Boddenberg rechnet mit schnellen Koalitionsverhandlungen

Michael Boddenberg im Gespräch mit Leonie March · 19.01.2009
Nach der klaren Mehrheit für CDU und FDP in Hessen rechnet der Generalsekretär der Hessen-CDU, Michael Boddenberg, nun mit kurzen Koalitionsverhandlungen. Zwar gebe es selbstverständlich unterschiedliche Programmpunkte, zwischen seiner Partei und der FDP herrsche aber ein sehr gutes Klima, erklärte der CDU-Politiker.
Leonie March: Es war ein neuer Roland Koch, den die Hessen im kurzen Wahlkampf erlebt haben. Der amtierende Ministerpräsident der CDU war ganz Landesvater und Krisenmanager. Es gab keine umstrittenen Kampagnen, keine polemischen Bemerkungen, keine Siegerposen vor dem Wahlabend. Eine Konsequenz aus den Stimmenverlusten der Landtagswahl im vergangenen Jahr. – Am Telefon begrüße ich jetzt Michael Boddenberg. Er ist Generalsekretär der hessischen CDU. Guten Morgen, Herr Boddenberg!

Michael Boddenberg: Guten Morgen, Frau March.

March: Sie konnten die Verluste von 2008 nicht wieder wett machen und haben nur 37,2 Prozent erreicht. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Boddenberg: Ich will zunächst mal sagen, wir haben 14 Punkte vor der SPD abgeschnitten. Das hätte, glaube ich, vor einem Jahr niemand erwartet. Aber es ist ein turbulentes Jahr, das hinter uns liegt. Insofern bin ich zunächst mal sehr zufrieden für diese deutliche bürgerliche Mehrheit. Mit der FDP liegen wir bei Mitte 50 Prozent und ich denke, das ist ein sehr, sehr klarer Regierungsauftrag in Richtung Roland Koch, CDU und FDP.

March: Aber die CDU stabilisiert sich auf sehr niedrigem Niveau. Können Sie das erklären?

Boddenberg: Wir haben im letzten Jahr deutlich gemacht, dass wir aus diesem Wahlergebnis gelernt haben. Sie wissen, dass wir Veränderungen vorgenommen haben in der Bildungspolitik, im Bereich der Energiepolitik, um zwei wesentliche Punkte zu nennen, und wir haben sicherlich noch viel zu tun. Das haben wir auch vor der Wahl gesagt. Insofern ist das Ergebnis weiter steigerungsfähig.

March: Auch Roland Koch hat ja oft betont, dass er aus der Wahl im vergangenen Jahr gelernt hat. Werden Sie weiter daraus lernen? Das heißt, wird sich die Politik jetzt auch der CDU in Hessen verändern?

Boddenberg: Ja. Ich glaube, die letzten Wochen haben natürlich sehr im Zeichen des Wahlkampfes gestanden. Insofern sind die inhaltlichen Fragen da und dort möglicherweise auch ein bisschen kurz gekommen. Sie wissen, dass Sozialdemokraten und Grüne allen voran sich ausschließlich mit der Person Roland Koch beschäftigt haben. Wir haben auf der anderen Seite natürlich sehr stark uns mit den Fragen der derzeitigen Wirtschaftskrise beschäftigt. Aber ich glaube auch, dass es gute Chancen gibt – und das spüren wir auch in den Gesprächen auf der Straße und im Dialog mit vielen Betroffenen -, dass beispielsweise in der Schulpolitik bereits vieles an Verbesserungen angekommen ist. Aber daran werden wir weiter arbeiten müssen.

March: Nun kann man sich ja trotzdem fragen, ob die Wandlung Roland Kochs und der CDU nur ein vorübergehender Rollenwechsel war, oder ob er sich tatsächlich geändert hat. Können Sie die Zweifel ausräumen?

