BND-Spionage-Affäre

Deutsche Heuchelei, amerikanische Arroganz

Logo des US-Geheimdienstes National Security Agency
Ein BND-Mitarbeiter soll geheime Papiere an US-Geheimdienstbehörden weitergegeben haben. © picture alliance / dpa
Von Marcus Pindur · 05.07.2014
Das abgehörte Kanzlerinnenhandy und der Fall des mutmaßlichen BND-Spions zeugen vom außenpolitischen Dilettantismus der Obama-Administration, findet Marcus Pindur. Die Dreistigkeit der US-Geheimdienste werde nur noch von ihrer Arroganz übertroffen.
"Ich war jung, und ich brauchte das Geld." So oder ähnlich mochte sich das der 31-jährige BND-Mitarbeiter gedacht haben, als er angeblich 218 Dokumente auf einem USB-Stick seinem amerikanischen Führungsoffizier übergab. 25.000 Euro für 218 Dokumente, das ist ungefähr das Honorarniveau eines Werbetexters ohne Berufserfahrung. So billig sind deutsche Geheimnisse zu haben. Anders übrigens als die obszön teure neue BND-Zentrale in Berlin. Die Übergabe der Dokumente fand hochkonspirativ in Österreich statt.
"Da eigentlich nichts schief gehen", mochte sich der amerikanische Geheimdienstdirektor James Clapper gedacht haben, als er sich aufmachte, auf diesem Wege den bundesdeutschen NSA-Untersuchungsausschuss auszuforschen. Beides ging gründlich daneben.
Fangen wir auf der deutschen Seite an. Der BND gilt seit 60 Jahren als penetrierter Nachrichtendienst. Das ist also nichts Neues, bleibt aber peinlich. Vielleicht sollte mal einer der vielen deutschen Politiker, die sich über amerikanische Geheimdienste aufregen, daran etwas ändern.
Woran auch dringend etwas geändert werden sollte, das ist die Heuchelei deutscher Politiker, wenn es um den NSA-Skandal geht. Der amerikanische Whistleblower Thomas Drake hat die deutsche Praxis im NSA-Untersuchungsausschuss deutlich beschrieben: Die Deutschen hängen sich dicht an die amerikanischen im Internet abgefischten Untersuchungsergebnisse, ohne dafür eigene Ressourcen einsetzen zu müssen. Das wissen auch die Oppermänner, Trittins und Gysis dieser Welt ganz genau.
Noch zwei Jahre Zeit für weitere außenpolitische Fehler
Das hindert sie aber nicht daran, lebhaft die amerikanische Praxis der Internetausforschung zu beklagen. Den Bürgern Sicherheit versprechen, die man nur in Kooperation mit den USA haben kann, und gleichzeitig die USA als skrupellose Datensammler zu verdammen, das ist Heuchelei, und es ist politisch so durchsichtig, dass es jeder wissen kann, der es wissen will.
Kommen wir zu den amerikanischen Hauptdarstellern. Der Geheimdienstdirektor James Clapper hat sein Amt bekommen, um dort gründlich aufzuräumen. Im Frühjahr vergangenen Jahres hat er nachweislich und eingestandenermaßen das amerikanische Parlament angelogen. Es gebe keine massenhafte Datensammlung über Amerikaner, so log er den Senatoren ins Gesicht.
Clapper blieb im Amt. Dann kam die NSA-Affäre, dann kam das abgehörte Kanzlerinnenhandy, dann kam lange nichts, und dann schien es, als sei bei der Obama-Administration der Groschen gefallen. Es dauerte Wochen, wenn nicht Monate, bis Obama den Schaden erkannte, den sein Geheimdienst angerichtet hatte.
Wenn es jedoch stimmt, was jetzt berichtet wird, dann hat er daraus nichts, aber auch gar nichts gelernt. Die Dreistigkeit der amerikanischen Geheimdienstbehörden wird nur noch von ihrer Arroganz übertroffen. Nach dem peinlichen Patzer mit dem Merkel-Handy hätte ein solcher Übergriff nicht stattfinden dürfen. Dass er dennoch stattfand, zeugt von der amerikanischen Arroganz, dass es schiefging, vom kaum zu übertreffenden außenpolitischen Dilettantismus der Obama-Administration.
Man könnte meinen, der amerikanische Präsident habe genug damit zu tun, seine eigenen Fehler in Syrien und im Irak auszubügeln. Aber nebenbei ist es ihm auch noch gelungen, einem Verbündeten vor das Schienbein zu treten. Dumm nur, dass diese amerikanische Regierung noch zwei Jahre im Amt bleibt. Da kann man noch eine Menge außenpolitischer Fehler begehen.
Mehr zum Thema