Blockupy in Frankfurt

Die große Wut endet in Gewalt

Glasscherben an einer zerstörten Straßenbahn-Haltestelle an der Hanauer Landstraße unweit des Neubaus der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main
Glasscherben an einer zerstörten Straßenbahn-Haltestelle an der Hanauer Landstraße unweit des Neubaus der Europäischen Zentralbank © dpa / picture alliance / Arne Dedert
Von Ludger Fittkau · 18.03.2015
Das Blockupy-Bündnis steht vor dem Scherbenhaufen seines Protestkonzeptes. Brennende Autos und Angriffe auf die Feuerwehr zwingen Teile der Bewegung zur Distanzierung: Sie suchen die Schuld bei militanten Gruppen aus dem Ausland.
Zerknirscht gab sich Ulrich Wilken heute Nachmittag bei der Pressekonferenz des Blockupy-Bündnisses. Der hessische Landtagsabgeordnete der Linkspartei hatte die Blockupy-Demonstration bei der Polizei angemeldet. Die Gewaltexzesse, die es heute gab, will Wilken nicht vorausgesehen haben:
"Ich bin teilweise sehr betrübt und teilweise auch entsetzt gewesen über das, was ich selber erlebt habe und was an Bildern gesehen habe. Und ich will mit aller Deutlichkeit sagen: Das ist nicht das, was wir als Blockupy-Bündnis geplant haben. Das ist nicht das, was wir als Blockupy-Bündnis vereinbart haben."
Es ist allerdings das, was die Polizei vorausgesehen hatte: Brennende PKWs, Steine auf Polizisten von Seiten der Protestler – viele verletzte Beamte. Die Polizei antworte zum Teil ebenfalls sehr hart: Mit mehreren hundert Festnahmen. Sowie dem Einsatz von Wasserwerfen und Pfefferspray auch gegen friedliche Blockierer:
"Hier auf der Kreuzung, es wurde zweimal gesagt, wir sollen die Kreuzung freimachen und dann kam Reizgas. Wir standen hier, wie wir jetzt hier stehen."
Die Empörung kommt nach Frankfurt
Das erlebten Mitglieder einer feministischen Aktionsgruppe aus der Eifel, die zum Blockieren der EZB nach Frankfurt am Main gekommen war. Die Gruppe distanziert sich klar davon, dass schon am frühen Morgen mehrere Autos von Demonstranten auf dem Weg Richtung EZB-Neubau angezündet worden waren:
"Auch diese brennenden Tonnen dahinten, das muss nicht sein."
Den ganzen Tag über kreisen Hubschrauber über der Frankfurter Innenstadt. An vielen Stellen rund um die Europäische Zentralbank standen Wasserwerfer, immer wieder stieg an verschiedenen Stellen Rauch auf, weil Dinge in Brand gesteckt wurden.
Ulrich Wilken von der Linkspartei macht insbesondere militante Gruppen aus dem Ausland für die Gewaltaktionen verantwortlich:
"Klar ist uns allen, dass die Proteste, die in Frankfurt auch in Gewalt stattgefunden haben, in anderen europäischen Ländern viel selbstverständlicher sind, als das in Deutschland Demonstrationskultur ist. Wir sagen als Bündnis aber auch ganz klar: Es geht nicht, dass zum Beispiel Feuerwehrautos angegriffen werden."
Wilken schreibt die Zerstörungen der besonders großen Wut zu, die die Demonstranten aus Südeuropa auf die europäischen Institutionen haben. Die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main sei heute quasi zum Objekt europäischer Wutbürger geworden, so der Erklärungsversuch des linken Abgeordneten:
"Diese Wut und Empörung als Opfer der Verelendungspolitik ist heute Morgen in Frankfurt nagekommen. Auch das müssen wir ganz klar sehen."
Nahverkehr wurde teilweise eingestellt
Blockupy hatte ursprünglich angekündigt, dass der Protest "laut, bunt und friedlich" würde. Doch schon am Morgen zeigte sich: Laut ist der Protest, friedlich nicht überall. Die Blockadeaktionen führten zu weitreichenden Behinderungen des Verkehrs in der Mainmetropole. Der öffentliche Nahverkehr wurde teilweise eingestellt. Autofahrer, die vor Blockaden stecken blieben, reagierten oft genervt:
"Ich fühle mich in meiner Freiheit beschränkt. Super. Echt, Top-Aktion."
Gegen 11 Uhr begann in der EZB die kleine Eröffnungsfeier, zu der nur wenige Gäste eingeladen waren. Angesichts der militanten Proteste gegen die Südeuropapolitik verteidige EZB-Chef Mario Draghi die Politik der Währungshüter. Rund 8000 Polizisten waren inzwischen im Einsatz – die Frankfurter Innenstadt nahezu vollgestellt mit Polizeitransportern aus der ganzen Republik. Zwei Wiener, die sich die Szenerie mit den Wasserwerfern am Frankfurter Literaturhaus ansehen, sind entsetzt:
"Erschreckend irgendwie. Schlimm."
Die beiden Wiener, die wie Banker aussehen, aber ihren Namen nicht nennen wollen, glauben nicht, dass der Blockupy-Protest nachhaltig sein wird:
"Das ist halt ein Termin, wo man viel Radau machen kann. Da haben sie halt den Eröffnungstermin der EZB hergenommen und haben gesagt, wir machen möglichst viel Radau."
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