Boddenberg: Wir haben sehr, sehr deutlich, glaube ich, im letzten Jahr einen Roland Koch erlebt, der wie die Partei insgesamt aus diesem Ergebnis gelernt hat und beispielsweise, um mal einen wichtigen Punkt herauszugreifen, dieses gesamte Thema der Nachhaltigkeit sehr stark nach vorne gerückt hat. Bei diesen Themen wird es bleiben. Wir werden uns weiter mit der Energiepolitik, regenerativen Energien beschäftigen. Wir werden weiter Verbesserungen bei G8, um einen schulpolitischen Schwerpunkt zu nennen, fortführen. Wir werden zusätzliches Personal in Schulen haben. Kurzum: wir haben uns an vielen sachpolitischen Themen, glaube ich, sehr, sehr gut entwickelt im letzten Jahr und das wollen wir weiter tun. Roland Koch wird das tun, was er vor der Wahl gesagt hat, nämlich sich um die Dinge und Angelegenheiten der Menschen in diesem Land kümmern.

March: In der Zeit der unklaren Mehrheitsverhältnisse im vergangenen Jahr hat die CDU ja auch die Grünen umworben. Jetzt reicht es doch für eine bürgerliche, eine schwarz-gelbe Mehrheit. Bleibt Ihre Partei trotzdem offener, oder beginnen jetzt nach dieser kurzen Atempause wieder die Lagerkämpfe in Hessen?

Boddenberg: Ich glaube, dass alle Parteien gelernt haben aus dem letzten Jahr, natürlich auch die CDU. Wir haben, wie Sie wissen, den Grünen deutliche Signale im Frühjahr entgegengesandt. Die sind von deren Seite nicht aufgegriffen worden. Aber das ändert überhaupt nichts an unserer Haltung, dass wir selbstverständlich, wenn Inhalte in Ordnung sind, auch auf die anderen Parteien, die demokratischen Parteien zugehen. Die Linkspartei schließen wir natürlich weiter aus.

March: Die FDP ist sehr stark geworden mit 16,2 Prozent. Sie wird jetzt also mehr als ein Wort mitreden wollen. Bereitet Ihnen das Bauchschmerzen?

Boddenberg: Nein, überhaupt nicht. Die FDP ist, wie ich finde, zurecht belohnt worden für ihre Verlässlichkeit – nicht nur im letzten Jahr, sondern in den letzten Jahren. Die CDU hat der FDP durchaus einiges zu verdanken. Sie haben einen ordentlichen Wahlkampf geführt. Insofern freue ich mich für die FDP und gratuliere zunächst mal.

March: Differenzen zwischen FDP und CDU in Hessen gibt es ja in der Steuerpolitik. Werden Sie hier Zugeständnisse machen müssen?

Boddenberg: Wir gehen in den nächsten Tagen in die ersten Verhandlungen, werden sicherlich zunächst mal dabei über landespolitische Fragen reden, aber natürlich auch über die Haltung im Bundesrat reden. Dazu gehört auch das Thema Steuerpolitik. Dort gibt es auf Bundes- wie auf Landesebene den einen oder anderen Unterschied, aber ich glaube, zunächst mal sagen zu können, dass auch die FDP erkennt, dass das, was der Bund jetzt auf dem Weg hat, ein gutes Signal ist in Richtung Steuerzahler, aber vor allen Dingen die Investitionsvorhaben und Konjunkturprogramme wichtige Punkte der Krisenbewältigung sind. Insofern sehe ich dort keine großen Streitpunkte.

March: Die FDP hat ja gesagt, sie will im Bundesrat nicht blockieren. Glauben Sie ihr das?

Boddenberg: Das glaube ich ihr.

March: Also alles in allem tatsächlich die Liebesheirat, nach der es ja auch schon gestern am Wahlabend aussah?

Boddenberg: Sie haben das in den letzten Monaten verfolgen können. Es gibt natürlich zwischen zwei Parteien auch unterschiedliche Programmpunkte. Sonst wäre es eine Partei. Aber es gibt ein sehr, sehr gutes Klima. Zu diesem Klima haben beide Seiten beigetragen, gerade auch in den letzten zwölf Monaten. Insofern freuen wir uns auf die Zusammenarbeit.

March: Und es werden schnelle Koalitionsverhandlungen?

Boddenberg: Davon gehe ich mal aus.

March: Michael Boddenberg, Generalsekretär der hessischen CDU. Vielen Dank nach Wiesbaden.

Boddenberg: Gerne. Tschüß, Frau March.


Das Interview mit Michael Boddenberg können Sie bis zum 19. Juni 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio