind ein Brautgeschenk.
"Ja, da gibt es so eine Geschichte. Wenn die Braut zum ersten Mal in das Haus ihrer neuen Schwiegereltern kommt, schenkt ihr die Schwiegermutter diese Schuhe."
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