Börsen

(Hör)Spiel ums große Geld

Die Mechanismen der Börse sind im Kern dieselben wie damals, aber Algorithmen ersetzen die menschlichen Entscheidungen.
Die Mechanismen der Börse sind im Kern dieselben wie damals, aber Algorithmen ersetzen die menschlichen Entscheidungen. © dpa / picture-alliance / Andrew Gombert
Fragen von Melanie Croyé · 11.02.2014
Der Roman ist über 120 Jahre alt – und trotzdem brandaktuell. Der Umgang mit Geld, die Tricks der Broker und Finanzhaie waren alle schon einmal da. Dieses gesellschaftliche Dauerthema hat Christiane Ohaus nun als Hörspiel für Deutschlandradio Kultur aufbereitet und meint: Gerade deshalb sollte man reinhören am 12., 19. und 26. Februar.
Deutschlandradio Kultur: Der Roman "Das Geld" schildert die Finanzwelt des Zweiten Kaiserreichs in Paris. Emile Zola wollte damit aufzeigen, wie fahrlässig der Umgang mit Geld war, welche Betrügereien es gab und wie skrupellos Firmenchefs und Bankiers zugleich waren. Frau Ohaus, warum haben Sie sich für diese Thematik entschieden?
Christiane Ohaus: Aufmerksam gemacht wurde ich auf diesen Roman durch einen Text in "Album" von Hans Magnus Enzensberger, in dem es in etwa hieß: "Wer verstehen will, wie es an der Börse zugeht, der möge 'Das Geld' von Emile Zola lesen." Und das Thema Börse und Banken ist ja nun seit 2008 spätestens ein gesellschaftliches Dauerthema. Es hat sich als richtige Einschätzung erwiesen, dass man in diesem Roman, der von Aufstieg und Niedergang einer Bank und einem großen Krach an der Pariser Börse erzählt, sehr viel über die Mechanismen der Finanzspekulation erfahren kann. Und über die Triebkräfte der maßgeblichen Akteure.
Deutschlandradio Kultur: Die Finanzwelt ist ja sehr komplex, selbst Wirtschaftswissenschaftler geben offen zu, manchmal nicht durchzublicken. War es leicht, Zugang zum Thema zu finden?
Christiane Ohaus: Wenn es mir auch völlig fern liegt, Aktienkurse zu studieren, so lese ich doch immer interessiert den Wirtschaftsteil der Zeitungen und ringe dabei um Verstehen und eigene Positionen. Mittels eines Romans in das Thema einzusteigen ist demgegenüber viel leichter. Im Roman, und noch sinnlicher im Hörspiel, wird man so manches Grundsätzliche begreifen, was die Tricks der Spekulation ausmacht. Man erfährt auch, wie es möglich ist, eine Bank fast ohne wirkliches eigenes Geld zu gründen, wie man mit Voraussagen für die Zukunft eine immense Vermehrung des Finanzkapitals hervorrufen kann, aber auch, wie groß die Gefahr der Erzeugung einer riesigen Finanzblase bei solch ungedeckter Spekulation liegt.
Deutschlandradio Kultur: Welche Aktualität hat der Roman im Vergleich zur heutigen Zeit?
"Mechanismen an der Börse sind dieselben geblieben"
Christiane Ohaus: Der Roman verdeutlicht ja auch nicht nur ökonomische Mechanismen, sondern erzählt vor allem Geschichten von Menschen. Was sind das für Menschen, die mitmachen, die sich mitreißen lassen bzw. die Prozesse anheizen? Wer und wie ticken die Täter? Wie die Opfer? Was ist das Faszinierende an dem ganzen Spiel um das Geld? Zola stellt uns Typen von Menschen vor, die wir auch heute überall treffen können.
Die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Menschen gegenüber dem Spiel mit dem Geld sind völlig aktuell. Die Mechanismen der Börse sind im Kern auch durchaus dieselben geblieben, wenngleich im Computerzeitalter schon etwas anders, vor allem verlaufen Prozesse schneller, Algorithmen ersetzen in Bruchteilen von Sekunden menschliche Entscheidungen.
Deutschlandradio Kultur: Wie haben Sie das Hörspiel an die heutige Zeit angepasst?
Christiane Ohaus: Ich habe bewusst das Geschehen in seinem gesellschaftlichen Kontext gelassen. Es sollen die Zuhörer die Parallelen ziehen zwischen damals und heute. Damals wie heute beeinflussen auch gesellschaftliche und politische Geschehnisse die Börse: festliche Großereignisse (damals die Weltausstellung) oder Kriege.
"Das Thema ist so ungeheuer aktuell"
Deutschlandradio Kultur: Kann man denn heute noch Lehren aus dem Buch – und dem Hörspiel – ziehen?
Christiane Ohaus: Wenn man dieses Hörspiel gehört hat, wird einem die Spekulationslust wohl etwas vergangen sein, nehme ich an.
Deutschlandradio Kultur: Warum sollten Hörer einschalten, um genau dieses Hörspiel zu hören?
Christiane Ohaus: Weil das Thema so ungeheuer aktuell ist. Weil es farbig und sinnlich "erzählt" wird. Weil viele hervorragende Schauspieler und Schauspielerinnen zu hören sind, die die Figuren des Romans zu trubeligem Leben erwecken. Weil die Musik von Michael Riessler in die Zeit des Second Empire zurückversetzt und den Rauschzustand der Börsenmenschen erzeugt, der sich vielleicht auch auf die Hörer übertragen kann.

Hinweis: Die drei Teile des Hörspiels "Das Geld" laufen immer mittwochabends um 21.33 Uhr: Teil 1 am 12.2., Teil 2 am 19.2. und Teil 3 am 26.2. 2014. Wir bieten die drei Stücke nach Ausstrahlung für ein Jahr zum Nachhören an.

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